Trend geht von Hightech zu "Shytech"

Smart-TVs auf der IFA

27.08.2013
Das Internet macht dem Fernseher Beine, neue Smart-TVs bieten eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten und Funktionen. Aber was wünscht sich der Nutzer wirklich? Der Trend geht von Hightech zu "Shytech", hat die Branche erkannt.

Kein Anschluss unter dieser Nummer? Neue, moderne Smart-TVs sind die erklärten Stars auf der diesjährigen IFA in Berlin und sollen wieder Schwung ins Geschäft bringen. Doch die Nutzer halten sich bislang zurück. Die Vorzüge der Geräte und die Verbindung mit Netz-Anwendungen wie Facebook, Skype oder YouTube sowie den Mediatheken werden von den Verbrauchern kaum genutzt. Oder sind sie gar nicht bekannt? Nur gut die Hälfte (58 Prozent) der Smart-TVs in den Wohnzimmern sind überhaupt ans Internet angeschlossen, wie jüngst eine Studie der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik gfu ergab.

Die Branche hat ein Kommunikationsproblem erkannt. Immerhin hat man sich nun auf einen Begriff geeinigt. Zuvor konnten sich die Nutzer zwischen Web-TV, Internet-Fernsehen, Smart-TV, Hybrid-TV und IP-TV entscheiden - alles Konzepte, die ähnlich oder in verschiedener Weise Netzinhalte auf den Fernseher bringen sollten. Erstmals wurde verbandsübergreifend eine Kampagne gestartet, um die Verbraucher aufzuklären. Ein neues Logo soll Übersicht in den Angebots-Dschungel bringen. Und eine Website erklärt die Vorzüge der netzfähigen Fernseher.

"Wir wollen den Nutzern die Schwellenangst nehmen, auch ohne Handbücher und Installationsanweisung", sagt Hans Wienands, Chef von Samsung Deutschland und Vorsitzender des Fachverbands Consumer Electronics im Branchenverband ZVEI. "Die Smart-TV-Initiative haben wir ganz bewusst ins Leben gerufen, da vielen Nutzern die Verbindung von mobilen und Heimgeräten wahnsinnig kompliziert erscheint." Der Umgang werde aber immer einfacher. "Es ist wichtig, den Komfort zu erhalten", sagt Wienands. Die Nutzer wollten auch auf dem Smart-TV auf Knopfdruck die Tagesschau sehen können.

Einfache Bedienbarkeit hat sich als einer der wichtigsten Trends unter den Geräteherstellern entwickelt. Allein die ständig wachsende Anzahl an verfügbaren Apps hat zu neuer Unübersichtlichkeit geführt. Um dabei weiter eine Orientierung zu ermöglichen, arbeiten alle großen Hersteller an neuen Bedienkonzepten, die auf der IFA zu sehen sein werden.

In den letzten Jahren habe sich die Bedienführung bei den Geräten immer deutlicher verbessert und vereinfacht. "Es gibt eine Entwicklung von Hightech zu Shytech", sagt Wienands. Das Kunstwort setzt sich aus "tech" für Technik und dem englischen "shy" für scheu zusammen. "Die Technik tritt immer mehr in den Hintergrund", erläutert Wienands den Trend. Samsung habe deshalb auch Studien zu den Wünschen der Nutzer in Auftrag gegeben und anhand der Ergebnisse das Benutzer-Interface weiter optimiert.

Neue Produkte auf der IFA 2013 -
Messe-Premieren
Viele Hersteller nutzen die IFA, um ihre Produktneuheiten zu präsentieren. Wir haben einige Highlights für Sie zusammengestellt.
Festnetztelefon auf Android-Basis
Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Smartphone. Hinter dem Gigaset E930 steckt ein Festnetztelefon mit Android-Bedienoberfläche. Damit können die Benutzer auf den Google Play Store mit seinen rund 600 000 Apps zugreifen, wobei das Gerät bereits mit einigen Apps ausgestattet sein. Laut Hersteller handelt es sich um ein "Full-Touch-Telefon, welches die heimische Vernetzung auch im Festnetz-Bereich vorantreiben soll".
UHD-fähiges Notebook
Im Zusammenhang mit der Intel-Präsentation steht unter anderem das Toshiba-Notebook Satellite P50-A11-L. Es verfügt über einen Haswell Quadcore Prozessor vom Typ i7-4700MQ, einen acht Gigabyte großen Arbeitsspeicher, eine ein Terabyte große HDD-Festplatte und eine Nvidia GeForce GT 745M Grafikkarte.
Erste 2-in-1-Geräte laufen wesentlich länger
Intel startet mit der vierten Generation der Intel Core Prozessorfamilie für Ultrabooks und 2-in-1-Geräte durch. Auf Basis seiner neuen Technik erwartet der Prozessoren-Hersteller über 50 verschiedene Gerätemodelle, die nun in der Kombination von Tablet und Ultrabook in unterschiedlichen Preissegmenten auf den Markt kommen. Die ersten Ultrabooks, 2-in-1-Geräte und tragbare All-in-One-Systeme sind bereits in der Quadcore-Version erhältlich.
Handy-Klassiker auf der Höhe der Zeit
"Kommen, sehen, staunen": Mit ähnlichen, aber etwas gesetzteren Worten wie der IFA-Messeveranstalter wirbt die Firma IVS für Ihren Messeauftritt. Das hat viel mit der Zielgruppe für ihre einfachen und vor allem seniorengerechten Mobiltelefone zu tun. Der Anbieter verspricht mit dem Modell Doro Liberto 810 ein "modernes Smartphone, das sich Ihrem Nutzungsverhalten anpasst und auf bequeme Weise durch Cloud-Funktionen verwalten und sichern lässt".
Günstiger TV-Tuner für Tablet & Co.
Die Humax-Tochter iCube bietet mit dem neuen DVB-T-Adapter Tivizen Pico 2 einen TV-Tuner für mobile Geräte von Apple an. Der Fernsehempfänger lässt sich direkt mit dem Lightning Connector des iPhone 5, des neuen iPad 4 oder des iPad mini und iPod touch der 5. Generation verbinden. Pfiffig ist nicht nur, dass hierfür keine Internetverbindung nötig ist und das mit der integrierten "charge while watch"-Funktion gleichermaßen der TV-Tuner wie auch das Apple-Gerät geladen werden.
64-Gigabyte-Temporekord für Speicherkarte
Flashspeicher-Marktführer SanDisk stellt mit seiner Extreme microSDXC UHC-I die derzeit schnellste Karte vor, die am Markt erhältlich ist. Sie bringt es auf eine Lesegeschwindigkeit von bis zu 80 Megabyte pro Sekunde und auf ein Schreibtempo von bis zu 50 MB/s. Laut Hersteller können mit dem Produkt die Leistungspotenziale aktueller 4G-Smartphones, Tablets und Action-Kameras voll abgerufen.
Preisbombe eines 3D-Druckers
Das Versandhaus Pearl zündet nach eigenen Angaben eine Preisbombe und bringt den "ersten erschwinglichen 3D-Drucker" auf den Markt. Der FreeSculpt 3D-Drucker EX1 sei der erste 3D-Drucker für unter 800 Euro, der schon komplett montiert und auch kalibriert sei, erklärt der Anbieter aus Baden. Der Verkaufspreis des Basismodells ist auf der Pearl-Website derzeit um 1.000 Euro auf 799 Euro reduziert worden.
Aufklappbares Ultrabook für die Tasche
Kein Geheimnis ist hingegen das Acer Aspire P3: Das 1,39 Kilogramm leichte und 19,75 Millimeter flache Gerät soll in jede Tasche passen und die Leistungsfähigkeit eines Ultrabooks mit der Mobilität eines Tablets kombinieren. Je nach Variante arbeiten in dem Gerät Intel Core i3- oder -i5-Prozessoren, 60 oder 120 Gigabyte große SSD-Festplatten und das Betriebssystem Microsoft Windows 8.

Im September werde die IFA wieder starke Impulse setzen, ist sich die Branche sicher. Die Kaufzurückhaltung werde durch neue Produkte abnehmen. "Wir werden das Interesse der Nutzer wieder wecken könne, ist sich Wienands sicher. Nach sehr erfolgreichen Jahren hätten sich die Verbraucher in den vergangenen neun bis zehn Monaten vor allem auf mobile Innovationen gestürzt. Der Smartphone-Markt werde sich aber auf sehr hohem Niveau stabilisieren. Für die zweite Jahreshälfte erwartet Wienands bereits, dass sich die Nutzer wieder dem Fernsehgerät zuwenden. "Die Marke von 10 Millionen verkauften Geräten wird schwer zu erreichen sein", sagt Wienands. Aber der Verkauf werde noch immer doppelt so hoch ausfallen wie etwa noch im Jahr 2004.

Neue Impulse durch die IFA können die TV-Hersteller gut gebrauchen. Im ersten Halbjahr sackte der Umsatz mit den Geräten um mehr als ein Viertel (minus 26 Prozent) ab, mit 2,7 Millionen Stück wurden exakt 25 Prozent weniger Geräte verkauft. Das Smartphone hat den Flachbildfernseher deutlich den Rang abgelaufen. Die Hosentaschencomputer verkauften sich wie geschnitten Brot. Der Umsatz legte um 26,9 Prozent auf gut 3,6 Milliarden Euro zu. Das Geschäft mit TV-Geräten war mit knapp 2,3 Milliarden Euro deutlich kleiner.

Ob die Initiative für das Smart-TV den erhofften Erfolg bringt, bleibt jetzt abzuwarten. Das Problem sei, dass das Thema nicht so einfach zu kommunizieren sei, und es werde noch immer falsch verstanden, sagt Branchenexperte Hartmut Krafczyk. "Es geht nicht darum, Dinge am Smart-TV zu machen, die man sonst am Computer erledigt." Die Entwicklung befinde sich noch in den Kinderschuhen. "Keiner weiß, wie sich Smart-TV eines Tages entwickeln wird", sagt Krafczyk. "Alle reden darüber, aber im Prinzip warten sie nur darauf, dass ein Mark Zuckerberg kommt und ihnen erklärt, wohin die Reise geht." (dpa/tc)