Workaholic

So bekommen Arbeitssüchtige ihr Leben wieder in den Griff

14.04.2024 von Stefan Häseli
Wenn die Arbeit zur Sucht wird, können schnell Beruf und Familie darunter leiden. Hier lesen Sie, wer gefährdet ist und wie Workaholics Arbeit und Privatleben wieder in Einklang bringen können.

Arbeit ist etwas Positives - viel arbeiten ist in unseren Zivilisationsgraden ebenfalls und größtenteils positiv besetzt. Gleichwohl gibt es Menschen, die dabei ein eigentliches Suchtverhalten zeigen und in der damit verbundenen Schlaufe gefangen sind. Diese Menschen sehen in der Arbeit ihr ganzes Selbstwertgefühl, sind dadurch nicht mehr in der Lage, sich von ihr abzugrenzen. Sie arbeiten zwanghaft und leben einem möglichst ausgeprägten Perfektionismus nach.

Arbeitssucht kennt keine Grenze mehr zwischen Job und Entspannung. Der Mensch ist getrieben von Erfolgszwang - bis zur Erschöpfung.
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So brechen allmählich soziale Kontakte ab und der Zwang, sich über die Arbeit zu definieren, steigt weiter. Die Spirale ist in Gang und wie bei jeder Sucht muss für die Befriedigung die Dosis ständig erhöht werden. Das kann schlussendlich in Krankheit münden. Ganz grob wird festgehalten, dass permanente Wochenarbeitszeiten über 50 Stunden darauf hinweisen, dass eine Gefahr von Workaholismus besteht.

Ursachen für Arbeitssucht

Die Ursache für Arbeitssucht ist oft ein positiver Kern. Denn davon betroffen sind vor allem engagierte Führungskräfte und Selbstständige. Sie legen sich derart ins Zeug und erleben eine hohe Befriedigung. Sofern das vorübergehende Phasen sind und die Betroffenen auch einen entsprechenden Ausgleich finden, ist das nicht nur normal, sondern hat viele positive Seiten.

Die tiefere Ursache für Arbeitssucht liegt dann vor, wenn dieses hohe Engagement eng mit dem persönlichen Wertesystem des Selbstwertgefühls verknüpft ist. Meist sind Menschen betroffen, die ihren eigenen Wert an die Arbeitsleistung koppeln. Daraus entsteht der Perfektionismus, der als eigentliche Ursache für die Arbeitssucht gilt.

Aus dem Zwang, alles perfekt zu machen, um als Mensch sich selbst und vermeintlich anderen gegenüber wertvoll zu erscheinen, geht die Fähigkeit in der Arbeit verloren, Wesentliches vom Unwesentlichen zu trennen. Es ist nicht mehr möglich, alles in der ‚normalen’ Zeit zu erledigen. In der Folge sind Sonderschichten in der Nacht dann dafür da, das auszugleichen.

An diesen Symptomen erkennen Sie die Arbeitssucht

• Sie denken immer mehr auch ausserhalb der Arbeitszeit an Ihre Arbeit.

• Sie überlegen sich, wo Sie noch mehr Zeit für Ihre Arbeit ‚beschaffen’ oder ‚herholen’ können und opfern dafür die Zeit für Freizeit, Hobby und soziale Kontakte.

• Sie entwickeln einen hohen Grad an Perfektionismus und verlieren die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen. Alles in der Arbeit ist wichtig.

• Sie spüren, dass Sie im Grunde zu viel arbeiten und machen eine saubere Planung. Sie stellen aber fest, dass Sie tatsächlich immer mehr Zeit mit Arbeiten verbringen, als Sie sich selber vorgenommen haben.

• Sie sind Perfektionist und haben das Gefühl für Prioritäten verloren. Aus Zeitgründen schieben Sie übergeordnete Aufgaben vor sich her.

• Sie vergessen Termine und können sich das nicht erklären.

• Sie ärgern sich darüber, dass Sie Schuldgefühle oder erste Anzeichen von Depression erfahren.

• Sie entwickeln körperliche Entzugssymptome, wenn Sie sich nicht der Arbeit widmen können (WLAN-freie Zonen, Krankheit, Urlaub mit der Familie usw.).

9 Tipps gegen Stress
Treiben Sie Sport ...
... und ziehen Sie Yoga und weitere Meditationsübungen in Betracht. Diese Übungen sind die besten Mittel gegen Stress und tragen dazu bei, Stressgefühle abzubauen. Ganz abgesehen vom gesundheitlichen Nutzen dienen die Trainings auch dazu, den Stress besser zu managen.
Lernen Sie gut zu atmen
Obwohl wir natürlich seit unserer Geburt atmen, wissen die meisten von uns nicht, wie man richtig atmet. Viele atmen in einer oberflächlichen Art und Weise - besonders in stressbetonten oder unruhigen Zeiten. Tiefes Atmen durch den Bauch kann zur inneren Ruhe beitragen. Und es hilft, in unbequemen und angespannten Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren.
Bringen Sie ihre Mitarbeiter an einen Tisch, um über jetzige schwere Zeiten zu sprechen
Wer sich die Zeit nimmt um darüber zu sprechen, wie die vielen Veränderungen und Schwierigkeiten am Arbeitsplatz die einzelnen Mitarbeiter bewegen, kann die Arbeitsmoral heben. Es ist ein Fehler zu glauben, Menschen seien nicht verängstigt und besorgt und der Arbeitsplatz sei davon nicht betroffen.
Fordern Sie zu positiven, lösungs-orientierten Antworten auf
Die Zeiten sind angespannt und schwierige Veränderungen in Organisationen sind die Regel. Daher sind Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und Offenheit so wichtig. Heute ist es mehr als je zuvor entscheidend, eine positive Einstellung in der Belegschaft auszulösen. Stellen Sie Fragen, die zu Lösungen ermuntern wie "Was läuft heute gut, was sind unsere Stärken, wie möchten wir, dass dieses Unternehmen aussieht?"
Seien Sie mit den Gedanken und mit dem Herzen bei der Sache.
Leute arbeiten intensiver für das, woran sie glauben und was sie zur Schaffung beigetragen haben. Das ist ein entscheidender Punkt, der während einer tiefgreifenden Umgestaltung am Arbeitsplatz geprüft werden muss. Was das mögliche Ausmaß des Arbeitsplatz-Wandels betrifft, sollten Mitarbeiter frühzeitig in die Entwicklung einbezogen werden.
Lernen Sie Ihre eigenen Gefühle zu erkennen
Bücher, Gruppen, Familie und enge Freunde sowie Trainer können wichtige Quellen sein, um sich den eigenen Gefühlen bewusster zu werden. Auch kann man dadurch leichter lernen, mit diesen Gefühlen umzugehen, um sich über sein Verhalten im Klaren zu werden. Besonders sollte man darauf achten, wie man andere Menschen anspricht.
Geben Sie als Führungskraft ein gutes Beispiel
Was man tut oder lässt, hat direkten Einfluss darauf, was Mitarbeiter glauben, was akzeptabel ist. Seien Sie ein überzeugendes Beispiel dafür, dass ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben von Bedeutung ist. Essen Sie mit anderen zu Mittag und motivieren Sie Kollegen dazu mitzukommen. Auch Spaß und Lachen am Arbeitsplatz sind erwünscht, da dies Stress reduzierende Faktoren sind.
Nehmen Sie sich Zeit für gute Nachrichten
Wer sich immer nur auf das Negative konzentriert, tut weder seiner Gesundheit noch seiner Denkweise einen Gefallen. Und seien wir ehrlich: Der Anteil an positiven und erbaulichen Geschichten in den Nachrichten fällt eindeutig spärlich aus. Es ist extrem wichtig, sich so gut wie möglich von jeglichem Trübsal abzukapseln und wieder mit Leuten Kontakt aufnehmen bzw. Dinge zu tun, die Spaß machen.
Halten Sie sich von überflüssigen Dingen frei
Konzentrieren Sie sich auf den Kern Ihrer Arbeit. Jetzt ist Zeit, mit den Mitarbeitern Prioritäten zu setzen und sich darüber Gedanken zu machen, welche Projekte einen perfekten Lösungsansatz erfordern. Nicht jedes Projekt kann an oberster Stelle stehen. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten sind Brainstorming-Sitzungen wichtiger denn je.

Erkennen Sie, dass Sie gefährdet sind

Seien Sie ganz ehrlich mit sich selbst, wenn sich erste Symptome regelmässig zeigen. Es ist ein Unterschied, ob Sie in einem Projekt für vier Wochen fast rund um die Uhr arbeiten, oder ob Sie über einen Zeitraum von mehreren Monaten und/oder Jahren die entsprechenden Symptome mehr oder weniger ständig wahrnehmen.

Beginnen Sie mit einer verbindlichen Arbeitsplanung für sich selbst

• Weihen Sie Freunde und Familie ein und erlauben Sie ihnen, Sie explizit darauf anzusprechen, wenn Sie zu viel arbeiten.

• Seien Sie sehr rigide mit Freizeitterminen. Das heißt: Nehmen Sie den Fußballabend mit Ihren Freunden und die Geburtstagsfeier Ihres 5-Jährigen genau so pflichtbewusst wahr, wie Ihre Geschäftstermine.

• Schalten Sie mobile Geräte am Abend aus und schaffen Sie sich Zeitinseln, an denen Sie nicht arbeiten können.

Arbeit an sich selbst

• Lernen Sie, Vertrauen zu anderen zu haben. Das schafft die Möglichkeit, Aufgaben zu delegieren.

• Das Wichtigste: Lernen Sie, Ihr Selbstwertgefühl nicht ausschließlich von der Arbeit abhängig zu machen.

Sofern Sie glauben, dass viele Punkte in diesem Artikel auch auf Ihr Leben zutreffen, sollten Sie vor allem auch die Unterstützung eines Arztes oder Psychologen in Anspruch nehmen.