Marketing

So wirbt Pfizer-CIO Kleine für seine IT

30.01.2023 von Jens Dose
IT-Chef Thomas Kleine setzt beim Marketing für die Pfizer-IT auf das Motto "keep it simple" und den Schulterschluss mit den Fachbereichen.
"Es braucht keine Armada von hochbezahlten Kommunikationsberatern," sagt Pfizer-CIO Thomas Kleine.
Foto: Thomas Kleine

"Als ich vor sechs Jahren den CIO-Posten bei Pfizer antrat, hatte die IT ein eher unscheinbares Image," berichtet Thomas Kleine. Seine Abteilung habe zwar wertvolle Beiträge zu strategischen Unternehmenszielen geleistet. Diese seien in anderen Unternehmensbereichen aber kaum wahrgenommen und damit nicht angemessen wertgeschätzt worden. "Damit war ich nicht zufrieden und wollte unsere Leistungen stärker ins gesamte Unternehmen tragen," so der IT-Chef.

Die Kollegen abholen

Als ersten Schritt wollte Kleine den Kolleginnen und Kollegen im eigenen Bereich Appetit auf mehr Außenwirkung machen. "Da gab es einiges an Skepsis von Führungskräften und aus Teilen der Belegschaft," erinnert sich der Manager. Das Team habe andere Prioritäten erwartet als Selbstmarketing. Kleine: "Eine Vertriebler-Sicht auf die eigenen Leistungen nach dem Motto 'tue Gutes und rede darüber' gibt es in der klassischen IT kaum."

Die Top CIOs der Chemie- und Pharma-Branche
Markus Schümmelfeder
Seit April 2018 ist Markus Schümmelfeder neuer CIO des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim in Ingelheim am Rhein. Er war zuvor Corporate Vice President IT im Unternehmen. Schümmelfeder berichtet an seinen Vorgänger im CIO-Amt, den CFO Michael Schmelmer.
Martin Richtberg
Seit 1. Januar 2022 bekleidet Martin Richtberg die Position des Senior Vice President Information Technology, CIO und CDO von Wacker Chemie. Zuletzt war er dort Leiter des globalen Project-Engineering.
Annette Hamann
Annette Hamann ist seit 2020 CIO bei der Hamburger Beiersdorf AG. Ihre Vorgängerin Barbara Saunier ist im Ruhestand.
Dirk Ramhorst
Seit dem 1. Mai 2022 ist Dirk Ramhorst, ehemaliger IT-Chef von Wacker Chemie, CIO beim Spezialchemiekonzern Evonik. Seine Vorgängerin Bettina Uhlich ging in den Vorruhestand.
Michael Nilles
Henkel hat Michael Nilles am 1. Oktober 2019 zum Chief Digital & Information Officer (CDIO) ernannt. Er berichtet direkt an Carsten Knobel, CEO von Henkel. In seiner Position ist Nilles für die Bereiche Digital, IT, Geschäftsprozessmanagement und Corporate Venture Capital verantwortlich.
Abel Archundia-Pineda
Abel Archundia-Pineda ist seit Mai 2017 Head of IT Business Partnering Pharmaceuticals bei Bayer im Geschäftsbereich Pharma bei Bayer. Zuvor war er Head of IT for Novartis Technical Operations and Global CIO der Sandoz Division, Novartis AG.
Michael Jud
Michael Jud ist seit April 2017 Leiter IT beim Pharmahersteller InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH in Heppenheim im südlichen Hessen. Jud kommt vom Anlagenbauer Schenck Process in Darmstadt. Er berichtet bei seinem Arbeitgeber an den kaufmännischen Geschäftsführer. Neben dem Fokus-Thema IT-Sicherheit baut der gelernte Diplom Ingenieur SAP weiter aus und unterstützt das internationale Wachstum von InfectoPharm.
Alessandro de Luca
Alessandro de Luca war bisher Interims-Group CIO beim Pharmakonzern Merck. Der Konzern hat sich entschieden, de Luca dauerhaft in dieser Position zu beschäftigen.
Hermann Schuster
Seit 1. September 2021 ist Hermann Schuster Head of Information Technology bei der Lanxess AG. Er folgt auf Kai Finke. In seiner neuen Position will Schuster im Chemiekonzern ein Konzept für den Modern Workplace umsetzen und sich auf Cybersicherheit konzentrieren. Daneben steht der Rollout eines SAP S/4 Hana-Templates auf seiner Agenda. Schuster berichtet an den Lanxess-Finanzvorstand Michael Pontzen.
Bijoy Sagar
Bijoy Sagar ist ab Juni 2020 neuer Leiter IT und Digitale Transformation der Bayer AG. Er löst den bisherigen CIO und CEO der IT-Tochter Bayer Business Services (BBS) ab, der seine Konzernkarriere beendet. Die BBS wird aufgelöst. Sagar soll die Digitalisierung des Pharmakonzerns vorantreiben und die begonnene Neuaufstellung der IT ans Ziel führen. Er berichtet an den Finanzvorstand Wolfgang Nickl.
Martin Wiedenmann
Martin Wiedenmann ist seit Februar 2019 Head of Global IT/CIO der Atotech Group, einem weltweit agierenden Marktführer für Spezialchemie. Zuvor war er war seit Juli 2016 CIO bei Ledvance in München.
Andreas Becker
Andreas Becker ist seit April 2017 Vice President Information Technology/CIO beim Pharmakonzern Daiichi-Sankyo Europe in München. Im Oktober 2014 kam der Diplom-Kaufmann mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik & EDV als Head of IT Strategy & Service Delivery ins Unternehmen.
Sandeep Sen
Sandeep Sen ist CIO der Linde Group. In dieser Funktion hat er Büros in Singapur und München. Weltweit führt Sen rund 1.100 Mitarbeiter. Er kam 1993 zu Linde Indien (vormals BOC India). Zuvor war er in der IT auf dem Finance-Sektor tätig. Dabei arbeitete er sowohl in Indien als auch in Großbritannien.
Peter Buchmüller
Seit Mitte Juni 2017 ist Peter Buchmüller IT-Leiter der Aenova Group, einem pharmazeutischen Auftragshersteller mit Sitz in Starnberg bei München. Der genaue Titel lautet: Senior Vice President Corporate IT Aenova Group. Buchmüller wechselte von der Molkerei Meggle in Wasserburg, wo er zuvor als Leiter IT tätig war.
Berthold Kröger
Berthold Kröger hat im Juli 2015 die IT-Verantwortung bei der K+S AG in Kassel übernommen. Der neue Leiter Corporate IT berichtet an den Vorstand Thomas Nöcker. Der promovierte Informatiker hat sein Studium an der Universität-Gesamthochschule Paderborn absolviert. Er arbeitete danach mehr als drei Jahre im Forschungs- und Technologiezentrum der Deutschen Telekom und war später in verschiedenen Positionen bei der Hochtief AG und der Hochtief Solutions AG in Essen beschäftigt.
Alexander Bode
Im Juli 2014 hat Alexander Bode den CIO-Posten beim Farbenhersteller DAW SE angetreten. DAW (Deutsche Amphibolin-Werke) ist vor allem bekannt durch Farbenmarken wie Caparol und Alpina. Bode kommt vom Pharmahändler Celesio, wo er seit 2013 als Global Head of IT Governance tätig war. Davor arbeitete der Wirtschaftsinformatiker viele Jahre bei der Freudenberg-Gruppe, wo er auch seine berufliche Laufbahn 2002 begann. Zuletzt verantwortete er dort von 2008 bis 2013 als Director ERP Europe das SAP Competence Center von Freudenberg Sealing Technologies.
Torsten Müller
Seit November 2018 ist Torsten Müller Head of Information Technology (CIO) beim Pharma- und Laborzulieferer Sartorius AG mit Sitz in Göttingen. Zuvor war er Chief Digital Officer und Chief Information Officer sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Versicherung Helvetia Deutschland in Frankfurt.
Stephan Heinelt
Stephan Heinelt ist seit September 2018 Group CIO beim Spezialchemiekonzern Altana AG mit Sitz in Wesel. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker Heinelt war zuletzt Leiter Service Management Global IT Services bei der Evonik Industries AG in Essen.
Martin Kinnegim
Martijn Kinnegim ist seit März 2019 CIO der STADA Arzneimittel AG mit Sitz im hessischen Bad Vilbel. Kinnegim arbeitete zuvor bei Jacobs Douwe Egberts (JDE). Dort war er als Global CIO tätig und leitete die Integration der Gesellschaften DE Masterblender 1753 und Mondelez International in den weltweit führenden Kaffeekonzern.
Walter Grüner
Walter Grüner ist seit Mai 2019 Head of Information Technology beim Chemie-Unternehmen Covestro in Leverkusen. Zuvor war Grüner seit 2013 als Group CIO bei der KION Group AG tätig, einem Anbieter von Gabelstapler und Lagertechnik.
Tobias Günthör
Der Pharmakonzern Stada hat mit Tobias Günthör seit Anfang April einen neuen IT-Chef. Der Titel des 53-Jährigen lautet CIO/Senior Vice President IT at Stada Group.
Carsten Priebs
Zum 01.01.2024 wurde Carsten Priebs zum Digitalchef der Biesterfeld AG berufen.

Der Lösungsansatz des CIO: Das eine zu tun bedeutet nicht, das andere zu lassen. Die Kommunikation kann parallel zum Tages- und Projektgeschäft stattfinden. Bedenken wegen Mehrarbeit bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe er vorab den Wind aus den Segeln genommen. Das Team werde mit dedizierten Ressourcen für die neuen Aufgaben aufgestockt. "Das war in sich selbst schon ein kleiner Change-Prozess, aber am Ende war die Abteilung an Bord."

Der Geschäftsführung brachte Kleine seine Idee im Rahmen einer kleinen Bilanz nach den ersten 100 Tagen nahe. Er präsentierte sie als Bestandteil seines Maßnahmenplans. "Ich hatte Glück, dass die Geschäftsführung das sofort unterstützte, da die meisten Board-Kollegen die IT durchaus bereits als Werttreiber für das Business gesehen haben," so der CIO. Mit diesem Rückhalt trug Kleine sein Anliegen auch in andere Managementebenen und machte sich an die Umsetzung.

Nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen

Das Eigenmarketing wollte er möglichst schlank organisieren. Daher entschied er sich, die Kommunikationsfunktion mit nur einer dedizierten Stelle zu besetzen und, je nach Arbeitsaufkommen, kurzfristig einen Werkstudenten, Trainee oder seine Assistenz mit einzubeziehen. Das summiere sich zwar nur zu einem bis eineinhalb Vollzeitäquivalenten auf. "Es braucht allerdings keine Armada von hochbezahlten Kommunikationsberatern. Man muss nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen, sondern kann das alles erstmal mit eigenen Board-Mitteln stemmen," so der CIO.

Die neuen Kollegen sollten laut Kleine im Idealfall zwar technikaffin, aber nicht zwingend Informatiker sein. "Sie brauchen die Sichtweise der Nutzer auf der Business-Seite, um technische Dinge so beschreiben zu können, dass die Fachabteilungen damit etwas anfangen können," so der CIO.

Stehen etwa Netzwerkupgrades an oder werden neue Security-Lösungen eingeführt, treten die Kommunikatoren in den Dialog mit den Fachexperten der IT. Aus den Gesprächen erarbeitet das Team die Botschaften in einfacher Sprache und fokussiert auf die Auswirkungen auf der Business-Seite. Kleine: "Diese Verbindung zum Geschäft und dem 'Warum' muss immer da sein. Was die IT tut, darf nicht nach Selbstzweck klingen."

Bewährter Werkzeugkasten

Um herauszufinden, ob diese Herangehensweise den internen Marktwert der IT tatsächlich verbessert, setzt Kleine auf gängige Mittel: "Wir haben am Anfang eine Baseline-Umfrage im gesamten Unternehmen zum Image der IT gemacht, die sich stark an klassischen Faktoren für Kundenzufriedenheit orientiert." Dieselbe Umfrage werde in regelmäßigen Abständen erneut durchgeführt, um die Auswirkungen der Kommunikationsmaßnahmen messbar zu machen.

Bezüglich der Kanäle, über die diese Botschaften verstreut werden, setzt Kleine auf Bewährtes. "Wir mussten das Rad nicht neu erfinden, sondern nutzen die bestehenden Plattformen wie Microsoft Viva Engage, Microsoft Teams, interne Newsletter oder das unternehmensweite Intranet," erklärt der Manager. Dazu habe er früh den Schulterschluss mit der internen Unternehmenskommunikation gesucht.

Wirksame Vehikel

Um die Botschaften verständlich und relevant zu gestalten, setzt das Team um Kleine oft auf die Fachkollegen. "Launchen wir neue Systeme oder Applikationen, lassen wir die User selbst sprechen," so der IT-Chef. In Testimonials samt Fotos und Funktion im Unternehmen erzählen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Business, wie sich die neue Lösung auf ihre Arbeit auswirkt. Dazu identifizieren die Kommunikatoren gezielt Poweruser der neuen Lösung, die engagiert und technikaffin sind.

Testimonials von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus anderen Geschäftsbereichen helfen, IT-Themen wirksam ins Business zu tragen.
Foto: Asier Romero - shutterstock.com

In Townhall-Meetings kommen regelmäßig IT-Projektverantwortliche zu Wort und berichten den knapp 3.000 Mitarbeitern in Deutschland über ihre Leistungen für das Unternehmen. Kleine: "Wenn wir etwa die Meetingräume für hybrides Arbeiten modernisiert haben, bekommt unser Workplace Strategist dafür einen Platz auf der Agenda und berichtet, wie dadurch nahtlose Collaboration für alle möglich wird." So würden IT-Themen regelmäßig in die gesamte Organisation getragen.

Zudem pflegt Pfizer insgesamt und somit auch die IT laut Kleine eine aktive Award-Kultur. Für gelungene Deployments und Projekte werde beispielsweise regelmäßig der Supply Chain Excellence Award vergeben. "Dabei ist es wichtig, die gesamten cross-funktionalen Teams und damit die Leistung von IT und Business gemeinsam zu würdigen," ergänzt der CIO. So würden die Erfolge aus der reinen IT-Sphäre herausgetragen und automatisch im Business-Kontext gefeiert. Über Tools wie Kudoboards könne das auch in kleinerem Rahmen gelingen.

Bei all dem regt der IT-Chef seine Kolleginnen und Kollegen stets an, "out oft he box" zu denken. "Kommunikation funktioniert nur gut über cleveres Storytelling und Emotionen," so Kleine. Also überraschte sein Team die Fachabteilungen etwa mit einem Aprilscherz zu einem neuen Tool, mit dem Fahrgemeinschaften für Fahrstuhlfahrten im Haus koordiniert werden können. "Die Resonanz war durchweg positiv und viele Kollegen waren erstaunt, dass IT auch lustig kann."

Es liegt an den CIOs

Laut Kleine ist es Aufgabe des CIO, für solche Dinge die Türen zu öffnen: "Wir müssen aktiv das Thema auf der Managementebene priorisieren und permanent Lobbyarbeit dafür betreiben. Es liegt an uns, gute Verhältnisse zu Business-Kollegen aufzubauen und zu pflegen und die IT regelmäßig aktiv auf die Agenden zu bringen. Das nimmt uns niemand ab und daher müssen wir das selbst in die Hand nehmen."

Außerdem gelingt so ein Wandel laut Kleine nicht über Nacht. Der Change-Prozess brauche Zeit. "Wir sind damit auch noch längst nicht fertig," resümiert er. Eigenmarketing sei kein einmaliges Projekt, sondern müsse institutionalisiert und im Tagesgeschäft eingebettet werden.

Doch der Aufwand lohnt sich. Laut Kleine sind die Zufriedenheitswerte in den jährlichen Umfragen stabil oder haben sich verbessert. Mitarbeiter bedankten sich in Einzelgesprächen für Würdigungen in Newslettern.

Als wichtigen Nebeneffekt komme die Kommunikation auch dem Kampf um neue Talente zugute. "Wir erreichen Mitarbeitende in den Fachbereichen und machen mit den Erfolgsgeschichten Werbung für die IT-Abteilung," so Kleine. Das rege Technikinteressierte aus dem Business dazu an, sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln.

All das sei laut Kleine keine Raketenwissenschaft: "Nach dem Motto 'keep it simple' lässt sich mit wenig Auswand bereits viel erreichen. Plattformen und Kanäle sind meist schon vorhanden, man muss sie nur nutzen. Zudem muss nicht alles von Anfang an perfekt sein, man kann später noch nachjustieren," lautet das Fazit des CIO.