Karriere auch in schwierigen Zeiten

So vermarkten Sie sich richtig

28.09.2010 von Renate Oettinger
Unabhängig von der jeweiligen Lebenslage muss jeder Karriereschritt sorgfältig geplant werden. Dr. Jürgen Nebel zeigt, wie Sie dabei am besten vorgehen.

Kurzarbeit, Stellenabbau, Kündigungen, Insolvenz - das sind die Themen, die derzeit in aller Munde sind. Wer mag da schon an Karriere denken oder sogar aktiv den nächsten Karriereschritt machen wollen? Einige sind jedoch gezwungen, einen Schritt zu machen, da sie ihren Arbeitsplatz verloren haben. Doch gleichgültig, ob gezwungen oder gewollt: Auch in der Krise ist der nächste Karriereschritt machbar. Entscheidend ist die richtige Strategie zur Selbstvermarktung! Wie das geht, erklärt Karriereberater und Karrierecoach Dr. Jürgen Nebel:

Wie in der IT: die Erfolge und die Zufriedenheit der Anwender zählen.

Quelle: Fotolia, F. Pfluegl
Foto: F. Pfluegl/Fotolia.com

Wenn ein Unternehmen Sie als neuen Mitarbeiter auswählen soll, sind nicht die Titel und Diplome entscheidend. Was Sie bisher bewegt und erreicht haben, das ist relevant. Es geht also darum, bereits erreichte Erfolge nachzuweisen. Und zwar solche Erfolge, die Kosten gesenkt, Erträge erhöht, Gewinn verbessert oder zu anderen messbaren Vorteilen geführt haben. Sie sollten daher in Ihrer Bewerbung schriftlich und in harten Fakten nachweisen, was Sie in Ihren bisherigen Berufsstationen erreicht haben.

Das Ergebnis dieses Reviews sollte eine einseitige Übersicht "Beiträge zum Geschäftserfolg" sein. Das sagt mehr aus, als jeder mehrseitige Lebenslauf. Und meine Erfahrung ist: wenn Sie gute Erfolge nachweisen können, ist Ihr Alter und Ihre Ausbildung zweitrangig. Da sind die Kriterien "schon über 50" oder "keine abgeschlossene Ausbildung" irrelevant.

Jobbörsen sind gut. Aber es geht besser: über den verdeckten Stellenmarkt

Viele glauben, wenn sie sich in einer großen Anzahl von Online-Jobbörsen anbieten, wird schon das passende Angebot kommen. Oder es ginge darum "Tag und Nacht" nach passenden Stellen zu suchen bzw. zu surfen. Kann funktionieren. Kann aber auch schief gehen oder ziemlich lange dauern. Bei einer Stellensuche ist es nicht anders als im Vertrieb von IT: Sie müssen aktiv auf interessante Unternehmen zugehen und deren Bedarf ausloten.

Wir reden hierbei vom verdeckten Stellenmarkt, über den circa 80 Prozent der vakanten Stellen vergeben werden. Diese Stellen erscheinen eben nicht in Anzeigen oder in Online-Jobbörsen, insbesondere wenn es um Führungspositionen geht. Um diese "verdeckten Vakanzen" zu finden, müssen Sie aktiv auf die Unternehmen zugehen, sich also initiativ bewerben. Auf diesem Weg bekommen Sie die meisten Vorstellungsgespräche und konkreten Stellenangebote. Meine Klienten erzielen so durchschnittlich etwa zehn Erstgespräche bei Unternehmen und können am Ende meist zwischen mehreren Jobangeboten auswählen. Eine komfortable Situation, wenn Sie wirklich Karriere machen und Ihre Bedingungen optimieren wollen.

Lieber mehr als weniger ansprechen

Schicken Sie viele Initiativ-Bewerbungen raus. Suchen Sie sich wenn möglich 200 passende Unternehmen heraus, denen Sie Ihre Initiativbewerbung schicken. Gehen Sie dabei nach Kriterien vor, die für Sie wichtig sind, zum Beispiel Branche, Region, Unternehmensgröße, Internationalität. Und schicken Sie diese Bewerbung unbedingt an konkrete Ansprechpartner und nicht einfach an die Personalabteilung.

Suchen Sie sich via geeigneter Datenbanken die Namen des Bereichsleiters, des Geschäftsführers oder zuständigen Vorstands heraus. Dann landen Sie auf dem richtigen Schreibtisch. Mit vielen meiner Klienten schreibe ich zusätzlich eine größere Anzahl von Personalberatern (Headhunter) an. Denn ein Teil des verdeckten Stellenmarktes liegt bei den Headhuntern. Und die freuen sich über Kandidaten mit nachweisbaren Erfolgen, die sie in ihr Angebot aufnehmen können. Oder die auf Vakanzen passen, für die sie gerade Suchaufträge haben.

Verschicken Sie die richtigen Informationen im richtigen Umfang!

Verschicken Sie keine "Visitenkarten" im Sinne einer Auflistung bisheriger Arbeitgeber, Funktionsbezeichnungen und Zeiträume. Aber auch keine dicken Bewerbungsmappen mit Zeugnissen und Diplomen. Schicken Sie genau die Informationen, die wichtig sind, damit genau Sie eingeladen werden. Daher empfehle ich Ihnen drei Dokumente, die Sie als Initiativbewerbung losschicken. Erstens: ein zielgruppenspezifisches Anschreiben, das den neuesten Erkenntnissen des Direct Mailings folgt. Dieses Anschreiben beginnt mit einer vierzeiligen Headline, die Ihre wesentlichen Stärken, Erfahrungen und insbesondere Erfolgen darstellt.

Ob Ihre Bewerbung eine Chance beim Unternehmen hat, hängt genau von dieser Headline ab. Wenn wir davon ausgehen, dass Personalentscheider nur wenig Zeit haben, bleiben Ihnen genau diese vier Zeilen, um das Interesse des Lesers zu wecken. Diese Headline zu entwickeln braucht denn auch eine besonders sorgfältige Vorbereitung: die Zusammenstellung Ihrer Stärken!

Der "Rest" des Anschreibens ist dann eine etwas detailliertere Präsentation Ihrer besonderen Stärken und Nutzen - immer in klaren Aussagen, die dem Unternehmen zeigen, was es durch Ihre Mitarbeit gewinnen kann. Den Schluss bildet dann der Hinweis auf Ihre berufliche Neuorientierung in nächster Zeit und die Bereitschaft, weitere Unterlagen zu senden oder für ein Gespräch bereit zu stehen.

Das zweite Dokument enthält die "Beiträge zum Unternehmenserfolg". Dort listen Sie auf einer Seite Ihre Erfolge in konkreten quantitativen und qualitativen Aussagen auf. Das dritte Dokument ist ein einseitiger Kurz-Lebenslauf, in den nur die wesentlichen Daten zu Ihrer Person und Ihre wichtigsten Berufsstationen gehören - die Gliederung nach Art von "Key Essentials" wie Internationalität, Führungsspanne etc. Sie ordnen dort zusammen, was zusammengehört und nicht, wie Ihr Leben "zufällig" verlaufen ist. Diese drei Dokumente - bewusst in der wertenden Reihenfolge "Beiträge zum Geschäftserfolg" vor Kurz-Lebenslauf! - kommen zusammen in einen 20-Gramm-Brief. Und ab geht die Post.

Nur was Sie verinnerlicht haben, können Sie veräußern

Die Erarbeitung Ihrer Unterlagen ist die beste Vorbereitung auf Ihre Vorstellungsgespräche. Denn durch das konsequente Analysieren Ihrer Stärken und Erfolge, lernen Sie sich anderes kennen: als Erfolgsmenschen! Meine Klienten bestätigen immer wieder, dass diese Arbeit eine nachhaltige Motivation bringt.

Fragen Sie sich: was habe ich bei jedem meiner Arbeitgeber geschafft? Welche meiner Eigenschaften oder Verhaltensweisen war dafür besonders wichtig? Es ist übrigens nicht entscheidend, ob Sie alle vom Unternehmen gesetzten Ziele realisiert haben. Ziele sind manchmal so hoch gesteckt, dass Sie auf halbem Weg schon enorme Leistung erbracht haben. Wenn Sie sich Ihrer Stärken und Erfolge bewusst sind, gehen Sie ganz anders in Vorstellungsgespräche. Wenn Sie von sich überzeugt sind, können Sie andere von sich überzeugen. Das ist gerade dann wichtig, wenn Sie gezwungen sind, sich zu bewerben.

Tipps für Vorstellungsgespräche
Die richtige Kleidung wählen
Es muss nicht immer Kostüm und Anzug sein. Oft reicht eine farblich dezente, aber modische Kombination mit einem Business-Hemd und Business-Schuhen.
Salopp geht nicht
Jeans und Turnschuhe sind in den meisten Firmen, aber in der Bewerbungssituation fehl am Platz. Wer zu leger zum Vorstellungsgespräch erscheint, riskiert, dass der Gesprächspartner den Eindruck bekommt, man käme mal eben ganz unverbindlich vorbei anstatt gut vorbereitet und interessiert zu sein.
Pünktlich sein
Seien Sie also auf jeden Fall etwa 15 Minuten früher als zum vereinbarten Termin vor Ort. So haben Sie auch die Chance, sich einen Eindruck von der Unternehmenskultur zu machen.
Die Begrüßung
Begrüßen Sie Ihr Gegenüber daher mit festem Händedruck und ....
... schauen Sie ihm freundlich und direkt in die Augen.
Informieren Sie sich vorher über das Unternehmen.
Studieren Sie die Firmen-Website und lesen Sie Presseartikel
Banale Fragen nach der Kantine ...
... oder Parkplätzen sollten Sie aber immer erst stellen, wenn Ihnen bereits ein Angebot vorliegt.
Im Vorstellungsgespräch ...
... sollten Sie für einen angenehmen Gesprächsfluss sorgen. Beantworten Sie Fragen nicht zu knapp, aber kommen Sie auf den Punkt und schweifen Sie nie vom Thema ab.
Fangen Sie nicht bei Ihrer Geburt an, ...
... wenn es gilt, den Lebenslauf zu skizzieren. Stellen Sie stattdessen Highlights heraus, die Ihre Motivation beschreiben und die sich auf Ihre Qualifizierung für die ausgeschriebene Stelle beziehen.
Lästern über vorherige Arbeitgeber, ...
... Chefs und Kollegen ist ein klares Tabu.
Auch Ihr Privatleben...
... geht den Personaler nichts an.
Achtung vertraulich!
Im Vorstellungsgespräch sollte man keine vertraulichen Unterlagen des alten Arbeitgebers präsentieren oder Kundennamen ohne deren Zustimmung präsentieren.
Allgemeine Höflichkeit, Teil 1
Warten Sie, bis man Ihnen einen Stuhl anbietet, bevor Sie sich setzen.
Allgemeine Höflichkeit, Teil 2
Legen Sie Ihr Sakko nur ab, wenn es Ihr Gesprächspartner auch tut oder es Ihnen freistellt, das zu tun.
Allgemeine Höflichkeit, Teil 3
Schalten Sie Ihr Handy auf stumm und planen Sie für das Gespräch genügend Zeit ein, um nicht unter Druck zu geraten und das Gespräch aufgrund eines Folgetermins vorzeitig beenden zu müssen.

Und zum guten Schluss: Leisten Sie sich professionelle Unterstützung! Denn das investierte Geld ist sehr gut angelegt - sofern Sie zu einem wirklich erfahrenen Fachmann gehen. Auch bei Karriereberatern gilt: nur die Erfolge zählen. Lassen Sie sich also mehrere Referenzen von betreuten Klienten Ihrer Funktion nennen, die Sie telefonisch nach deren Erfahrungen befragen können. Das gibt Ihnen mehr Sicherheit, wenn es um die Entscheidung geht, ob und zu wem Sie gehen.

Weitere Informationen und Kontakt:

Der Autor Dr. Jürgen Nebel ist Karriereberater und Karrierecoach für Führungskräfte. Nebel Karriereberatung, Wiesbaden, Tel.: 06434 904687, Internet: www.nebelkarriereberatung.de