Endtermin ist wichtig

So wird die Kündigungsfrist richtig formuliert

17.11.2011 von Renate Oettinger
Wie Arbeitgeber das Risiko der Unwirksamkeit einer Entlassung ausschließen können, erklärt Dr. Christian Salzbrunn.
Fristgerecht kündigen ist manchmal nicht ganz einfach.
Foto: Fotolia, Gina Sanders

Im Regelfall ist bei der ordentlichen Beendigung eines Arbeitsvertrages die Einhaltung einer gewissen Kündigungsfrist zu beachten, sofern der Arbeitsvertrag nicht ausnahmsweise außerordentlich, d. h. fristlos, gekündigt werden kann. Die einschlägigen Kündigungsfristen ergeben sich dabei entweder aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag, bei entsprechender Anwendbarkeit aus dem einschlägigen Tarifvertrag oder aus der gesetzlichen Regelung des § 622 BGB.

Insoweit muss der Arbeitgeber aber immer auch gem. § 622 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Mindestkündigungsfristen beachten, die bei einer längeren Betriebszugehörigkeit sukzessive immer weiter ansteigen. Gesetzlich kann die Kündigungsfrist bis zu sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats betragen.

Oftmals ist aber die zutreffende Berechnung der Kündigungsfrist nicht ganz einfach. Dies war für die Arbeitgeberseite bislang jedoch insoweit unproblematisch, als das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausging, dass die mit einer zu kurzen Kündigungsfrist ausgesprochene Kündigung im Regelfalle in eine Kündigung mit der richtigen Frist umzudeuten ist. Die Rechtswirksamkeit der Kündigung als solche wurde aber nicht von der Falschberechnung berührt (BAG, Urteil vom 15.12.2005, Az.: 2 AZR 148/05).

Auch für die Arbeitnehmerseite verursachte eine falsche Berechnung der Kündigungsfrist von Seiten des Arbeitgebers erst einmal keinen akuten Handlungsbedarf. Insbesondere sah das BAG einen Arbeitnehmer bislang nicht als verpflichtet an, innerhalb der ansonsten zur Überprüfung der Rechtswirksamkeit einer Kündigung geltenden Drei-Wochen-Frist des § 4 S. 1 KSchG vor dem Arbeitsgericht zu klagen, wenn es dem Arbeitnehmer allein um die Überprüfung der richtigen Frist der Kündigung ging. Nach bisheriger Rechtsprechung konnte also die Nichteinhaltung der zutreffenden Kündigungsfrist auch noch außerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 KSchG geltend gemacht werden (BAG, Urteil vom 06.07.2006, Az.: 2 AZR 215/05 sowie BAG, Urteil vom 15.12.2005, Az.: 2 AZR 148/05).

Tipps für Kündigung und Trennung
Tipps für Kündigung und Trennung
Wenn Mitarbeiter entlassen werden müssen, sollte dies möglichst schmerzfrei erfolgen. Frank Adensam sagt, wie Sie dabei vorgehen sollten.
Sorgfältig vorbereiten
Das setzt eine sorgfältige Vorbereitung voraus. Diese gelingt Unternehmen am besten, wenn sie, sobald feststeht, dass Mitarbeiter entlassen werden müssen, ein Drehbuch für den Kündigungs- und Trennungsprozess schreiben.
Ruhig und sachlich bleiben
In der Regel sollte der unmittelbare Vorgesetzte die betroffenen Mitarbeiter über ihre Kündigung informieren - selbst wenn diese von der Personalabteilung versandt wird. Auf dieses Gespräch muss er sich vorbereiten. Unter anderem, indem er sich im Vorfeld fragt: Teile ich in dem Gespräch dem Mitarbeiter nur die Kündigung mit und setze ich mich mit ihm anschließend nochmals zusammen, um zu vereinbaren, wie die Trennung gestaltet wird?
Nicht um den heißen Brei reden
Oft wollen Führungskräfte das Kündigungsgespräch möglichst schnell hinter sich bringen. Die Folge: Sie stoßen den Mitarbeiter vor den Kopf, indem sie ihm unvermittelt die Nachricht "Sie sind entlassen" entgegenschleudern. Zuweilen scheuen sie sich aber auch, die unangenehme Botschaft auszusprechen und reden um den heißen Brei herum. Beides ist unangebracht.
Emotionen akzeptieren
Auf diese Nachricht reagieren Mitarbeiter unterschiedlich - manche geschockt, manche gelassen, manche wütend. Lassen Sie zu, dass Ihr Mitarbeiter Emotionen zeigt. Äußern Sie hierfür Verständnis. Und geben Sie ihm ausreichend Zeit, die Fassung wiederzugewinnen. Gelingt ihm dies nicht, sollten Sie das Regeln der Trennungsmodalitäten vertagen - zum Beispiel, indem Sie vorschlagen: "Herr/Frau Müller, sicher müssen Sie den Schock erst verdauen. Was halten Sie davon, wenn wir uns übermorgen nochmals zusammensetzen und darüber reden ..."
"Sie haben doch gesagt, ..."
Ein Vorwurf, mit dem Führungskräfte bei Kündigungen oft konfrontiert werden, ist: "Aber vor einem Monat planten Sie mit mir doch noch ..." Oder: "Bei der Weihnachtsfeier sagten Sie, unsere Arbeitsplätze seien sicher." Dann sollten Sie zu Ihren Worten und Taten stehen. Bedauern Sie Ihren Irrtum. Sagen Sie, dass Sie zum damaligen Zeitpunkt die Situation anders einschätzten, diese sich aber in der Zwischenzeit aufgrund der Faktoren A, B, C geändert hat.
"Warum gerade ich?"
Dessen ungeachtet werden die zu kündigenden Mitarbeiter stets fragen: Warum gerade ich? Geben Sie dem Mitarbeiter eine inhaltlich verständliche Erklärung. Auf keinen Fall sollten Sie sich aber auf eine Diskussion über die Auswahlkriterien einlassen. Denn wer die Gründe für die Kündigung diskutiert, diskutiert die Kündigung selbst.
Kündigung begründen, ohne zu kränken
Entlässt ein Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern betriebsbedingt eine größere Zahl von Mitarbeitern, dann muss deren Auswahl meist gemäß den gesetzlichen Vorgaben anhand von Kriterien wie Alter, Familienstand und Dauer der Betriebszugehörigkeit erfolgen. Auch dann ist das Begründen vergleichsweise einfach, denn die Auswahl basiert auf objektiven Kriterien. Deshalb kann der Mitarbeiter eine solche Auswahl leichter akzeptieren als eine personenbezogene.
Die Zeit bis zum Ausscheiden regeln
Ist die Kündigung ausgesprochen und begründet, geht es darum, die Zeit zwischen der Kündigung und dem Austritt aus dem Unternehmen zu regeln. Hierfür können Sie einen separaten Termin vereinbaren. Im Trennungsgespräch selbst sollten Sie Ihrem Mitarbeiter einen Weg aufzeigen, wie der Trennungsprozess gestaltet werden kann. Außerdem sollten Sie ihm Hilfe beim Suchen einer neuen Stelle anbieten.
Den Blick wieder in Richtung Zukunft wenden
Oft ist eine bezahlte Freistellung bis zum Ausscheidetermin für beide Parteien die sinnvollste Lösung. Für die Gekündigten hat dies den Vorteil: Sie können sich voll auf das Entwickeln einer neuen Perspektive konzentrieren.

Bisherige Grundsätze aufgegeben

Von diesen bisherigen Grundsätzen ist das BAG in einem neuen Urteil vom 01.09.2010 jedoch abgerückt. Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der am 09.11.1972 geborene Kläger war seit dem 01.08.1995 bei der Beklagten bzw. bei deren zwei Rechtsvorgängern als Tankstellenmitarbeiter beschäftigt. Die Beklagte kündigte mit dem Schreiben vom 22.04.2008 dieses Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31.07.2008, d. h. sie berücksichtigte lediglich eine 3-monatige Kündigungsfrist. Erst im November 2008 erhob der Kläger eine Klage auf Zahlung der Annahmeverzugsvergütung für die Monate August und September 2008.

Die Klage begründete der Kläger damit, dass nach seiner Ansicht die Kündigungsfrist nicht drei, sondern fünf Monate betragen hätte, das Arbeitsverhältnis somit frühestens zum 30.09.2008 kündbar gewesen sei. Zum einen sei von einer Beschäftigungszeit von insgesamt zwölf Jahren auszugehen, da die Vorbeschäftigungszeiten auch bei den zwei Rechtsvorgängern der Beklagten mit einzurechnen seien. Außerdem sei nach einem aktuellen Urteil des EuGH die Regelung in § 622 Abs. 2 S. 2 BGB unwirksam, so dass auch seine Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr mit zu berücksichtigen seien.

Die Richter des BAG teilten die Rechtsauffassung des Klägers allerdings nur insoweit, als es um die unzutreffende Berechnung der Kündigungsfristen ging. Sie bestätigten, dass die gesetzliche Frist unter Beachtung der gesamten Vorbeschäftigungszeiten (also auch bei den Rechtsvorgängern) zu errechnen war. Des Weiteren gaben die Richter dem Kläger dahingehend Recht, dass die Regelung des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB aufgrund des Verstoßes gegen das Europarecht nicht mehr anzuwenden war. Insofern bestätigten nun auch die BAG-Richter die einschlägige Entscheidung des EuGH (EuGH, Urteil vom 19.01.2010, RS. C-555/07 - Kücükdeveci). Mithin errechneten auch die Richter des BAG für den vorliegenden Fall eine Kündigungsfrist bis zum 30.09.2008.

Gleichwohl wies das BAG die Klage auf Zahlung des Lohns für die beiden Monate August und September 2008 ab, weil der Kläger nach Ansicht der Richter die 3-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 S. 1 KSchG nicht eingehalten habe. Da die Kündigung des Arbeitsvertrages ausdrücklich zum 31.07.2008 ausgesprochen wurde, stünde nun auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Termin aufgrund der verspätet erhobenen Klage fest. Die Richter betonten, dass in den Fällen, in denen sich eine Kündigungserklärung nicht mit der richtigen Kündigungsfrist auslegen lasse und von daher eine Umdeutung in eine Kündigung mit der zutreffenden Kündigungsfrist notwendig sei, die mit der zu kurzen Frist ausgesprochene Kündigung nach § 7 KSchG als rechtswirksam gilt und das Arbeitsverhältnis zum "falschen" Termin beendet (BAG, Urteil vom 01.09.2010, Az.: 5 AZR 700/09).

Die fünf größten Irrtümer beim Thema Kündigung
Die fünf größten Irrtümer beim Thema Kündigung
Wann ist eine Kündigung rechtens und wann nicht. Wir klären über die fünf häufigsten Mythen zum Thema Kündigung auf.
Irrtum 1: Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer kann nicht gekündigt werden.
Eine Krankheit kann den Ausspruch einer Kündigung nicht verhindern. Ein Arbeitgeber kann grundsätzlich auch während einer Krankschreibung eine Kündigung aussprechen; dies macht die Kündigung nicht "per se" unwirksam.
Irrtum 2: Jede Kündigung muss eine Begründung enthalten.
Eine Kündigung muss nicht begründet werden. Aus Arbeitgebersicht ist es sogar eher unklug, eine Begründung in die Kündigung aufzunehmen, da dies in der Regel "Angriffsfläche" in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess ergibt. Gekündigte Arbeitnehmer hingegen sollen unverzüglich um Rechtsrat nachsuchen, ob die ausgesprochene Kündigung auch wirksam ist.
Irrtum 3: Eine Kündigung kann auch mündlich ausgesprochen werden.
Arbeitsverträge kann man zwar mündlich abschließen, aber nicht beenden. Es bedarf nach dem Gesetz immer einer schriftlichen Kündigung. Vorsicht ist auf Arbeitgeberseite im Übrigen auch geboten bei Kündigungen per Mail oder per SMS, während Arbeitnehmer, die eine Kündigung in dieser Form erhalten, ebenfalls sofort um Rechtsrat nachsuchen sollten. Dies sollte unverzüglich erfolgen.
Irrtum 4: Vor der Kündigung muss immer drei Mal abgemahnt werden.
Eine sog. verhaltensbedingte Kündigung setzt nur eine Abmahnung voraus. Dabei gilt des Weiteren, was häufig verkannt wird: Ist in dem Betrieb ein Betriebsrat installiert, muss dieser einer Kündigung nicht etwa zustimmen; er muss nur angehört werden. Dieser kann der Kündigung zwar widersprechen. Dies führt aber nicht zu einer Unwirksamkeit der Kündigung.
Irrtum 5: Gekündigte Mitarbeiter haben stets einen Anspruch auf eine Abfindung.
Das Kündigungsschutzgesetz ist in erster Linie ein "Bestandsgesetz". Damit richtet sich der Schutz zunächst auf den Erhalt des Arbeitsplatzes. Zwar enden in der Tat tatsächlich viele Kündigungsschutzverfahren letztendlich mit dem Abschluss eines Abfindungsvergleichs. Bestehen allerdings Gründe für die Kündigung. greift diese rechtlich auch durch, und der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Abfindung zu zahlen.

Arbeitnehmer müssen schnell handeln

Fest steht nun jedenfalls, dass Arbeitnehmer nicht nur dann innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG schnell zu handeln haben, wenn es ihnen darum geht, die Berechtigung einer Kündigung als solche von einem Arbeitsgericht überprüfen zu lassen. Diese Frist gilt nun ausdrücklich auch für den Fall, dass ein Arbeitnehmer lediglich die Berechnung der vom Arbeitgeber errechneten Kündigungsfrist überprüfen lassen will.

Für eine gewisse Unklarheit sorgt die Entscheidung bislang aber dahingehend, als dass noch nicht eindeutig feststeht, ob das BAG nicht noch eine weitere Konsequenz im Falle der falschen Berechnung einer Kündigungsfrist folgert. Das BAG scheint anzudeuten, dass eine Kündigungserklärung, die einen "falschen" Beendigungstermin enthält und sich auch nicht anders auslegen lasse, unwirksam sein könnte.

Um also ein weiteres Unwirksamkeitsrisiko auf der Arbeitgeberseite auszuschließen, sollte künftig bei einer Kündigungserklärung unbedingt darauf geachtet werden, dass sie einer entsprechenden Auslegung zugänglich ist. Dies bewerkstelligt man am besten dadurch, indem man in dem Kündigungsschreiben (wie bereits zumeist schon üblich) wie folgt formuliert: "Hiermit kündigen wir das Arbeitsverhältnis zum _____, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin". Dadurch erhält die Kündigungserklärung auch für den Fall einer falschen Fristberechnung eine Umdeutungsmöglichkeit auf den dann zutreffenden Endtermin, sodass ein Arbeitgeber damit auf "der sicheren Seite" liegt. (oe)

Kündigungsgespräche richtig führen
Kündigungsgespräche richtig führen
Wer einem Mitarbeiter die Entlassung mitteilt, sollte darauf achten, dass es ein Gespräch auf Augenhöhe ist. Sechs Tipps zur Gesprächsführung.
Tipp 1
Achten Sie darauf, dass vor dem Gespräch mit dem Mitarbeiter keiner seiner Kollegen von der Kündigung erfährt.
Tipp 2
Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor: Welche Faktoren machen die Kündigung unumgänglich? Wie können Sie auf mögliche Einwände reagieren?
Tipp 3
Seien Sie ehrlich: Beschönigen Sie nicht die Situation, sondern geben Sie Ihrem Mitarbeiter ein konstruktives Feedback.
Tipp 4
Berücksichtigen Sie auf jeden Fall, dass es bei einer Kündigung nicht nur um eine Fach- oder Führungskraft einer bestimmten Abteilung geht, sondern um einen Menschen mit allen seinen sozialen und gesellschaftlichen Bezügen. Das ist gerade dann wichtig, wenn man den Mitarbeiter nicht immer geschätzt hat.
Tipp 5
Geben Sie ihm genügend Zeit für seine Reaktionen wie Wut oder Tränen: Bieten Sie gegebenenfalls ein weiteres Gespräch in ein paar Tagen an, wenn der Mitarbeiter sich wieder gesammelt hat.
Tipp 6
Seien Sie auch in den nächsten Tagen stets offen für weitere Fragen des gekündigten Mitarbeiters.

Kontakt:

Der Autor Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt in Düsseldorf. Tel.: 0211 1752089-0, E-Mail: info@ra-salzbrunn.de, Internet: www.ra-salzbrunn.de