Ratgeber Data Center Automatisierung

So finden Sie das richtige RZ-Tool

20.02.2012 von Sascha Schroer
Automatisierungs-Tools helfen, Rechenzentren effizient zu managen. Wir zeigen, was bei der Auswahl zu beachten ist.
Foto: Fotolia / Andres Rodriguez

Moderne Rechenzentren stellen IT-Verantwortliche vor große Herausforderungen: Einerseits müssen sie extrem belastbare und hochverfügbare Systeme bereitstellen. Andererseits sollen die Prozesse so flexibel sein, dass sie sich schnell an veränderte Geschäftsanforderungen anpassen lassen. Die derzeit favorisierte Lösung liegt hier im Einsatz von virtualisierten Systemen. Damit können Unternehmen viele Aktualisierungen bereits im laufenden Betrieb vornehmen. Doch sobald Anzahl und Komplexität der zu verwaltenden Einheiten steigen, werden Abläufe nach einiger Zeit nur noch unzureichend dokumentiert und sind daher schlecht nachvollziehbar. Die gespeicherten Informationen zum Betrieb der Infrastruktur befinden sich häufig nicht mehr auf dem aktuellen Stand und sind zunehmend auf verschiedene Orte verteilt. Dadurch wird das manuelle Management äußerst fehleranfällig. Zudem fehlt der Überblick über den aktuellen Status der Serviceprozesse und die Systemressourcen lassen sich nicht optimal nutzen.

Beispiele von Workflows verschiedener Lösungen zur
HP OO
Darstellung eines Patchworkflows mit der Abarbeitung verschiedener Abhängigkeiten, wie die zeitweise Entfernung des Systems aus einem Cluster.
CA Technologies
Einfacher Workflow zur Überprüfung eines Dienstes.
Cisco Tidal
Ausschnitt aus einem Workflow zur Beendigung von geplanten Aufgaben im SAP.
UC4
Beispielablauf zur Erstellung einer virtuellen Maschine aus einem Template. <br /><br /> Man kann die Ähnlichkeit der Vorgehensweise der Lösungen erkennen und sieht auch die Unterschiede in der Darstellung. Jedes der dargestellten Objekte in einem der Workflows beinhaltet mehr oder weniger komplexe Informationen über Schnittstellen, Parameter, Verarbeitung, etc. Ein Objekt kann z.B. dafür stehen aus einem Ticketsystem eine bestimmte Art von offenen Tickets auszulesen und dann das nächste Objekt parametrisiert zu starten.

Mit Hilfe eines umfassenden Managementsystems können Administratoren die virtuellen Maschinen zentral und übersichtlich verwalten. Auf diese Weise wird die Last automatisch intelligent verteilt, sodass die Gesamtkapazität des Data Center reduziert werden kann. Dabei werden auch virtuelle Maschinen über physische Systemgrenzen hinweg verschoben. Erforderlich sind dazu eine einheitliche Bedienoberfläche für virtuelle und physische Systeme, die automatische Bereitstellung kompletter IT-Services und eine selbstständige Anpassung der Klimatisierung. Zudem müssen Automatisierungslösungen die im Unternehmen vorhandenen Technologien so kombinieren und ansteuern, dass sie sich auf die Geschäftsanforderungen des Unternehmens abstimmen lassen und trotzdem in einem vielschichtigen Rechenzentrumsumfeld praxistauglich sind.

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Warum RZ-Automatisierung?

In einem typischen Rechenzentrum verursachen Konfigurations- und Änderungsprozesse über 60 Prozent der Betriebskosten. Entsprechend lohnt es sich, wichtige IT-Prozesse in der physischen und virtuellen Infrastruktur des Rechenzentrums zu konsolidieren und zu automatisieren. Dies reduziert die Fehleranfälligkeit, vereinfacht die Servicekonfiguration und erhöht die IT-Verfügbarkeit. So kann das Unternehmen deutlich flexibler auf neue Geschäftsanforderungen reagieren und Services schneller bereitstellen. Außerdem wird dadurch mehr Zeit für strategische Projekte wie den Aufbau eines eigenen Cloud-Computing-Angebots geschaffen.

Die Möglichkeit, IT-Prozesse systematisch zu überwachen und zu optimieren, sowie die transparente Verwaltung heterogener Systemlandschaften, helfen auch bei der Priorisierung der Kapazitäten. Gleichzeitig können Unternehmen die Kosten für das Rechenzentrum nutzungsabhängig zuweisen. Außerdem fördert eine optimale Auslastung den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen durch geringeren Hardware-Bedarf sowie die Energieeffizienz bei Stromverbrauch und Klimatisierung.

Einsatzbereiche von Automatisierungs-Tools

Die automatische und toolgestützte Ausführung von Betriebsabläufen kommt überall dort zum Einsatz, wo entweder der Betrieb der IT-Infrastruktur komplex ist oder häufig wiederkehrende Aufgaben zu erledigen sind. Dazu gehören zum Beispiel die regelmäßige Behebung bekannter Probleme sowie routinemäßige Prüfungen von Umgebungen, etwa bei der allmorgendlichen Funktionskontrolle. Die manuelle Abarbeitung ist hier nicht nur fehleranfällig, sondern auch zeitaufwändig und kostenintensiv.

Aber auch seltene Ereignisse wie ein kontrolliertes Herunterfahren und Neustarten von Systemen im Katastrophenfall, zu Testzwecken oder bei Stromabschaltungen lassen sich gut automatisieren. IT-Administratoren können so schnell reagieren, ohne lange nach einer selten verwendeten Dokumentation suchen zu müssen. Auch IT-Mitarbeiter im Bereitschaftsdienst, die sonst nicht die erforderliche Autorisierung oder Qualifizierung besitzen, können diese selbstständig durchführen. Gleiches gilt für das Servicedesk, hier lassen sich ebenfalls viele Abläufe automatisieren, wenn diese in einer Wissensdatenbank für bekannte Fehlerfälle hinterlegt sind. Dies erhöht die Service-Qualität und beschleunigt die Behebung von Störungen.

Eine weitere Herausforderung stellt die schnelle Bereitstellung von Systemen und Diensten dar. Sollen diese bereichs- oder datenbankübergreifend verfügbar sein, dauert dies unter Umständen mehrere Wochen. So betrifft die Inbetriebnahme eines Servers in der Regel die Bereiche Netzwerk, Firewall, Betriebssystem- und Applikationsbetreuung sowie Speicherverwaltung. An den Schnittstellen kommt es oft zu Brüchen, so dass hier der Auftrag nicht genau definiert ist. Eine bereichsübergreifende Prozess-Automatisierung löst das Problem.

Einschlägige RZ-Tools werden hauptsächlich zur Abbildung von Prozessen und Arbeitsschritten genutzt, so dass diese automatisiert mit hoher Qualität und Geschwindigkeit durchgeführt werden. Dies geschieht entweder halbautomatisch, mit dem manuellen Start eines definierten Ablaufs, oder vollautomatisch. Die Prozesse werden dann von Fremdsystemen gestartet.

Vorbereitung des Tool-Einsatzes

Im Administrationsalltag ist die erste Stufe der Automatisierung in der Regel die Entwicklung von Skripten. Doch bei manuellen Einzelaktionen gibt es meist keine zentrale Ablage, sie sind selten system- und praktisch nie abteilungsübergreifend. Zudem werden sie kaum protokolliert und dokumentiert oder mit einer Rechtestruktur versehen. Um dieses Vorgehen zu strukturieren, sollten Unternehmen sämtliche Abläufe im Rechenzentrum übersichtlich darstellen, inklusive Dokumentation und geeignetem Rechtekonzept. Anschließend sind mit Hilfe eines effizienten Automatisierungstools regelmäßige Prozesse sowie seltene Aufgaben abzubilden. An dieser Stelle lassen sich auch vollständige Betriebshandbücher direkt im Tool integrieren. Wichtig ist dabei, dass die Prozesse im Vorfeld der Implementierung in einer Automatisierungslösung sauber aufgenommen und gegebenenfalls optimiert sowie dokumentiert werden. Erst diese Vorarbeit erlaubt eine qualitativ hochwertige Umsetzung in einem Tool.

Was Data-Center-Tools leisten

Die verschiedenen Automatisierungslösungen bieten zu rund 90 Prozent identische oder ähnliche Basisfunktionen. Hierzu zählen: eine grafische Oberfläche zur Erstellung und Konfiguration der Workflows, eine übersichtliche Darstellung von Prozessen, den Export von Dokumentationen nach HTML oder PDF, detaillierte Protokollierung, Versionierung von Abläufen, Debuggingfunktionen sowie diverse Schnittstellen. Die Tools können einzelne Abläufe ineinander verschachteln, Variablen verarbeiten, Kommando- oder Datenbank-Abfragerückgaben parsen, Ausgaben erzeugen, den Anwender nach Parametern fragen, Listen abarbeiten, Logik abbilden sowie von einer Umgebung in die andere übertragen. Dabei ist eine gleichzeitige Ausführung von Abläufen möglich. Die Prozesse können auch von Fremdsystemen gesteuert, protokolliert sowie von Nutzern mit niedrigen Berechtigungen ausgeführt oder an andere Nutzer übergeben werden.

Moderne Automatisierungswerkzeuge unterstützen bewährte Steuerungs- und Qualitätssicherungsmethoden wie Information Technology Infrastructure Library (ITIL), Control Objectives for Information and Related Technology (CobiT) und Six Sigma. Sie sorgen für geschlossene Prozesse im gesamten Servicelebenszyklus, warnen rechtzeitig bei Compliance-Verstößen und gewährleisten die Einhaltung von IT- und Geschäftsrichtlinien. Zudem werden Störungen im laufenden Betrieb durch eine konsequente Überwachung aller IT-Prozesse frühzeitig erkannt und die Services mit einer auf die Unternehmensabläufe angepassten Automatisierung schnell wiederhergestellt.

Das richtige Tool finden

Da sich die Lösungen der verschiedenen Anbieter zu einem großen Teil gleichen, sollten Unternehmen weitere Aspekte berücksichtigen, darunter die Bedienbarkeit, die Architektur, die Leistungsfähigkeit bei der Workflow-Erstellung, die einfache Umsetzung von Anforderungen, die Lösungsstrategie und vor allem die bereitgestellten Schnittstellen. Ausschlaggebend sind daneben auch die Analyse von Testfällen sowie eine individuelle Bewertung durch die zuständigen Mitarbeiter.

Viele der gängigen Automatisierungstools wurden ursprünglich von kleinen Softwareherstellern entwickelt und auf den Markt gebracht. Gerade in den vergangenen Jahren haben viele größere Hersteller diese leistungsstarken Lösungen übernommen, da sie die Bedeutung der Automatisierungs- und Orchestrierungslösungen für das Systemmanagement erkannt haben. Die am weitesten verbreiteten Lösungen sind:

Hersteller

Name

Vormals

Attachmate

Aegis

NetIQ

BMC

Atrium Orchestrator

BMC Runbook Automation, vorher Realops

CA Technologies

CA Process Automation

Optimuity

Cisco

Tidal Enterprise Orchestrator

Tidal

EMC

VMware vCenter Orchestrator

Dunes

HP

Operations Orchestration

Opsware

Microsoft

Opalis

Opalis

Symantec

Workflow Solution

Altiris

UC4

Workflow / Decision

Lösungen von Senective & Appworks integriert

Die Tools unterscheiden sich in den folgenden Bereichen:

Kriterien für die Tool-Auswahl

Kernkriterien für die Auswahl der richtigen Automatisierungs-Lösung sind die Leistungsfähigkeit bei der Workflowerstellung, die Architektur sowie Anzahl und Qualität der unterstützten Schnittstellen. Entsprechend müssen IT-Experten die unternehmenseigene Infrastruktur berücksichtigen und die Anforderungen angemessen gewichten. Dabei sollten sie eine klar strukturierte Vorgehensweise wählen sowie im Vorfeld klären, wie gut die bestehenden Prozesse und Arbeitsabläufe dokumentiert sind. Zudem müssen sie bei übergreifenden Prozessabbildungen alle involvierten Abteilungen früh einbeziehen.

Bei der Auswahl sollten IT-Entscheider folgende Einzelschritte gehen und jeweils umfassend dokumentieren:

Die Vorteile dieses strukturierten Vorgehens liegen darin, dass der Entscheidungsweg dokumentiert ist, jederzeit belegt werden kann und durch die Praxistests Stärken und Schwächen der Lösungen optimal aufgezeigt werden. Da es sich bei der Implementierung der Lösungen um nicht unerhebliche Investitionen handelt, ist die sorgfältige Auswahl eines Tools unerlässlich.

Fazit

Automatisierungs-Tools für das Data Center bieten vor allem bei Routineaufgaben oder selten genutzten Prozessen wertvolle Vorteile. Da sie sich in vielen Funktionen ähneln, stellen Bedienung, verfügbare Schnittstellen und einfache Integration in die Unternehmensstruktur die signifikanten Entscheidungskriterien dar. Bei der Auswahl des richtigen Tools stehen auch externe Dienstleister zur Verfügung, die durch eine strukturierte und erprobte Methodik bei der Evaluierung der geeigneten Lösungen unterstützen. (wh)