Kundenbindung und Imagebildung im Social Web

Soviel Social Media braucht der Mittelstand

09.03.2018 von Christian Endres-Beck
Facebook, WhatsApp und Co. haben nicht nur in unserem privaten Umfeld einen hohen Stellenwert eingenommen. Wer heute immer noch über Sinn und Unsinn sozialer Netzwerke für Unternehmen lamentiert, ist blind für die Möglichkeiten einer zielgruppengerechten Online-Kommunikation, die die sozialen Medien großen wie kleinen Unternehmen bieten.
Online-Kommunikation kann wahre Wunder für KMUs bewirken - dafür muss sie aber auch effizient und zielführend umgesetzt werden.
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Die Online-Kommunikation wird für große wie kleine Unternehmen immer wichtiger. Dabei spielen die sozialen Medien eine besonders große Rolle. Denn sie sind für immer mehr Aufgaben im Netz bedeutend. Markenbotschaften werden bei vielen Zielgruppen immer seltener über klassische Kanäle wie etwa die Pressemitteilung wahrgenommen, stattdessen läuft die Markenbildung immer mehr über Facebook und Co.

Die Social-Media-Kommunikation unterliegt allerdings einem stetigen Wandel bzw. einer unaufhaltsamen Weiterentwicklung und ist deshalb gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) oft schwer greifbar. Das heißt allerdings nicht, dass der Einstieg dadurch schwieriger wird. Denn zunächst mal ganz unabhängig von den Hypes und Trends, die propagiert werden, gilt stetig die Devise: Hören Sie auf Ihre Zielgruppe!

Auch wenn Live-Streams und Direktnachrichten via WhatsApp und Co. in den sozialen Netzwerken immer mehr an Bedeutung gewinnen, müssen Sie nicht zwangsweise auf den Zug aufspringen. Es kann aber durchaus helfen, neue Wege auszuprobieren. Zur Veranschaulichung zwei Beispiele:

Die Krones AG, Hersteller von Abfüllanlagen, setzt im B2B-Bereich auf verschiedene Social-Media-Kanäle:

Besonders interessant sind aber die Blogs des Unternehmens. Denn hier geht Krones ungewöhnliche Wege. Eine Zielgruppe sind zum Beispiel kleine Brauhäuser, die Craft Beer herstellen, also Biere, die handwerklich von einer unabhängigen Brauerei erzeugt werden.

Um diese spezifische Zielgruppe anzusprechen, wurde vor drei Jahren ein Craft Beer Blog ins Leben gerufen. Und dort berichtet Krones zum Beispiel von ihrem Experiment, das durch Harry Potter bekannt gewordene warme Butterbier zu brauen. Exzellentes Storytelling, das immer noch einen Bezug zum Markenkern hält.

Der Blog ist ein beliebter Kanal für Unternehmen, um Informationen zielgruppengerecht aufzubereiten.
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Zweites Beispiel: Vielen Unternehmen fällt es mittlerweile schwer, Auszubildende und generell jüngere, potenzielle Arbeitnehmer anzusprechen. Zeitungsanzeigen werden nicht mehr gelesen, Jobplattformen sind auch nicht gerade der neueste Schrei.

Da versuchen Unternehmen immer häufiger soziale Medien auch für das Arbeitgebermarketing zu nutzen. Der Lebensmittelhandelskonzern REWE macht das sehr geschickt und bespielt alle relevanten Kanäle. Neben der obligatorischen Facebook-Fanpage kommen unter anderem auch die Messenger-Dienste WhatsApp und Snapchat zum Einsatz. Auf Snapchat werden zum Beispiel Azubis begleitet, beim Arbeitsalltag oder zu speziellen Anlässen wie Seminare oder Veranstaltungen. So wird REWE als Arbeitgeber nicht nur greifbar, sondern auch interessant und transparent.

Was können KMUs von diesen Best-Practice-Beispielen lernen? Bei der Kommunikation im Social Web geht es vor allem darum, den passenden Kanal bzw. die richtigen Formate zu finden. Erhalten Sie beispielsweise immer mehr Kundenanfragen über Privatnachrichten auf Ihrem Facebook-Kanal? Dann passen Sie Ihren Kundenservice dahingehend an. Außerdem könnte die Einführung eines Messenger-Angebots ebenfalls funktionieren und von Ihren Kunden angenommen werden.

Haben Sie Mut und probieren Sie neue Wege aus. Denn nur so können Sie herausfinden, welche Kommunikationswege sich Ihre Follower wünschen.

Das Risiko: Alles wollen, nichts können

Nur für wenige Unternehmen lohnt sich eine flächendeckende und gleich intensive Social-Media-Bespielung. Je genauer die Zielgruppe definiert ist, desto besser lässt sich auch feststellen, welche Kanäle in eine Kommunikationsstrategie stärker eingebunden werden sollten.

Dabei sollte aber nicht primär nach den einzelnen Plattformen entschieden werden, sondern vor allem nach den Formaten, die genutzt werden können: Videos, Live-Streaming, Bilder, Privatnachrichten - die sozialen Medien werden immer vielfältiger in ihrem Angebot. Welches Sie davon nutzen bzw. wie Sie es nutzen, ist nicht von den besagten Trends abhängig.

Erfassen Sie zuerst Ihre relevante Zielgruppe. Produzieren Sie anschließend hochwertigen und für die Zielgruppe interessanten Content.
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Wichtig bleibt aber: Produzieren Sie hochwertigen Inhalt für Ihre Zielgruppe und legen Sie Prioritäten fest. Wenn Sie alles bespielen, aber nur in mittelmäßiger Qualität, bringt es Sie und Ihr Unternehmen nicht weiter.

Einfach nur Content reicht nicht mehr

Mit reinem Trendsetting in Form von Content-Marketing ist es aber nicht mehr getan. Die Zeiten, in denen man die Botschaften des Unternehmens auf Social Media einfach verlängert, sind bereits wieder vorbei.

Heute interagieren Internet-Nutzer kaum mehr mit öffentlichen Inhalten. Statt sich öffentlich auf sozialen Netzwerken zu präsentieren, verlassen die Nutzer das offene Web und verlagern ihre Kommunikation in den "privaten Raum".

Netiquette für E-Mail, Smartphone und Social Media
Die wichtigsten Regeln für Mail, Handy, Social Media...
... finden Sie in diesem Digital-Knigge zusammengefasst.
Knapp und präzise ...
... sollten Business-Mails verfasst werden. Keep it very simple!
Rechtschreibung
Auf Orthographiefehler sollte unbedingt verzichtet werden! Zur Not ein Rechtschreibprogramm nebenher laufen lassen.
Tempo ...
... ist der größte Vorteil der elektronischen Post, darum sollten Nachrichten auch immer baldmöglichst beantwortet werden.
Betreff
Er sollte konkret und aussagekräftig sein. Es lohnt sich, hier etwas Mühe aufzuwenden.
"Kopie an" und "Antworten an alle"...
... sollten tunlichst vermieden werden, da niemand Informationslawinen haben möchte, die über ihn hereinbrechen.
Rechtliche Bestimungen
Pflichtangaben über das Unternehmen sind in Deutschland seit Anfang 2007 vorgeschrieben und müssen am Ende in der Signatur der Mail stehen.
Spam ...
... einfach ignorieren. "Unsubscribe" bedeutet, dass der Empfänger zu Hause ist und folglich noch mehr Spam empfangen kann.
Dringende Fälle ..
... müssen nicht immer über Mail abgewickelt werden. Besser ist es in dem Fall, zum Telefonhörer zu greifen.
Handypause in Meetings ...
... ist eine naive, aber wünschenswerte Utopie. Ein Drittel der Beschäftigten schaut auch währenddessen aufs Handy, wie eine Umfrage des Brachenverbandes BITKOM ergab.
Klingeltöne ...
... bitte so dezent wie möglich wählen und im Großraumbüro ausschalten.
Business-Lunch
Hier das Handy mit dem Display nach unten auf den Tisch legen und auf Vibration umschalten.
Telefonieren vor Kollegen ...
... sollte in gebührendem Abstand geschehen. Die Gespräche anderer mitanhören zu müssen, kann anstrengend sein.
SMS
Kurz und knapp reicht völlig.
Sich selbst zensieren
Keine ungünstigen Bilder von Partys oder Kommentare publizieren, die Kollegen und Arbeitgeber als anstößig empfinden könnten.
Werbung auf Social Media ...
... ist tabu, da "Friends" und "Follower" nicht mit ihr belastet werden wollen.
Empfehlungen geben, ...
... zum Beispiel über Filme, Produkte oder Bücher ist immer gern gesehen.
Keine Fotos vom Mittagessen, ...
... denn sie interessieren niemanden.

Ergo steigt die Nutzung von Direktnachrichten und Messenger-Diensten wie WhatsApp, Skype, iMessage, Google Hangouts, Facebook Messenger oder Snapchat stetig an - und die Nachrichtendienste haben sich als fester Begleiter unseres privaten, wie beruflichen Lebens etabliert. Allein der Überflieger WhatsApp verzeichnet aktuell wöchentlich 40 Millionen aktive User in Deutschland - zum Vergleich: Facebook als größtes soziales Netzwerk kommt "lediglich" auf rund 20,5 Millionen wöchentliche Nutzer, Tendenz fallend.

Aufmerksamkeit: Das neue Gold

Mit der Messenger-Kommunikation hat eine neue Entwicklungsstufe der Online-Kommunikation begonnen. Ihre Kennzeichen sind unter anderem:

Was bedeutet das nun für die eigene Online-Kommunikation in einem Zeitalter, in dem nicht Öl, sondern Aufmerksamkeit das neue Gold ist?

Bleiben Sie flexibel, denn die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe können sich ebenso (schnell) verändern oder erweitern wie die Kanäle in den einzelnen Netzwerken. Und Sie müssen als Unternehmen Gesicht zeigen und Raum für Dialog sowie den Austausch mit thematisch fokussierten Gruppen (Netzcommunitys) schaffen - Menschen vertrauen Menschen, nicht den Botschaften von Unternehmen!