Daten managen

So halten Sie Ihre Kundendaten sauber

26.04.2012 von Jochen Bühler
Die besten CRM-Systeme und die aufwendigsten Kundenkampagnen nutzen wenig, wenn sie auf einer mangelhaften Datenqualität basieren. Systematisches Daten-Management ist Pflicht.

Von Jochen Bühler*

Pro Monat ändern sich etwa drei bis fünf Prozent aller wirtschaftlich relevanten Informationen. Alle drei Minuten wechselt in einem Unternehmen der Geschäftsführer, alle zehn Minuten bekommt ein Unternehmen einen anderen Namen. Um sinnvolle Geschäftsentscheidungen treffen und ein effektives Daten- und Risiko-Management gewährleisten zu können, sind Unternehmen mit großen Business-to-Business-Datenbeständen auf professionelle Datenpflege angewiesen.

Teure CRM- und Business-Intelligence-Systeme erfüllen ihren Zweck nur, wenn sie mit guten Daten gefüttert werden. Dennoch sind veraltete und fehlerhafte Datenbestände, Dubletten oder inkonsistent erfasste Kundendaten weit verbreitet und führen oft zu riskanten Geschäftsentscheidungen. Nicht selten fehlt es am Bewusstsein, aber auch an brauchbaren Instrumenten, um die Datenqualität messen zu können (siehe auch: Deutsche Firmen schlampen mit ihren Daten).

Klare Zuständigkeit = Klare Daten

Probleme treten auf, wenn die Zuständigkeiten für Datenqualität unzulänglich geregelt sind. Unterschiedliche Abteilungen wie Controlling, IT oder Marketing sind verantwortlich, darüber hinaus besteht in manchen Projektplänen Nachholbedarf in puncto Daten-Management - obgleich CRM-Vorhaben und Marketing-Kampagnen hohe Investitionskosten verursachen. Hier spielen Konsistenz, Aktualität und Integrität von Daten eine entscheidende Rolle für den Erfolg von Kundenbeziehungen und zielgruppenspezifischen Maßnahmen.

Die Qualität der eingesetzten Tools entscheidet beim Daten-Management, ob Dubletten gefunden und Fehleingaben richtig interpretiert werden.

Mangelnde Datenqualität kann viele Ursachen haben. Beispielsweise sind Informationen oftmals fehler- oder lückenhaft gespeichert. Dies ist etwa der Fall, wenn sie aus Online-Formularen stammen. Wurden diese von Kunden selbst ausgefüllt, sind Rechtschreib- oder Tippfehler keine Seltenheit. Dies gilt ebenso für falsche Angaben, die etwa aufgrund eines mangelnden Vertrauens in den Geschäftspartner gemacht wurden. Ebenfalls häufig treten interne Fehler auf: Aufgrund von Zeitmangel werden Kundendaten nicht vollständig erfasst oder falsch in die Datenmasken eingetragen, was sogar in den besten Call-Centern vorkommt.

Folgenreiche Dubletten

Ein oft unterschätztes, aber weit verbreitetes Problem sind doppelt angelegte Adressen. Häufige Ursachen für solche Dubletten sind beispielsweise

Auch Abkürzungen - zum Beispiel Fa. statt Firma - können zu doppelten Datensätzen führen. Bei einer Zusammenführung verschiedener Datenbestände, zum Beispiel aufgrund von Fusionen, potenzieren sich die Fehlerquellen.

Versteckte Dubletten

Besonders kritisch sind versteckte Dubletten. Diese entstehen beispielsweise, wenn bei Umzügen oder Umfirmierungen nicht alle abteilungsspezifischen Informationen angeglichen werden. In diesem Fall werden veraltete Daten noch aktiven Kunden zugeordnet. Die Folge sind Streuverluste und Mehrfachzusendungen.

Wenn der Stammkunde Autoteile GmbH 13 Prozent Stammkundenrabatt erhält und mit der gleichen Post der Neukunde Autoteile Klecker GmbH 30 Prozent Rabatt auf das Saisonangebot, ist das nicht nur imageschädigend, sondern auch teuer. Adressendoppler führen überdies zu einem falschen Bild von der Klientel. Wenn Auswertungen zur Kundenstruktur oder zum Durchschnittsumsatz pro Kunde beziehungsweise Kundenkategorie auf Basis fehlerhafter Datensätze entstehen, kann das Ergebnis nicht stimmen.

CRM- und Kampagnen-Management - unausgeschöpftes Potenzial

Wer viele Kunden hat, sollte sich klarmachen, wie schnell und grundlegend sich sein Datenbestand ändert.

Kampagnen auf der Basis veralteter und schlecht gepflegter Kunden- und Interessentendaten bringen weniger neue Kunden und Verkäufe als möglich gewesen wäre. Im schlimmsten Fall haben Falschansprachen oder Mehrfachzusendungen eine Abwanderung von Kunden zur Konkurrenz und langfristig einen Imageverlust zur Folge. Je genauer die Daten, desto persönlicher lassen sich Kunden ansprechen und desto effektiver kann jeder einzelne kontaktiert werden. Damit wird die Rücklaufquote besser.

Die Qualität von Daten sollte daher stets als Wertschöpfungsfaktor betrachtet werden. Erhält ein bestimmter Kunde den teuren Gesamtkatalog, einen Sonderprospekt mit einem auf ihn zugeschnittenen Teilsortiment oder vielleicht gar kein Werbemittel? Die Basis für derartige Entscheidungen bilden neben der Adressqualität auch Zielgruppen- und Kundenwertbetrachtungen.

Eine Frage der Quelle

Wer wissen möchte, wie viele Unternehmen es in Deutschland gibt, erhält in Ermangelung einer einheitlichen Informationsquelle divergierende Angaben. Jede Unternehmensstatistik wurde methodisch unterschiedlich erhoben. So rechnet zum Beispiel das Statistische Bundesamt mit zirka 3,6 Millionen Unternehmen. Die Statistik erfasst jedoch keine Betriebe mit steuerfreien Umsätzen und ohne sozialversicherungspflichtige Beschäftigte beziehungsweise mit nur geringfügig Beschäftigten. Die Schufa geht von etwa fünf Millionen Unternehmen und Gewerbetreibenden aus und stützt sich dabei auf Informationen aus der eigenen Datenbank.

Wer Daten kaufen will, sollte den Händler gut auswählen. Während eine Wirtschaftsauskunftei den Qualitätsschwerpunkt eher auf die Strukturdaten und Bonitätsprüfung von größeren Kapitalgesellschaften legt, liegt der Fokus bei klassischen Adresshändlern auf der Direktansprache bestimmter Zielgruppen. Bevor man sich für einen Datenlieferanten entscheidet, empfiehlt es sich, Vollständigkeit und Aktualität seiner Daten durch gezielte Tests zu prüfen.

Datenpflege und Merkmalsanreicherung von Unternehmensdaten

Die Unternehmenslandschaft ist wie ein lebender Organismus, der - bedingt durch Neueintragungen, Löschungen und Veränderungen - einem permanenten Wandel unterworfen ist. Das zeigt unsere Analyse der Veränderungen bei im Handelsregister eingetragenen Unternehmen. So ändert sich alle drei Minuten eine Firmierung, jede Minute beginnt ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit, alle sieben Minuten zieht eine Firma um, alle 30 Sekunden tritt ein Geschäftsführer ein, und alle zehn Minuten meldet ein Unternehmen Insolvenz an.

Die unternehmenseigenen Kundendaten aktuell zu halten ist also eine Herausforderung. Hilfreich kann es sein, einen Monitoring-Service in Anspruch zu nehmen, der bestehende Gewerbekundendaten überprüft und aktualisiert. Ändern sich Firmensitz, Personalien oder auch die Bonität, können diese Informationen in die CRM-Datenbank eingespielt und gegebenenfalls auch den zuständigen Sachbearbeitern oder Vertrieblern via Alert angezeigt werden.

Suchtechnologie und Deduplizierung

Firmenadressen zu suchen und von Dubletten zu bereinigen ist ungleich komplexer als bei Personenadressen. Mathematische, phonologische und statistische Vergleichsverfahren reichen nur bedingt aus, um korrekte Daten zu gewinnen. Neben dem Einsatz herkömmlicher Algorithmen kann eine konsistente Dekomposition und Interpretation der Firmenbezeichnungen für eine hohe Treffsicherheit sorgen und die automatische Verarbeitung vereinfachen.

Morphologische Analysen und Interpretationen ermöglichen, dass unterschiedliche Schreibweisen von Namen und Bezeichnungen auf eine linguistische Grundform reduziert werden und somit als inhaltlich identisch erkannt werden können. Durch die linguistische Interpretation und unterschiedliche Gewichtung einzelner Namensbestandteile wie etwa Rechtsformen oder Vor- und Nachnamen können geeignete Matching- und Bewertungsmodelle entwickelt werden, die in höheren Trefferquoten resultieren, als dies mit herkömmlichen Verfahren möglich ist.

Je nach Datenqualität und Unternehmenstyp (Handelsregister-/Nicht-Handelsregisterunternehmen) werden unterschiedliche Verfahrensarten gewählt: Während bei natürlichen Personen eine rein technische Duplizierung oft ausreicht, wird bei Unternehmen idealerweise eine fachliche Strukturierung der Datensätze als Vorverarbeitungsschritt zwischengeschaltet.

Hier werden inkonsistente, unstrukturierte und falsch platzierte Informationen erkannt und nach bestimmten Mustern aufgeteilt. So sind häufig im Firmierungsfeld auch Informationen wie Abteilung oder Ansprechpartner hinterlegt. Bei Handelsregister-Unternehmen werden die Daten auch fachlich geprüft. Dadurch können Dubletten erkannt werden, die sich durch Sitzverlegungen, Umfirmierungen oder veraltete Handelsregisternummern ergeben haben.

Fazit

Jochen Bühler, Abteilungsleiter bei der Schufa BusinessLine und Gastdozent an der Universität St. Gallen.

Damit Marketing-Kampagnen, CRM-Projekte, Post-Merger-Integrationen und Risiko-Management gelingen, müssen die zugehörigen Daten aktuell, konsistent und integer sein. Das Daten-Management bezüglich der Gewerbekunden erfordert andere Ansätze und Tools als bei Konsumenten. Unternehmensdaten sind ständig in Veränderung und veralten sehr schnell. Wird ein Datenlieferant ausgewählt, sollte er seine Daten möglichst aktuell halten und technisch so ausgestattet sein, dass er die gesamte deutsche Unternehmenslandschaft einbeziehen kann. Neben der Datenquelle spielen Anreicherungsverfahren und Suchtechnologien eine entscheidende Rolle, um eine hohe Trefferquote und -qualität zu erreichen.

*Jochen Bühler ist Abteilungsleiter bei der Schufa BusinessLine und Gastdozent an der Universität St. Gallen.