Green IT im Rechenzentrum

So lässt sich der Strombedarf im RZ drosseln

28.01.2008
Um Energieeffekte im Rechenzentrum zu erzielen, ist nicht immer der ganz große Wurf nötig. Manchmal reicht es schon aus, seine Hausaufgaben zu erledigen.

Dass die weltweiten Server-Parks einen nahezu ungezügelten Hunger auf Strom haben, ist bekannt. Eindrucksvolle Zahlen lieferte im vergangenen Jahr der US-Wissenschaftler Jonathan Koomey von den Lawrence Berkeley National Laboratories: Seinen Untersuchungen zufolge laufen allein in den USA fünf Kraftwerke der 1000-Megawatt-Klasse ausschließlich, um Rechenzentren mit Strom zu versorgen. Weltweit sollen es sogar 14 sein. Statistiken dieser Art gab es zuletzt einige, der Tenor war vor dem Hintergrund des Klimawandels und der steigenden Stromkosten immer der gleiche: Rechenzentren müssen energieeffizienter werden.

Bestände prüfen

Der einfachste Weg dorthin ist erst einmal eine ausgiebige Bestandsprüfung. Oft nutzen Unternehmen altes IT-Equipment, ohne dabei die Stromkosten im Blick zu haben. Mitunter sind bis zu einem Drittel der eingesetzten Anwendungen Ressourcenfresser, die eigentlich gar nicht mehr gebraucht werden. Programme, deren Sinn nicht auf Anhieb ersichtlich ist, sollten ruhig einmal temporär abgeschaltet werden. Bleiben Anwenderproteste aus, können diese Applikationen nach einer bestimmten Zeit ganz aus dem Verkehr gezogen werden. Probate Hilfsmittel dazu sind im Handel erhältlich (zum Beispiel hier).

Virtualisieren

Der zweite Schritt ist eine bessere Auslastung der vorhandenen Hardware. Dazu sind Virtualisierungslösungen geeignet: Sie lassen sich schon für die einfachsten Infrastrukturfunktionen wie das Dynamic Host Configuration Protocol (DHCP), Active Directory, System-Management und Virenschutz einsetzen. Die durchschnittliche Auslastung von Servern liegt heute bei fünf bis 20 Prozent. Mit Virtualisierungssoftware lässt sie sich auf mehr als 50 Prozent erhöhen ? ohne dass die Anwendungs-Performance sinkt.

Siehe dazu die Beiträge:

Softwarequalität im Blick

Wer weiter gehen möchte, kann sich die aktiven Anwendungen selbst einmal näher anschauen. Häufig sind Programme im Einsatz, die schlecht programmiert sind oder Altlasten in Form von überflüssigem Code mit sich herumtragen. Sie beanspruchen große Hardwarekapazitäten. Der Webhoster Strato beispielsweise behauptet, durch den Einsatz des Sun-Betriebssystems "Solaris 10" rund 30 Prozent an Energie gegenüber der vorher genutzten Version 8 zu sparen. Strato setzt außerdem auf einen zusammen mit Universitäten entwickelten Spam-Filter, mit der Begründung, gekaufte Spam-Filter benötigten ein Vielfaches an Hardwarekapazität. Auch die Plattformen für das Shared- und Dedicated-Webhosting stammen ? aus Gründen der Energieffizienz - von den eigenen Entwicklern. (siehe: Strato erfindet das CO2-freie Rechenzentrum)

Kühlen mit Verstand

Im Rechenzentrum selbst lässt sich vor allem an der Kühlung ansetzen: Rund 40 Prozent der Energie, die ein Rechenzentrum verbraucht, entfallen auf die Klimatisierung. Dieser Anteil kann schon dann stark erhöht sein, wenn das Rechenzentrum zu stark heruntergekühlt wurde. Optimal ist eine Raumtemperatur von 26 Grad. Die hohe Leistungsdichte von Blade- und niedrigen Rack-Servern führt dazu, dass der Kühlungsbedarf ständig steigt.

Dicht bepackte Server-Racks: Das typische Bild in großen Rechenzentren
Foto: Strato

Wichtig sind die Auswahl des Kühlsystems, seine fachgerechte Installation und ein möglichst energieoptimierter Betrieb. Als besonders umweltfreundlich erwies sich die direkte freie Kühlung, bei der der Kühlluftstrom durch kalte Außenluft angereichert wird. Stromintensive Kältemaschinen werden nur dann eingeschaltet, wenn die Außenluft eine bestimmte Temperatur (oft zirka zwölf Grad) überschreitet. Anwender, die ein neues Rechenzentrum planen, sollten prüfen, ob diese Art der Kühlung für sie geeignet ist.

Ansonsten sind für kleine, dicht gepackte Server-Räume Klimaschränke und ?truhen das Mittel der Wahl. Sie kühlen nur dort, wo hohe Wärmelasten auftreten und Kaltluftzufuhr sowie das Abführen von Wärme wirklich erforderlich sind. Dieses Kühlverfahren kann sehr energieeffizient sein - vorausgesetzt, die Kühlanlagen sind nicht überdimensioniert oder falsch eingestellt. Dann lässt sich die Vermischung von kühler und warmer Luft verhindern. Kurze Luftpfade sorgen dafür, dass die Ventilatoren wenig genutzt werden müssen, und die hohe Packungsdichte spart Platz.

In größeren Rechenzentren erfolgt die Klimatisierung traditionell über einen doppelten Fußboden mit belüfteten Bodenplatten. Der Kühlluftstrom wird über Düsen zwischen den Racks abgegeben. Vorrichtungen in abgehängten Decken oder Leuchten saugen die erwärmte Abluft aus dem Raum ab. Das Verfahren ist nicht besonders effizient. Einige Hersteller bieten bereits Lösungen mit optimierten Luftströmungen oder wassergekühlten Rack-Türen an. Ein größerer Effekt für die Gesamtenergie-Bilanz von Unternehmen würde sich sicher ergeben, wenn es gelänge, die Wärmeenergie aus den Rechenzentren sinnvoll zu nutzen ? etwa für Heizungen und Warmwasser.

In Server-Räumen mit Bodenbelüftung sorgen Fehlerquellen immer wieder für große Energievergeudung. Sie treten vor allem dann auf, wenn die belüfteten Bodenplatten schlecht designt oder falsch angeordnet sind. Gelingt es, hier optimale Betriebsparameter zu schaffen ? zum Beispiel, indem die Kühltemperatur und das Öffnungsverhalten der Lüftungsschlitze intelligent gesteuert werden -, lassen sich bis zu 25 Prozent Energie sparen.

Siehe dazu die Beiträge

Hardware wird grüner

Der Einsatz energieeffizienter Hardware sollte selbstverständlich sein. Jedes Kilowatt Strom, dass die Netzteile verbrauchen und in Wärme umwandeln, muss teuer und unter Energieaufwand durch die Klimatisierung wieder abtransportiert werden. Deshalb gibt es Sinn, von vornherein Strom sparende Server einzusetzen, die mit energieoptimierten Prozessoren, Netzteilen, Lüftern und Festplatten arbeiten.

Den Analysten der Experton Group zufolge setzen Anwender schon deshalb zunehmend auf energieeffiziente Hardware, weil in den RZs neben dem Platz auch die Kühlleistungen und die verfügbare elektrische Energie an ihre Grenze stoßen. "In letzter Zeit treffen wir des Öfteren auf Anwenderkunden, die zusätzliche Stromkapazitäten für ihre Rechenzentren verlegen lassen müssen, um weiter wachsen zu können", berichtet Analyst Wolfgang Schwab. Die damit verbundenen Kosten seien häufig exorbitant, da sich die Stromversorger diese Kapazitätserhöhung natürlich bezahlen ließen.

Siehe dazu die Beiträge

Nicht alles speichern

Auch im Bereich der Speichertechnik lässt sich Strom sparen ? einmal durch den bewussten Umgang mit Speicherressourcen (Information Lifecycle Management = ILM), dann durch optimale Speicherarchitekturen (SAN, NAS, Virtualisierung) und schließlich durch die Verwendung effizienter Komponenten, insbesondere Laufwerke, Host Bus Adapter (HBA) und Switches. Vor allem Virtualisierung und ILM bieten Potenzial: Anwender sollten sich überlegen, wie Informationen je nach ihrem Wert und ihrer Nutzungshäufigkeit jeweils auf dem geeignetsten Medium abgelegt werden.

Während geschäftskritische Daten mit hoher Zugriffshäufigkeit auf leistungsstarken und sicheren SAS-Platten liegen sollten, können weniger wichtige Daten auf preiswerteren SATA-Platten oder auf Tapes beherbergt werden. Bandmedien benötigen nur während des Datenzugriffs Strom, Festplatten dagegen sind aufgrund der rotierenden Spindel auch im Leerlauf Stromfresser. Am wichtigsten ist in diesem Zusammenhang aber das Daten-Management: Am meisten spart, wem es gelingt, überflüssige Daten regelmäßig zu löschen ? im Zeitalter von E-Mail wohl ein frommer Wunsch. (hv)