The Amazon Way on IoT

So entwickeln Sie eine IoT-Strategie

23.02.2017 von Manfred Bremmer und Thor Olavsrud
Der frühere Amazon-Manager und Buchautor John Rossman präsentiert seine Checkliste für die Entwicklung einer IoT-Strategie für Unternehmen.

Das Internet of Things (IoT) stellt möglicherweise die größte Chance für Unternehmen seit dem Beginn des Internet-Zeitalters dar und könnte dieses sogar noch übertreffen. So prognostiziert die Marktforschungsfirma Gartner, dass das Internet of Things bis 2020 fast 20 Milliarden Geräte umfassen und Anbietern von IoT-Produkten und -Services mehr als 300 Milliarden Dollar Umsatz bescheren wird.

Für die Entwicklung einer IoT-Strategie braucht es einen ausgereiften Plan.
Foto: Panchenko Vladimir - shuterstock.com

Um diese Möglichkeiten, sprich die Zusammenführung von Sensoren, Konnektivität, Cloud-Speicher, Datenverarbeitung und -analyse sowie maschinelles Lernen, um Geschäftsmodelle und Prozesse zu verändern, erfolgreich nutzen zu können, braucht es jedoch einen Plan.

"Im Laufe meiner Karriere habe ich Hunderte von Projekte bewertet und geplant", schreibt John Rossman in seinem neuen Buch "The Amazon Way on IoT: 10 Principles for Every Leader from the World's Leading Internet of Things Strategies" (ISBN: 978-0692739006). "Dabei habe ich gelernt, dass man, bevor man anfängt, Antworten zu suchen, unbedingt die Fragen verstehen muss", erklärt der frühere Amazon-Manager, der vier Jahre mit dem Planen und Führen von Amazons Marketplace-Geschäft (über das mehr als 50 Prozent aller Waren auf Amazon verkauft werden) verbracht hat. "Um ein Team in einem komplexen Projekt zu einem erfolgreichen Ergebnis zu führen, braucht man ein Verständnis von den Schritten und erreichbaren Ergebnissen, den notwendigen Ressourcen und Rollen sowie von jedem inhärenten Risiko und jeder Abhängigkeit."

Bevor Sie also bei Ihrem IoT-Projekt mit dem Hard- und Softwaredesign starten und sich darüber Gedanken machen, wie Sie die Entwickler einsetzen, so Rossman, müssen Sie mit einem besseren Set an Fragen starten.

Rossman zufolge gibt es drei Schlüsselphasen beim Aufbau einer erfolgreichen IoT-Strategie. Wenngleich er die Schritte sequenziell vorstellt, weist er darauf hin, dass viele Schritte in der Praxis tatsächlich gleichzeitig genommen werden und in vielfältiger Weise angegangen werden können.

Teil 1: Entwickeln und artikulieren Sie Ihre Strategie

Zuallererst, erklärt Rossman, müssen Sie Ihre Optionen einschränken und priorisieren. IoT bietet eine breite Palette an Möglichkeiten. Der Erfolg hängt davon ab, ob Sie Ihren Markt verstehen, die Chancen mit Bedacht bewerten und an der richtigen Stelle angreifen.

Analyse der Wettbewerbslandschaft

Alles beginnt mit einer Analyse der Wettbewerbslandschaft. Sie müssen Ihre Branche und Ihre Wettbewerber durch und durch verstehen - Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken (SWOT-Analyse). Dies wird Ihnen helfen, die Megatrends und treibenden Kräfte in Ihrem Markt zu erkennen. "Die Erstellung einer Analyse der Wettbewerbslandschaft und der Wertschöpfungskette in Ihrer Branche ist eine sehr wichtige Sache", erklärt Rossman gegenüber CIO.com. "Sie müssen den Markt studieren: Was sagt man über IoT in Ihrer Branche? Und wirklich in Erfahrung bringen, was Ihre schlimmsten Kundenmomente sind: Wo werden die Kunden enttäuscht? Welche Daten oder welches Ereignis verbessert die Kundenerfahrung? Wo besteht die Möglichkeit, mit Sensoren oder IoT diese Daten bereitzustellen?

Analyse der Wertschöpfungskette und des Profit-Pools

Der nächste Schritt ist es laut Rossman, zu Ihrer Branche eine Analyse der Wertschöpfungskette und des Profitpools vorzunehmen. Sie sollten dabei aber einen Tunnelblick vermeiden und auch auf Möglichkeiten links und rechts von Ihrem aktuellen Geschäft schauen. In einigen Fällen wird es dazu nötig sein, ein Geschäft in einem Teil der Wertschöpfungskette anzufangen, um so einen Blick auf die übrige Wertschöpfungskette zu werfen und andere Geschäftsmöglichkeiten zu erkennen.

Partner-, Wettbewerbs- und Lieferantenanalyse

Erstellen Sie eine Karte der anderen Lösungsanbieter in Ihrem Geschäftsfeld, um ein klares Verständnis dafür zu entwickeln, was genau jeder tut, wer ihre Hauptkunden sind und wie ihre IoT-Use-Cases aussehen. Rossman empfiehlt, dazu sogar einige von ihnen zu interviewen. Nutzen Sie diesen Prozess, um die Bedürfnisse der Kunden zu erkennen, die intelligente Art und Weise, wie diese bereits erfüllt werden und wo es Lücken gibt.

Kundenbedürfnisse

Der nächste Schritt ist es, diese speziellen unbefriedigten Kundenbedürfnisse zu dokumentieren und die wichtigsten Reibungspunkte zu identifizieren, die Ihre zukünftigen Kunden derzeit erfahren, erklärt der Buchautor. "Wenn Sie dabei den Weg vom Anfang bis hin zu dem erwünschten Ergebnis verfolgen, hilft das Ihnen dabei, Details und Prioritäten zu identifizieren, die ansonsten stark überbewertet oder komplett übersprungen werden könnten."

Allerdings ist die Erstellung überzeugender Kundenprofile und Customer Journeys harte Arbeit, warnt Rossman, und Sie müssen möglicherweise mehrmals von vorne anfangen, um sie richtig hinzukriegen. "Der größte Fehler, den Sie dabei machen können, ist, sie nur zum Vorzeigen zu erstellen und nicht als Arbeitsgrundlage", schreibt er. "Machen Sie sich bis zur Fertigstellung (wenn überhaupt) keine Sorgen über die Schönheit der Ergebnisse. Sorgen Sie sich lieber darüber, wie Sie an die erforderlichen Erkenntnisse kommen, etwa indem Sie mit Kunden sprechen und Ihre Ergebnisse zusammen mit anderen bewerten, die Ihnen weitere Einblicke für Ihre Arbeit bringen und auf Herausforderungen hinweisen können."

Evaluierungsrahmen und Bewertung

Entwerfen Sie Wege, um den Erfolg Ihrer Bemühungen zu bewerten. "Dazu gehört auch das Verständnis der Machbarkeit und der Übergangspunkte eines Projekts und wie es in andere Unternehmensstrategien in Ihrem Unternehmen integriert wird", schreibt Rossman. "Manchmal, vor allem, wenn Ihre Organisation auf dem Gebiet Connected Devices noch neu ist, sollte der Erfolg Ihres Projekts eher in Hinblick auf das gemessen werden, was Sie daraus lernen können, und nicht, ob es klassisch als ein Erfolg gesehen werden kann." Der ehemalige Amazon-Manager hält es auch für legitim, einige frühe IoT-Initiativen ausschließlich deshalb zu starten, um Erfahrung zu sammeln - ohne Erwartung auf einen Return on Invest (ROI).

Die Strategie artikulieren

Sobald Sie alle diese Analysen erstellt haben, müssen Sie Ihre Erkenntnisse mit dem Rest des Teams teilen. Er habe die meisten Erfolge dabei gehabt, diese zu vermitteln, indem er ein Schwungradmodell von Geschäftssystemen zeichnete und daraus ein Geschäftsmodell entwickelte, erklärt Rossman.

Teil 2: Erstellen Sie Ihre IoT-Roadmap

Haben Sie Ihre großartige Geschäftsidee erklärt und überzeugend vermittelt, warum Ihre Organisation sie aufgreifen sollte, benötigen Sie eine IoT-Roadmap. Diese hilft Ihnen zu planen und Anderen mitzuteilen, wo die Reise hingeht, was gebaut wird und wie es funktionieren wird. "Greifen Sie beim Erstellen Ihrer Roadmap eine der beliebtesten Strategien von Amazon auf: Denken Sie groß, aber wetten Sie mit niedrigem Einsatz", empfiehlt Rossman.

Mit anderen Worten: Sie brauchen eine große Vision, aber Sie wollen nicht "viel Einsatz wagen". Machen Sie kleine Wetten, um zu testen, ob Sie richtig liegen. Das kann die Erstellung eines Prototyps, eines Minimum Viable Product (MVP) oder die gemeinsame Entwicklung eines Projekts mit bestehenden Kunden und Partnern sein.

Rossman schlägt vier Methoden vor, die Ihnen helfen können, Ihre Roadmap zu artikulieren:

Teil 3: Identifizieren und ordnen Sie Ihre IoT-Anforderungen

Der letzte Schritt besteht darin, dass Sie Ihre IoT-Anforderungen identifizieren und abbilden - also die technischen Erfordernisse skizzieren, um Ihre Lösung erfolgreich umzusetzen. "Unternehmen verwenden viele verschiedene Ansätze, wie Use Cases, die Anforderungen des Anwenders, Prozessabläufe, Rollen, Spezifikationen der Architektur etc. um ihre Vorgaben zu dokumentieren", schreibt Rossman. Unabhängig davon, welche Anforderungsmethodik Sie wählen, so der Buchautor, ist es wichtig, die Fragen rund um Erkenntnisse (Daten und Ereignisse), Analysen und Empfehlungen, Leistung, Umweltbedingungen und Betriebskosten zu beantworten. Zum Thema "Erkenntnisse" beispielsweise sollte man auf Fragen wie diese eingehen:

Zu Analysen und Empfehlungen könnten folgende Fragen gestellt werden:

Fragen zur Performance könnten folgende Punkte enthalten:

Mögliche Fragen zu den Anforderungen, die Umwelt und Betrieb betreffen:

Fragen zu den Kosten könnten folgendermaßen lauten:

"Denken Sie beim Erstellen Ihre Pläne daran, dass IoT zwar die wichtigsten Stücke zu einem Puzzle liefern kann, es ist aber nicht das goldene Ticket", schreibt Rossman. "Einfach nur eine IoT-Lösung zu erstellen, bringen Ihnen keinen Erfolg. Wenn Sie sich jedoch darauf konzentrieren, Ihren Kunden durch neue oder aktualisierte Produkte oder Services einen großen Mehrwert zu bieten, die Geschäftsprozesse Ihres Unternehmens zu verbessern, oder neue beziehungsweise effizientere Geschäftsmodelle zu kreieren, werden Sie viel wahrscheinlicher erfolgreich sein."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der US-Schwesterpublikation CIO.com.

IoT-Studie 2016
Key Findings
Die COMPUTERWOCHE-Studie "Internet of Things 2016" finden Sie in unserem Shop neben anderen Studien der IDG Research Services als PDF-Download.
Bedeutung von IoT
Derzeit bewerten nur 45 Prozent der Unternehmen die Relevanz des IoT als sehr hoch oder hoch, 28 Prozent als eher niedrig oder niedrig. Ganz anders sehen die Werte für die Zukunft aus. 72 Prozent der Unternehmen glauben, dass IoT innerhalb der nächsten drei Jahre für sie wichtig oder sehr wichtig wird. Nur noch sieben Prozent der Firmen stufen die künftige Bedeutung des IoT als eher niedrig oder niedrig ein.
IoT in der Praxis
Bis dato haben insgesamt nur rund 15 Prozent der befragten Unternehmen bereits IoT-Projekte produktiv umgesetzt oder zumindest abgeschlossen. Immerhin ein Fünftel der Firmen will in den nächsten 12 Monaten oder mittelfristig erste IoT-Projekte realisieren, 12 Prozent erarbeiten derzeit eine IoT-Strategie.
IoT ist noch kein Thema, weil...
Wesentliche Gründe für die (noch) abwartende Haltung vieler Firmen sind andere Prioritäten, mangelnde Relevanz oder ein fehlendes Geschäftsmodell. Auch fehlendes Know-how bei den Mitarbeitern oder zu hohe Kosten spielen eine Rolle.
Auswirkungen (1/3)
Fast 60 Prozent der Unternehmen sehen IoT als große Chance. Gleichzeitig verkennen fast 45 Prozent das disruptive Potenzial des IoT, wenn sie glauben, sie sein gut genug für die Herausforderungen positioniert.
Auswirkungen (2/3)
Zumindest 39 Prozent der befragten Entscheider glauben, dass IoT ihre Unternehmen sehr verändern wird. Ein Drittel der Firmen befürchtet, dass sie von Start-Ups mit IoT-Technik überholt oder grundsätzlich von der Entwicklung überrollt werden, wenn sie sich nicht auf das IoT einstellen.
Auswirkungen (3/3)
Knapp 20 Prozent glauben immer noch, dass das Thema IoT für ihr Unternehmen nicht relevant sei.
Was ist IoT?
Die meisten bisherigen Projekte fallen unter die Kategorie Industrie 4.0 mit Themen wie Vernetzte Produktion, Smart Supply Chain und Predictive Maintenance, gefolgt von den Schwerpunkten Smart Connected Products.
Der Nutzen von IoT
Durch die Vernetzung aller Prozessketten, der Erschließung neuer Geschäftsmodelle sowie Kostensenkungen erwarten die Unternehmen als positive Effekte durch IoT.
IoT-Projekte in der Praxis
Neben Kategorien wie Connected Industry und Smart Connected Products gewinnen künftig auch IoT-Projekte aus den Bereichen Gebäudemanagement (Smart Building) und Vernetzte Gesundheit (Connected Health) an Bedeutung.
IoT-Technologien
Als Enabling Technologies für IoT sehen die Entscheider vor allem Cloud Computing und Netz-Technologien wie 5G, Narrowband IoT etc.
IoT-Herausforderungen
Die meisten Unternehmen geben grundsätzliche Sicherheitsbedenken als größte Hürde für IoT-Projekte an, da sie das Internet of Things als neues Einfallstor für Angriffe sehen.
Herausforderungen beim ersten Projekt
Für 57 Prozent der Firmen stellte Security tatsächlich die größte Herausforderung bei ihrem ersten IoT-Projekt dar. Fast die Hälfte der Firmen hatte beim ersten Projekt Probleme mit der Integration von IoT-Devices wie Sensoren und Aktoren in die eigene IT-Infrastruktur.
Hemmnisse bei Projekten
Aber auch in der Komplexität sowie im Know-how der Mitarbeiter sehen zahlreiche Unternehmen Hemmnisse.
Do-it-yourself oder Partner?
Bei der Umsetzung der IoT-Projekte sind die Optionen gleich verteilt. 51 Prozent der Firmen haben ihre IoT-Lösung eigenständig entwickelt, 49 Prozent gemeinsam mit externen Partnern.
In- und Outsourcing
n jeweils knapp einem Drittel der Unternehmen ging die Initiative für das erste IoT-Projekt entweder vom CIO und der IT-Abteilung oder von der Geschäftsführung aus, letzteres vor allem bei den kleinen Unternehmen. In elf Prozent der Firmen war ein eigenes IoT-Team die treibende Kraft für die ersten IoT-Aktivitäten, etwas seltener der CTO oder Fachabteilungen wie Vertrieb, Entwicklung oder Produktion
Wahl des IoT-Partners
Bei der Wahl eines IoT-Anbieters legen die Unternehmen vor allem Wert auf technisches Know-how, Vertrauen in den Anbieter sowie Branchenkompetenz. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis steht hinter Prozess-Know-how überraschend nur an fünfter Stelle im Anforderungskatalog.
Den IoT-Erfolg messen
Ein Viertel der Unternehmen konnte bislang noch keinen Mehrwert wie höhere Effizienz, niedrigere Kosten oder höhere Umsätze feststellen. In zwei Prozent der Unternehmen sind die IoT-Projekte gescheitert. Erstaunlicherweise gibt es in fast einem Fünftel der Unternehmen überhaupt keine Erfolgsmessung.