Bernd Rattey

So arbeitet der DB-Fernverkehr-CIO mit dem Vorstand zusammen

26.02.2021 von Jens Dose
Das Standing der IT verbessern und Digitalisierung gemeinsam mit dem Vorstand vorantreiben: Wie Bernd Rattey das bei der DB Fernverkehr AG geschafft hat, berichtet der CIO auf den Hamburger IT-Strategietagen.
CIO Bernd Rattey spricht auf den Hamburger IT-Strategietagen darüber, wie er den Vorstand der DB Fernverkehr AG für IT-Projekte und Digitalisierung begeisterte.

"Als ich 2016 meine Stelle bei der Bahn antrat, hatte die IT einen schwierigen Stand," erinnert sich Bernd Rattey, CIO der DB Fernverkehr AG. Mitarbeiter anderer Abteilungen nahmen sie als fünftes Rad am Wagen wahr. Die IT selbst fühlte sich nicht wertgeschätzt: Der Vorstand wüsste nicht, was sie leisten könnten. Das wollte der IT-Chef ändern.

Der CIO muss einbezogen werden

Zwar existierte ein IT-Management-Gremium, das wurde aber hauptsächlich genutzt, um IT-Themen zu kommunizieren. Anstelle der Verantwortlichen nahmen deren Stellvertreter daran teil. So verlor das Gremium an Relevanz. Teilweise standen IT-Themen in Vorstandssitzungen zur Diskussion, von denen der IT-Chef zuvor noch nichts gehört hatte. Wichtige Entscheidungen wurden also außerhalb des CIO-Bereichs getroffen.

Als ersten Schritt veranlasste Rattey, dass er bei jedem IT-Thema auf der Agenda mit eingebunden wurde. So erfuhr die IT früher von anstehenden Entscheidungen und war von Anfang an eingebunden.

Die zweite Maßnahme war die Initiative "Idea2Project". Ähnlich einer Sprechstunde beim Arzt können Business-Verantwortliche ohne vorherige Vereinbarung zur IT kommen und ein Problem schildern. Anschließend wird gemeinsam überlegt, ob es dafür bereits eine IT-Lösung gibt. Ist keine vorhanden, diskutieren die Parteien, ob eine gekauft oder selbst entwickelt werden kann.

"Durch diesen Feldversuch haben wir in kürzester Zeit 160 Themen aus dem Business ohne etablierte Lösungen identifiziert," sagt Rattey. Die Zusammenarbeit brachte die Geschäftsbereiche und die IT näher zusammen. Zudem gewann der CIO Einblicke, wie die Fachabteilungen arbeiten.

Drei Säulen der CIO-Organisation

Um die IT zu einem kompetenten Partner im Unternehmen zu machen, arbeitete das Team um Rattey ein Leitbild der CIO-Organisation aus. Innerhalb von sechs Wochen wurden drei Kernbereiche definiert:

  1. Operative IT-Exzellenz: Dies ist das wichtigste Thema, ohne das der Rest nicht funktioniert. Dabei geht es um IT-Management auf dem Niveau von Industriestandards. Interne und externe IT-Partner gilt es professionell zu steuern. Benötigte Plattformen und Services müssen aktiv bereitgestellt werden.

  2. Business-IT-Fusion: In diesem Punkt geht es um Kundenorientierung. Die IT soll in fachlichen Domänen denken, um besser mit den Fachabteilungen zusammenzuarbeiten. Es gilt, für dezentral verantwortete IT zentrale Steuerungsfunktionen zu definieren. Standardisierte IT-Systeme sollen dabei unterstützen, Geschäftsprozesse zu vereinheitlichen.

  3. Motor der Digitalisierung: Um Innovation im Unternehmen voranzutreiben, treibt die IT die Wertschöpfung aus Daten voran. Sie unterstützt Digitalisierungsideen, erkennt innovative Technologien und macht sie konzernweit nutzbar.

Bernd Rattey sorgte dafür, im Vorstand ein Verständnis zu entwickeln, was professionelles IT-Management bedeutet.

Diese Grundsätze stimmte Rattey mit jedem Vorstand ab. Sie definieren das neue Aufgabengebiet der IT und die Stellenbeschreibung des CIO.

Das Leitbild und die Erfahrungen der "Idea2Project"-Initiative gaben das Ziel vor, wie die IT zukünftig arbeiten wollte. Um das in die Tat umzusetzen fehlten allerdings Personal und Ressourcen. Das Budget dafür fand Rattey in den bestehenden Kosten: "Über eine Recherche in unserem SAP-System fand ich heraus, dass wir viel Geld für Berater ausgeben," so der CIO. Die Hälfte davon sollte in den Aufbau der IT-Organisation fließen – mit dem Versprechen, dass die IT damit besser arbeiten werde.

Die Fachbereichsleiter überzeugte Rattey in zwei Workshops von dem Vorhaben. Zudem sicherte er sich den Rückhalt des Vorstands. Um zu verhindern, dass die Abteilungen weiterhin selbstständig Geld für Berater ausgeben, wurde das IT-Budget zentralisiert.

Der CIO als Coach

Für den Vorstand der DB Fernverkehr AG sei Digitalisierung ein zentrales Thema, so Rattey. Es fehlte aber an dem nötigen Know-how. Also suchte das Board nach einem Coach, der ihnen vermittelt, wie IT dazu beiträgt. Der CIO bot sich selbst an: "Ich bin ja bereits da und verstehe, was wir in der IT tun," berichtet der Manager. Zudem galt es, im Vorstand ein Verständnis zu entwickeln, was professionelles IT-Management bedeutet.

Diese beiden Punkte bündelte der IT-Chef in einem Termin. Einmal im Monat trifft sich der Vorstand mit dem CIO für drei Stunden. In diesem "Digital Management Board" gehe es zwar auch um Wirkmechanismen und Budgets der IT, aber vorranging sei die Struktur der Digitalisierung des Unternehmens.

IT-Vollmacht und Vorstandsveto

Das Board fungiert als Entscheidungsgremium für IT- und Digitalisierungsprojekte. Es treibt die digitale Roadmap voran und stellt die strategische Ausrichtung sicher. Der CIO erhält eine bereichsübergreifende Sicht, die ihm als zentrale IT-Instanz bei der Steuerung unterstützt.

Die Top-CIOs der Transportbranche
Bernd Rattey
Als Nachfolger von Christa Koenen übernahm Bernd Rattey Mitte November 2021 die Position des Konzern-CIO der Deutschen Bahn.
Christa Koenen
Seit 1. September 2021 ist die ehemalige Bahn-CIO Christa Koenen Digitalvorständin von DB Schenker. Sie ist Nachfolgerin von CIDO Markus Sontheimer.
Thomas Rückert
Seit Anfang 2021 ist Thomas Rückert für die IT Lufthansa Group verantwortlich. Er soll unter anderem die Airlines des Konzerns dabei unterstützen, kundenzentriert zu werden.
Dominik Fürste
Dominik Fürste (35) ist seit August 2017 CIO beim Europäischen Eisenbahnlogistikunternehmen TX Logistik AG. Als Mitglied der Vorstandssitzung verantwortet er die Transformation der TX zu einer digitalen Güterbahn. Dabei setzt er auf die gleichzeitige Betrachtung von Geschäftsprozessen und modernen IT Lösungen. Für die ganzheitliche Umsetzung der Transformation hat er ein agiles Portfolio- und Deliverymanagement auf Basis des Scaled Agile Framework etabliert. Fürste kam von der DB Cargo AG, wo er unter anderem die Sanierung der französischen Tochtergesellschaft begleitete und ein IT-Projekt des DB Konzerns zur Einführung eines Kapazitätsmanagementsystems für das Transportnetzwerk verantwortete.
Sabina Kusmin-Tyburski
Zum 1. Februar 2024 übernimmt Sabina Kusmin-Tyburski den CIO-Posten bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG).
Markus Sandbrink
Ende 2022 hat Markus Sandbrink, seit 2020 Leiter der Corporate IT der Rhenus-Gruppe, zusätzlich den CIO-Posten und damit die gruppenweite IT-Leitung des Logistikkonzerns übernommen.
Ralf Morawietz
Das Logistikspezialist Dachser hat mit Ralf Morawietz seit dem 1. Januar 2023 einen neuen IT-Leiter an Bord. Er folgt auf Stefan Selbach, der in Altersteilzeit ging.
Wolfgang Standhaft
Wolfgang Standhaft ist seit Januar 2019 CIO beim Flughafenbetreiber Fraport in Frankfurt/Main. Von 2006 bis Ende 2017 hat er für den Baustoffkonzern HeidelbergCement AG als CIO und Group Director Information Technology gearbeitet. Von 1998 bis 2005 war Standhaft Leiter Betriebswirtschaftliche Systeme Europa der Rewe KGaA, von 1995 bis 1998 arbeitete er als Berater bei der SAP AG.
Jasmin Kaiser
Seit Anfang Mai 2023 leitet Jasmin Kaiser die IT der Lufthansa Cargo. Sie kommt von der Lufthansa Group.
Isabelle Droll
Isabelle Droll ist CIO der TUI Airline. Seit Oktober 2021 ist sie zudem Group IT Director TUI Musement, Corporate und Sustainability.
Hugo Pluess
Hugo Pluess ist seit August 2019 CIO der Spedition Imperial Logistics International. Pluess ist damit für die gesamte IT-Landschaft aller Aktivitäten von Imperial Logistics International verantwortlich. Er war zuletzt Executive Vice President Global IT Infrastructure bei CEVA Logistics in der Schweiz.
Werner Toennessen
Als Geschäftsbereichsleiter IT ist Werner Toennessen der Chef über die Systemwelten der DER Touristik. Toennessen verantwortete als Bereichsleiter bereits seit 2010 die IT der DER Touristik Köln mit ihren Pauschalreiseveranstaltern ITS, Jahn Reisen und Tjaereborg. Er gilt als profunder Kenner der IT der touristischen Unternehmen des zweitgrößten deutschen Reiseveranstalters. Toennessen startete seine IT-Laufbahn 1987 in der EDV bei Meier’s Weltreisen.
Ralf Gernhold
Seit Oktober 2018 ist der Ex-Miles & More-CIO Ralf Gernhold technischer Programmleiter Vendo bei der DB Vertrieb GmbH. Vendo beschäftigt sich mit der Digitalisierung des Vertriebs und gehört zu den strategischen Projekten des Personenverkehrs der Deutschen Bahn.
Donya-Florence Amer
Donya-Florence Amer ist CIO und CHRO und die erste Frau im Vorstand von Hapag-Lloyd. Sie übernahm den Posten zum 1. Februar 2022. Amer folgte auf Martin Gnass.
Dirk Tietz
Die DER Touristik hat ihr Führungsteam um die neue Funktion des Chief Transformation Officer (CTO) erweitert. Dirk Tietz (40) ist seit Juli 2015 auch Mitglied des Executive Boards. Er trägt damit die Gesamtverantwortung für die Digitalisierung und für die Verzahnung der Einzelunternehmen.
Petra Clemens
Seit Februar 2022 ist Petra Clemens für die IT-Transformation beim Eisenbahn-Logistiker VTG zuständig. Sie bringt fundierte Expertise auch in Sachen Change Management mit.
Oliver Wittmaier
Oliver Wittmaier folgt auf Claudia Plattner, die bei der EZB eingestiegen ist. Er konzentriert sich auf skalierende Plattformen und Datenverfügbarkeit.
Arlene Bühler
DB Cargo hat mit Arlene Bühler eine neue Digitalisierungschefin. Anfang November 2021 übernahm Bühler die Funktion mit dem Titel IT and Digitalization, CIO/CDO. Der Logistik-Konzern hat diese Position neu geschaffen, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten.
Dorothea Brons
Seit Januar 2022 leitet Dorothea Brons als CIO die IT-Geschicke am Hamburg Airport. Sie ist zugleich Geschäftsführerin der IT-Tochter AIRSYS.
Frank Winkenwerder
Frank Winkenwerder ist seit Mitte Dezember 2014 Leiter des Zentralbereichs Informationssysteme der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Er war davor Leiter der Containerinformationssysteme bei HHCT, verantwortlich für die strategische Gestaltung der IT-Landschaft für das Segment Container. Von 1987 bis 2006 arbeitete Winkenwerder bei einem System- und Softwarehaus, seit 1999 als verantwortlicher Projektbereichsleiter für die Logistikbranche.
Michael Lütjann
Die Nagel-Group ernannte zum 1. Oktober 2019 Michael Lütjann zum Chief Information Officer (CIO). Er berichtet an den CEO der Nagel-Group Carsten Taucke. Zuletzt war Lütjann vier Jahre lang CIO bei Imperial Logistics International. Davor hat der 50-jährige fünf Jahre als Senior Vice President IT Management Logistics bei Schenker die globale IT Organisation verantwortet. Im Lauf seiner Karriere hat er zudem mehr als zwölf Jahre lang die IT der Fiege Gruppe in diversen Verantwortungsbereichen geprägt, zuletzt als CIO.
Bernhard Götze
Bernhard Götze ist seit Februar 2022 Vice President IT beim Kreuzfahrtanbieter AIDA Cruises in Rostock, der deutschen Niederlassung von Costa Crociere S.p.A.
Martin Kolbe
Martin Kolbe übernahm im November 2005 die CIO-Position beim Schweizer Logistikkonzern Kühne + Nagel. Zuvor arbeitete Kolbe bei der Deutschen Post World Net, wo er Bereichsvorstand und CIO der DHL Express Deutschland war.
Pieter Jordaan
Nach dem Ausscheiden von IT-Vorstand Frank Rosenberger hat der Touristikkonzern TUI die CIO-Position zum 1. Januar 2023 mit Pieter Jordaan besetzt.
Hans Fabian
Hans Fabian ist seit Januar 2017 als CIO für das Hotelvergleichsportal HRS in Köln tätig. Zuvor war Fabian CIO bei der Wirtschaftsauskunftei Schufa Holding AG in Wiesbaden. Über zehn Jahre hat Fabian davor im Bereich IT-Management bei Deutsche Post DHL in Bonn gearbeitet, zuletzt als Vice President.
Hanna Huber
Hanna Huber hat die Branche gewechselt. Die Ex-CIDO des Modehändlers Calida stieg im April 2024 beim Reiseunternehmen Flix ein.
Björn Richter
Björn Richter ist CIO von DPD Deutschland. Er kam vom Paketdienst GLS. Sein Vorgänger Dirk Tiemann bleibt als Director IT bei DPD.
Hanno Boekhoff
Hanno Boekhoff ist seit Oktober 2017 neuer IT-Leiter bei der Reederei Hamburg Süd. Sein genauer Titel: Global Head of Information Technology & Services (ITS). Vor seiner Tätigkeit für die Hamburg Süd war Boekhoff in verschiedenen Bereichen der IT als Berater und als Manager tätig.
Ralf Morawietz
CIO beim Logistikdienstleister Panalpina mit Sitz in Basel ist ab Juli 2015 Ralf Morawietz. Er startete seine Karriere als IT-Experte 1998. Im Jahr 2002 kam Morawietz zu Deutschen Post, wo er verschiedende Management-Aufgaben wahrnahm. Im Januar 2010 wechselte Morawietz als Mitglied des nationalen IT Managementeams des Logistikers Kühne + Nagel. Zuletzt war er dort Senior Vice President Global IT Products.
Carsten Bernhard
Carsten Bernhard ist seit September 2016 Group CIO/CTO beim E-Commerce-Anbieter eDreams Odigeo mit Sitz in Barcelona. Er kommt von der TUI Deutschland, wo er seit August 2013 IT-Chef war. Zu eDreams Odigeo gehören die Marken eDreams, Opodo, Travellink, Go Voyages und Liligo.
Bernd Gemein
Seit 1. September 2018 ist Bernd Gemein neuer CIO für den Unternehmensbereich Post, E-Commerce, Parcel (PeP) bei der Deutschen Post DHL. In seiner neuen Funktion ist Gemein Mitglied des Executive Committee PeP. Er berichtet an PeP-COO Tobias Meyer. Gemein hatte seit 2003 bei der Deutsche Post DHL diverse Funktionen in den Bereichen IT Development und IT Customer Integration inne. Seit 2013 war er Geschäftsbereichsleiter IT Service Management PeP.
Alexander Brandmeier
Seit Juni 2019 ist Alexander Brandmeier neuer Leiter Informationstechnologie/CIO bei der DB Energie GmbH, dem Energieversorger der Deutschen Bahn AG in Frankfurt am Main. Zuvor war Brandmeier Leiter Architekturmanagement und Unternehmensarchitekt im Unternehmensbereich der Deutsche Bahn Fernverkehr AG.
Andreas Hamprecht
Seit August 2018 ist Andreas Hamprecht Leiter IT und CIO bei DB Regio und in Personalunion weiter Leiter Geschäftsentwicklung Schiene. Hamprecht ist seit März 2017 Leiter Geschäftsentwicklung Schiene bei der DB Regio AG, von 2010 bis 2017 war er Leiter Geschäftsentwicklung bei der DB Station & Service AG. Im DB-Konzern ist er bereits seit 2001 beschäftigt, mit bisherigen Funktionen in der Konzernstrategie, im internationalen Fernverkehr sowie beim Bahnhofsbetreiber DB Station & Service.
Falko Hagebölling
Falko Hagebölling ist seit Januar 2019 Senior Director Product Development & IT bei der Lufthansa-Tochter Miles & More GmbH in Frankfurt am Main. Der promovierte Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik war bei Miles & More zuletzt seit Mai 2016 als Director Product Delivery für Projekt-, Portfolio- und Prozessmanagement verantwortlich. Im Juli 2018 übernahm er zusätzlich interimsweise die Funktion als Director IT.
Sami Awad-Hartmann
Sami Awad-Hartmann hat im März 2019 die Position des CIOs bei der Spedition Hellmann übernommen. Er war bereits von 2008 bis 2016 in verschiedenen führenden Positionen in der IT bei Hellmann tätig. Zuletzt war er stellvertretender Leiter IT global. Im Oktober 2016 hatte Awad-Hartmann die Spedition verlassen und war in das familiäre Geschäft im Fleischhandel bei Global Meat in Münster mit eingestiegen.
Horst Ulrich Mooshandl
Horst Ulrich Mooshandl ist seit April 2019 neuer CIO der Österreichischen Post. Sein genauer Titel lautet: Leitung Konzern-IT & Konzern-Einkauf. Zuvor schon hatte Mooshandl die Konzern-Einkauf geleitet sowie den Konzern-Fuhrpark gemanagt.

Rattey und die IT-Teams entscheiden jedoch selbstständig über IT-Projekte. Das Board hat ein nachträgliches Veto-Recht. Das sei schneller und kostengünstiger als klassische Freigabeprozesse. Rattey: "Sollte ein Projekt nach vier Wochen durch ein Veto abgebrochen werden, ist das immer noch billiger als die Wartezeit durch eine Abstimmung im Vorfeld." Das Konzept scheint aufzugehen: Innerhalb von drei Jahren habe das Board noch nie Widerspruch eingelegt.

Emotion ist wichtig

Das Board spricht in den Meetings über klassische Punkte wie IT-Budget und IT-Sicherheit oder die Priorität von IT-Projekten. Rattey will die Vorstände darüber hinaus aber auch emotional für seine Themen interessieren.

Dazu hat sich der CIO Unterstützung aus den Fachbereichen geholt: Ein Kollege aus der Marketing-Abteilung ist Co-Vorsitzender des Boards. Er bringt einerseits IT-fremde Sichtweisen in die Meetings ein. Andererseits unterstützt er Rattey bei der passenden Kommunikation.

Auch thematisch lockt der IT-Chef den Vorstand aus der Reserve. Nach den oben genannten Pflichtthemen vertieft Rattey ausgewählte IT-Projekte und stellt sie zur Diskussion. Der letzte Punkt auf der Agenda lautet "Lage der digitalen Nation". Da spricht der CIO Themen an, bei denen er selbst noch unsicher ist, ob sie für das Unternehmen wichtig werden. Dazu tauscht sich das Board aus und klärt, wo die digitale Reise zukünftig generell hingehen soll.

Faktoren für den Erfolg

In den Meetings werden schnell Meinungen ausgetauscht und Entscheidungen getroffen. Sind sich CIO und Vorstand uneins, lassen sich Prioritäten rasch anpassen. Das habe sich nicht zuletzt an der Corona-Krise gezeigt: "Als die Pandemie kam, konnten wir schnell umschalten und den neuen Umständen entgegensteuern," so Rattey.

Alle Beteiligten haben denselben Informationsstand zum IT-Portfolio und alle im Zusammenhang mit der IT getroffenen Entscheidungen. Darüber hinaus veröffentlicht das Board das Protokoll und die Unterlagen jedes Meetings. Innerhalb von 24 Stunden erhalten die ersten drei Führungsebenen des Unternehmens die Informationen.

Darauf aufbauend wissen alle Ressorts, welche IT-Projekte priorisiert werden. Das schaffe Rattey zufolge Akzeptanz. Zudem würden Synergie-Effekte und Abhängigkeiten im Unternehmen aufgedeckt. Des Weiteren sei sichergestellt, dass die Themen relevant für den gesamten Betrieb sind. Vom Vorstand bis zu den Teams wüssten alle, woran gerade gearbeitet wird. So können beispielsweise Probleme bei den Projekten aufgezeigt und rasch Lösungen gefunden werden.