Es gibt kaum etwas Beeindruckenderes als eine funktionierende Organisation und ein funktionierendes Team. Geradezu überwältigend ist es zu sehen, wie Menschen sich gemeinsam für ein Ziel engagieren und danach streben, dieses zu erreichen - weil jeder an den Erfolg glaubt und bereit ist, sein Bestes hierfür zu geben. In solchen Teams entsteht ein kollektives Flow-Erlebnis, dem sich kaum einer entziehen kann.
Doch in der Realität begegnet man solchen Teams leider selten - auch weil die (Projekt-)Verantwortlichen in den Unternehmen häufig Verhaltensmuster zeigen, die das Entstehen eines solchen "Spirits" verhindern. So oft nimmt man diese Verhaltensmuster wahr, dass man zuweilen den Eindruck gewinnt: Die Verantwortlichen möchten gar nicht, dass sich ihre Organisation gut funktioniert. Statt dessen wollen sie, dass sich der Weg zum Ziel möglichst mühevoll gestaltet. Dann können sie voller Stolz sagen, welche Hürden sie genommen und welche Widerstände sie gemeistert haben.
Jürgen Rohr, Inhaber der Projektmanagement-Beratung Vedanova, Wiesbaden, ist diesem Pänomen schon häufig begegnet. Für die Computerwoche hat er darum einen etwas anderen Projekt-Ratgeber zusammengestellt. In zehn Tipps verrät er, wie man dafür sorgen kann, dass in einem Projekt alles schief läuft.
Die sichere Projektkatastrophe: Zehn Tipps
1. Setzen Sie die Verantwortlichen unter Termindruck. Mit engen Terminen stellen Sie sicher, dass möglichst wenige Betroffene ins Boot geholt werden. Damit vermeiden Sie die sowieso unnötigen Diskussionen um Meinungs- sowie Wahrnehmungsunterschiede. Und: Sie behalten die vermeintliche Kontrolle über Budget und Termine.
2. Beginnen Sie mit einer problemorientierten Ist-Analyse. Fragen Sie immer zuerst danach, was nicht gut läuft. Damit fokussieren Sie die Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf die Schwächen der Organisation. Sie stellen sicher, dass niemand auf die Idee kommt, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen. Und das Beste: Die Veränderungsenergie wird so gering sein, dass die operative Arbeit kaum gestört wird.
3. Geben Sie möglichst kein zusammenfassendes Feedback. Halten Sie die Betroffenen im Unklaren. Das fördert zwar die Gerüchteküche, hält aber den Änderungsaufwand für die Konzeptionierer gering. Sie erhalten schon mit dem ersten Wurf ein Konzept aus einem Guss - ohne lästige und zeitaufwändige Anpassung an unterschiedliche Wahrnehmungen der Beteiligten.
4. Lassen Sie das Konzept ohne Beteiligung der Betroffenen ausarbeiten. Hier können Sie Aufwand und Budget einsparen. Jeder Betroffene wird mit seinen individuellen Ansichten sowieso nur das Konzept verwässern. Außerdem: Wenn ein Außenstehender den Sollzustand konzipiert, kommt endlich frischer Wind in die Organisation. Bei der Umsetzung werden sich die Betroffenen schon an die neue Ausrichtung gewöhnen.
5. Vermitteln Sie das Konzept frontal mit mindestens 100 Powerpoint-Folien. Hier gilt: Je mehr Input, desto weniger lästige Rückfragen. Halten Sie das Präsentationstempo hoch. Planen Sie ja keine Zeit für die Diskussion ein. Das Konzept steht. Basta!
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6. Planen Sie keine Zeit für die Überarbeitung des Konzepts ein. Das wäre ja noch schöner: Sie kalkulieren Budget und Termine knapp und wollen sich den Erfolg nicht durch unplanbare Überarbeitungsaufwände vermiesen lassen. Denn jede Überarbeitungsschleife würde den schönen Entwurf zerstören. Und am Ende wären Sie womöglich bei einer Liste von rasch wirksamen Interventionen, die es auch getan hätten. Völlig undenkbar.
7. Schränken Sie die Zugriffsrechte auf neue Tools möglichst stark ein. Ganz wichtig: Wenn Sie im Rahmen der Organisationsentwicklung neue Werkzeuge (zum Beispiel ein IT-System) einführen, achten Sie darauf, dass niemand außer den Konzeptionierern in der Lage ist, die Werkzeuge anzupassen. Das würde nur dazu führen, dass persönliche Arbeitsprozesse abgebildet werden. Sie wollen aber, dass die neuen, besseren Prozesse gelebt werden.
8. Lassen Sie die Betroffenen beim Umsetzen des Konzepts alleine. In diesem Punkt gilt das Motto: Die Leute werden sich schon umgewöhnen. Durch die Unterstützung während der Umsetzungsphase könnte wiederum das sorgfältig ausgearbeitete Konzept verwässert werden. Das ist unbedingt zu vermeiden. Widerstände sind normal. Manche Mitarbeiter lernen eben nie, was wirklich gut für sie ist.
9. Vermeiden Sie persönlichen Kontakt zwischen den Beteiligten. Stellen Sie sich vor, was Sie hier an Reisekosten einsparen können. Diskussionen können auch per E-Mail geführt werden. Das spart richtig Geld. Und Sie können leichter die Kritiker ausschließen.
10. Betrachten Sie jegliches Feedback als persönliche Kritik. Wenn jemand mit einer Rückmeldung zu Ihnen kommt, will er damit eigentlich sagen, dass Sie Ihre Arbeit nicht richtig gemacht haben. Das wirkt sich schlecht auf Ihr Selbstwertgefühl aus. Möglicherweise geben Sie dem anderen noch das Gefühl, er hätte mit seiner Wahrnehmung Recht. Dann haben Sie wirklich keine Ruhe mehr, um am nächsten Konzept zu arbeiten.
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