ERP und Ausfuhren

So machen Sie sich fit für das Zollverfahren Atlas

27.06.2008 von Frank Niemann
Ab 1. Juli 2009 akzeptieren die Zollbehörden keine Frachtdokumente auf Papier. Anwender von ERP-Software und anderen Geschäftsapplikationen sollten sich Gedanken über die Umsetzung machen.

Nutzer, die ihre Business-Software für Atlas anpassen wollen, sollten sich unter anderem mit folgenden Themen beschäftigen.

Wie viele Ausfuhren habe ich?

Nicht jedes Unternehmen benötigt eine Atlas-Software. Wer nur wenige Ausfuhren hat, kann seine Daten dem Zoll auch über ein Portal übermitteln. Bei mehr als etwa zehn Exportaufträgen im Monat dürfte diese Billigvariante aber lästig werden.

Wo werden die Zolldaten aufbereitet?

Die Zolldaten kann der Anwender direkt von seinem System an den Zoll übermitteln. Andernfalls kann er aber auch einen Dienstleister (Clearing Center) beauftragen, der die entsprechenden Informationen aufbereitet und übermittelt.

Welche Applikationen sind betroffen?

Der Anwender richtet sich an den Lieferanten seiner ERP-Software. Der Zoll stellt online eine Liste mit Zollsoftware zur Verfügung. Dort finden Softwarekunden dann Lösungen, die zu ihrem ERP-System passen.

Anträge stellen

Unternehmen müssen einen Antrag auf Bewilligung als zugelassener Ausführer stellen. Firmen, die heute exportieren, haben diese Bewilligung in der Regel schon. Für das Atlas-Verfahren muss erneut ein Antrag zur DV-gestützten Übermittlung gestellt werden. Wer dies schon jetzt beantragt, kann bis Juli 2009 parallel fahren. Der Vorteil: Insbesondere kritische Ausfuhren lassen sich mit dem herkömmlichen Verfahren abwickeln, bei weniger komplizierten Exporten kann man das neue System ausprobieren und dabei die Abläufe Schritt für Schritt umstellen.

Atlas-Anmeldung

Nach der Auswahl einer geeigneten Software kann der Anwender die Teilnahme bei der "Koordinierende Stelle Atlas" des Zolls beantragen. Dann erhält er eine Beteiligten-Identifikations-Nummer (BIN) sowie die benötigten Zugangsdaten zu den Zollsystemen.

Aufbewahrungsfristen und Archivierung

Das Softwarehaus Mercoline aus Berlin weißt daraufhin, dass sowohl die Edifact-Nachrichten als auch die für die Zollabwicklung erforderlichen Unterlagen zehn Jahre lang zu archivieren sind. Dies umfasse die mit der Zollverwaltung ausgetauschten Messages sowie das Logbuch zum Nachweis des Nachrichtenaustauschs. Die Frist beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Nachrichten versandt oder empfangen wurden beziehungsweise der Eintrag im Logbuch vorgenommen wurde.
Die für die Zollabfertigung erforderlichen Unterlagen sind vom Anmelder gemäß § 147 Absatz 1 Nummer 4 a i.V.m. Absatz 3 der Abgabenordung (AO) zehn Jahre aufzubewahren. Der Beginn der Aufbewahrungsfrist richtet sich nach § 147 Absatz 4 AO.

Projektdauer

SAP-Anwender sollten mit mindestens zwei bis drei Monaten planen. In vielen Fällen ziehen sich solche Projekte über ein halbes Jahr. Dauer und Umfang des Vorhabens hängen unter anderem vom Zustand der ERP-Software sowie der Stammdaten ab. Für das Atlas-Verfahren werden Daten aus den Materialstämmen genutzt. Gegebenenfalls müssen Anwender dort noch Hand anlegen. Kritisch sind die Warenkennzeichnungsnummern. Sie bezeichnen die Warengruppe eines Materials und müssen geprüft sowie unter Umständen bereinigt werden.

Mit dem Atlas-Verfahren werden schriftliche Zollanmeldungen und Verwaltungsakte (beispielsweise Einfuhrabgabenbescheide) durch elektronische Nachrichten ersetzt. Nach Angaben des Zolls wird dadurch Zoll die Zollabfertigung und -Sachbearbeitung automatisiert, vereinfacht und beschleunigt.

Nicht ganz so lange dauert es offenbar, Microsoft Dynamics NAV mit Atlas-Tools auszustatten. So benötigte der Microsoft-Partner B+M Informatik AG aus Melsdorf 20 Projekttage, um bei dem auf elektroakustische Beschallung, Sicherheitstechnik und Car-HiFi spezialisierten Unternehmen Monacor International aus Bremen eine solche Lösung zu implementieren.

Laut B+M hängt der Aufwand für Installation, Parametrisierung und Tests vom erwünschten Funktionsumfang ab. Falls der Anwender beispielswiese unverzollte Ware lagern wolle, so gebe es verschiedene Lagerformen, die der Zoll genehmigen muss und die jeweils besondere Anforderungen an die IT stellen.

Atlas-Lösungen für ERP-Systeme

In der Regel entwickeln ERP-Hersteller keine eigenen Softwareprodukte für das Atlas-Verfahren, sondern binden über Schnittstellen vom Zoll zertifizierte Drittprodukte ein.

Abas

Der Hersteller Abas hat die Atlas-Anbindung als Stanardkomponente in die Abas Business Software eingefügt. Zudem kooperiert das Softwarehaus mit Anbietern von Programmen zur Ausfuhrsteuerung.

Microsoft Dynamics NAV

Microsoft selbst bietet keine Lösungen für das Atlas-Zollverfahren an. Sie sind aber bei Partnerunternehmen erhältlich. Nach Angaben von Olaf Klein, Berater bei B+M Informatik AG, gibt es für Anwender von Dynamics NAV zwei Optionen:

Firmen können eine seitens der Zollverwaltung akzeptierte spezielle Branchenlösung verwenden. Diese Applikation ermöglicht den Datenaustausch zwischen der ERP-Software von Microsoft und dem Atlas-System.

Eine Software vermittelt zwischen Dynamics NAV und dem Zollsystem. B+M hat seine auf dem Microsoft-ERP-Produkt aufsetzende Handelssoftware "iTrade" mit einem solchen Programm ausgestattet. Der Microsoft-Partner arbeitet hierzu mit der Firma DBH Logistics IT AG zusammen, deren Produkt "Vera/J" diese Funktion bereitstellt.

SAP R/3 und ERP

Für SAP-Systeme hat der ERP-Hersteller das Produkt "Global Trade Services" entwickelt. Zu dessen Funktionen zählt unter anderem die Zollabwicklung. GTS trägt die auf vielen Tabellen der Business-Software verteilten Daten zusammen und sendet sie an den Zoll. Sobald das ERP-System für einen Auftrag eine Rechnung erzeugt, der mit einer Ausfuhr verbunden ist, werden die Daten an das GTS-System geleitet.

Im Falle von SAP ERP 6.0 kann GTS auf dem gleichen Server laufen. Bei R/3 ist ein zusätzlicher Rechner erforderlich.

Ein mit GTS mitgelieferter Adapter des Integrationsspezialisten Seeburger sorgt für die Kommunikation mit dem Zoll. Dieses Modul benötigt ein separates System. Alternativ kann der Anwender, falls er "Netweaver Process Integration" (vormals Exchange Infrastructure) installiert hat, die Zollkommunikation über einen X.400- oder FTAM-Adapter von Itelligence abwickeln.

Proalpha

Der ERP-Hersteller Proalpha bindet verschiedene Versandsoftwareprodukte ein, die über Atlas-Funktionen verfügen. "Die zollrelevanten Daten werden mit dem jeweiligen Versandsoftwarepartner über eine XML- oder Ascii-Schnittstelle übermittelt und gewährleisten damit eine von der Zollbehörde zertifizierte Lösung, die sowohl in die ERP-Lösung als auch die Versandabwicklung integriert ist", teilt der Anbieter mit. Proalpha arbeitet derzeit an einer Standardschnittstelle für solche Systeme.

Sage Software

Sage bietet für seine ERP-Linien Lösungen von Partnern an:

In ERP-Systeme integrierbare Software zur Ausfuhrsteuerung