Mehr als anderthalb Jahre ist Microsofts Office 2010 inzwischen am Markt, und laut Zahlen aus Redmond zählt der Sektor der Büroanwendungen weiterhin zur großen Cash-Cow. Mit 5,25 Milliarden Dollar Umsatz im dritten Geschäftsquartal stemmt der Office-Geschäftsbereich "Business Division" fast ein Drittel des Konzerngesamtumsatzes von 16,4 Milliarden Dollar.
Office-Versionen länger als sechs Jahre im Einsatz
Doch trotz des guten Office-Geschäfts kann nicht gerade von einem Office-2010-"Durchmarsch" gesprochen werden. Gerade die wichtigen Unternehmenskunden hinken nämlich bei der Office-Modernisierung meist mehrere Versionen hinterher. Das bestätigte auch die Experton Group mit ihrer Studie zum Thema "Office der Zukunft". Demnach nutzen 60 Prozent der deutschen Unternehmen mit über 100 PC-Arbeitsplätzen eine Office-Version mindestens fünf Jahre oder länger. Zehn Prozent der Befragten setzen eine Office-Version sogar länger als sechs Jahre ein.
In Produktversionen ausgedrückt heißt das, dass immer noch eine sehr große Zahl an Anwendern mit den Office-Versionen 2003, XP oder sogar 2000 arbeitet. Laut Experton gibt es mehrere Gründe für die Zurückhaltung bei der Office-Renovierung. Zum einen scheuen viele Unternehmen den personellen und finanziellen Aufwand für die Umstellung. Des Weiteren zweifeln die Entscheider am Nutzen einer Office-Modernisierung - sowohl für das Unternehmen insgesamt wie auch für den einzelnen Mitarbeiter. Auch eingespielte Gewohnheiten spielen eine Rolle, wenn sich Arbeitsabläufe erst einmal etabliert haben. Schließlich sei IT-Verantwortlichen laut den Analysten oftmals nicht bekannt, dass sie mit Lizenzverträgen wie etwa Enterprise Agreement die Möglichkeit haben, ohne Zusatzkosten auf die jeweils aktuellste Softwaregenerationen zu wechseln.
Sharepoint erhöht den Migrationsdruck
Auch wenn die technische oder betriebswirtschaftliche Notwendigkeit für eine Office-Modernisierung bei vielen Verantwortlichen noch nicht angekommen ist, steigt inzwischen aus einer anderen Ecke der Migrationsdruck in Richtung Office 2010 (oder auch noch 2007). Das Stichwort dazu lautet "Sharepoint", denn der Portal- und Dokumenten-Alleskönner etabliert sich in immer mehr Unternehmen als Office-Backend für Dokumenten- und Content-bezogene Geschäftsprozesse. Und Sharepoint stellt Ansprüche an die angeschlossene Client-Umgebung. Um beispielsweise die volle Funktionalität von Sharepoint Server 2010 nutzen zu können, muss an den Arbeitsplätzen Office 2010 installiert sein.
Doch der Umstieg auf die aktuellen Clients will gut vorbereitet sein. Mit der neuen Menüband-Oberfläche (Ribbon) krempelte Microsoft ein altbekanntes Bedienkonzept völlig zugunsten einer rein auf Symbolen basierenden Navigation um. Der Softwarehersteller verspricht eine intuitivere Bedienung im Vergleich zu den Klappmenüs, die aus den Urzeiten grafischer PC-Oberflächen stammen. Viele Nutzer fühlen sich allerdings zunächst verloren in der neuen Arbeitsumgebung, und es erfordert einige Lernbereitschaft, bevor mit Office 2007 und 2010 produktiv gearbeitet werden kann. Microsoft - wie auch Drittanbieter - offerieren inzwischen eine Reihe von Hilfestellungen, um den Übergang von der alten Office-Suite so einfach wie möglich zu gestalten - sowohl für die Benutzer wie auch das IT-Management.
Acht-Punkte-Plan
1. Umlernen mit interaktiven Handbüchern
Zur Grundausstattung für Office-Umsteiger gehören die interaktiven Handbücher mit Befehlsnavigator, die es für jede einzelne Office-Applikation gibt. Beim Start öffnet sich eine Nachbildung der jeweiligen Office-2003-Anwendung mit der alten, gewohnten Menüstruktur. Klickt man darin auf den gewünschten Befehl, wechselt die Anzeige in die Office-2010-Ansicht und zeigt im Menüband die Stelle mit der gesuchten Funktion. Die interaktiven Handbücher setzen ein installiertes Silverlight voraus. Über die Schaltfläche "Installieren" kann man jedes einzelne Handbuch auch lokal speichern, um darauf auch ohne Internetverbindung zugreifen zu können.
2. Referenzhandbücher im Excel-Format
Zusätzlich zu den interaktiven Handbüchern bietet Microsoft Referenzhandbücher an. Der jeweilige Link dazu steht auch neben der zuvor beschriebenen Schaltfläche "Installieren" zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um Excel-Arbeitsmappen, die alle Funktionen aus den Office-2003-Menüs sowie deren Pendants in 2010 gegenüberstellen.
3. Menüband an individuelle Bedürfnisse anpassen
Office 2010 bietet im Gegensatz zu 2007 die Möglichkeit, das Menüband nach eigenen Bedürfnissen anzupassen und zu erweitern. So kann der Benutzer beispielsweise eine neue, persönliche Registerkarte anlegen, in der er alle häufig benötigten Befehle zusammenlegt. So geht die Anpassung:
-
Mit der rechten Maustaste auf eine beliebige Registerkarte klicken und dort im Kontextmenü auf "Menüband anpassen…". Daraufhin öffnet sich der Optionendialog im Abschnitt "Menüband anpassen".
-
In den Excel-Optionen präsentieren sich zwei Spalten: In der rechten ist das Menüband als Baumstruktur mit allen Registerkarten und Befehlen abgebildet. Hier lassen sich sowohl neue Registerkarten als auch darin enthaltene Gruppen anlegen. Soll ein neuer Befehl in die vorhandene Registerkarte "Start" hinzugefügt werden, reicht es, auf "Start" zu klicken.
-
Sobald die gewünschte Registerkarte und Gruppe ausgewählt oder neu angelegt ist, kann in der linken Spalte "Befehle auswählen" der gewünschte Befehl selektiert werden. Wichtig ist hier, in der Drop-Down-Liste "Alle Befehle" auszuwählen, um das gesamte Spektrum der möglichen Befehle durchsuchen zu können. Ist der gewünschte Befehl gefunden, muss er nur noch angeklickt und über die Schaltfläche "Hinzufügen" in das Menüband befördert werden.
4. Retro-Stil: Klassisches Menü für Office 2007 und 2010
Viele Unternehmen befürchten einen hohen Trainings- und Supportaufwand bei der Umstellung auf Office 2007 oder 2010, weil zumindest ein Teil der Mitarbeiter mit der radikal veränderten Bedienführung überfordert ist. Doch über Kurz oder Lang wird bei jedem eine Migration ins Haus stehen - etwa aus beschriebenen Gründen wie einer Sharepoint-Integration. Die Angst vor der neuen Oberfläche können solche Microsoft-Kunden mit einem simplen Tool verdrängen, das ganz einfach die alte Menüführung von Office 2003 simuliert. Zwei gängige Retro-Zusätze dieser Art sind Ubitmenu und Toolbar Toggle, die sowohl mit Office 2007 als auch mit 2010 funktionieren. Ubitmenu kann kostenlos heruntergeladen und für den privaten Gebrauch ohne Lizenzgebühr genutzt werden. Toolbar Toggle lässt sich fünf Tage kostenlos testen und kostet in der Pro-Version 17 Euro.
Acht-Punkte-Plan (Forts.)
5. Migration vorbereiten mit dem Office Migration Planning Manager
Nicht nur auf Endanwender kommen mit Office 2010 große Veränderungen zu. Auch für IT-Verantwortliche sind etliche Details zu beachten, um eine reibungslose Umstellung im Unternehmen sicherzustellen. So führte Microsoft etwa bei den Dateiformaten und der Makro- und Addin-Programmierung viele Änderungen und neue Funktionen ein, so dass beim Wechsel aus einer Office-Umgebung mit 2000, XP oder 2003 zunächst eine gründliche Analyse der Migrationsanforderungen durchgeführt werden muss. Um die erforderlichen Schritte zu unterstützen, hat Microsoft die kostenlose Toolsammlung Office Migration Planning Manager (OMPM) herausgegeben.
6. Office-Dateien auf inkompatible Formate untersuchen
OMPM ist ein Kommandozeilen-Tool, das Dateien der Formate Office 97 bis 2003 auf mögliche Konvertierungsprobleme hin untersuchen kann - und zwar sowohl auf Arbeitsplatz-PCs wie auf Netzwerk-Shares. Es erkennt mögliche Format-Inkompatibilitäten und erstellt Berichte darüber im XML-Format. Ein integrierter Makro-Scanner prüft auf mögliche Probleme mit VBA-Code in Office-Makros in Excel-, Powerpoint- und Word-Dateien. Ebenso kann er potenzielle Probleme hinsichtlich einer Migration auf die 64Bit-Version von Office 2010 erkennen.
7. Migrationsberichte und Auswertungen
Für die Auswertung der mit OMPM erzeugten XML-Reports stehen einige Werkzeuge zur Verfügung, die den Import in SQL Server ermöglichen. Eine weitere Berichtsfunktion gibt es in Verbindung mit Access 2010. Der ebenfalls in OMPM enthaltene Office File Converter, auch ein Kommandozeilenprogramm, ermöglicht die Massenkonvertierung von Office-Dateien aus den Ursprungsformaten 97 bis 2003 auf Office 2010.
8. Word-Dokumentenversionen aus Altdateien extrahieren
Schließlich liegt der OMPM-Sammlung auch noch das Version Extraction Tool (VET) bei, mit dem sich mehrere eingebettet gespeicherte Dokumentenversionen aus Word 97 bis 2003 in Einzeldateien des Formats Office 2010 extrahieren lassen. (wh)