Europäischer Zahlungsverkehr und Microsoft-ERP

Sind Dynamics NAV und AX bereit für SEPA?

17.12.2008 von Marco Rey y Sander
Wer den Zahlungsverkehr gemäß SEPA abwickeln möchte, muss seine ERP-Software entsprechend anpassen. Anbieter wie Microsoft und deren Softwarepartner arbeiten an entsprechenden Konzepten. Sowohl in "Dynamics NAV" als auch in "Dynamics AX" lässt sich SEPA umsetzen.

Spätestens seit der Einführung des Euro als gesetzliches Zahlungsmittel im Jahr 2002 ist jedem Bürger der Europäischen Union mit einem Blick ins Portemonnaie klar geworden, dass die Welt kleiner und der Markt größer geworden ist. Jedes Unternehmen (und auch jeder Bürger) hat seitdem die Möglichkeit, Geschäfte mit seinen Nachbarländern zu tätigen, ohne dem Risiko von Währungsschwankungen zu unterliegen. Ein großer Vorteil. Allerdings sind im Euro-Raum noch immer wichtige nachgelagerte Prozesse (Zahlungsverkehr) umständlich abzuwickeln.

Es existieren weiterhin nationale Standards, die einen grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr durch Umwandlung von einem auf den anderen Standard unnötig verlängern. Von vielen unterschiedlichen Dateiformaten für den elektronischen Zahlungsverkehr, der die IT-Kosten von Banken nach oben treibt, ganz zu schweigen. Dieses Dilemma und die damit verbundenen Kosten für Ressourcen und IT hatten Akteure im europäischen Finanzsektor schon früh erkannt. Daher ist es nicht erstaunlich, dass in einer gemeinsamen freiwilligen Initiative durch das European Payments Council (EPC) ein einheitlicher Zahlungsverkehrsmarkt angestrebt, ja sogar gefordert wird. Umgesetzt werden soll er mit SEPA (Single Euro Payments Area).

Das Ziel von SEPA ist es, ein europaweit einheitliches Zahlungsverfahren mit einheitlichen Zahlungsinstrumenten (SEPA-Überweisung, SEPA-Lastschrift und SEPA-Kartenzahlungen) zu etablieren. Die Harmonisierung der grenzüberschreitenden Zahlungsverfahren bietet Unternehmen und Verbrauchern viele Vorteile. So kann ein Unternehmen den gesamten Euro-Zahlungsverkehr über eine beliebige (auch im europäischen Ausland beheimatete) Bank abwickeln und so den Kosten- und Servicevorteil dieser Bank nutzen. Gerade international agierende Unternehmen haben somit die Chance, ihr Zahlungs-Management auf einen Standort zu konzentrieren und somit Prozesse (auch und gerade bei Intercompany-Geschäften) zu optimieren. Auch kleineren Unternehmen bieten sich somit Chancen, ihre Produkte europaweit abzusetzen beziehungsweise zu beschaffen.

Der Weg bis zur SEPA-Überweisung war lang. 2003 wurden Umfang und Zeitrahmen abgesteckt, zwischen 2003 und 2005 wurden dann die Formate für Überweisungs- und Lastschriftverfahren definiert und 2007 neben den Verkehrsrichtlinien auch die SEPA-XML-Formate (ISO 20022) verabschiedet. Seit Januar 2008 können Kreditinstitute ihren Kunden die SEPA-Überweisung anbieten. Und das parallel zu nationalen Überweisungsstandards.

Zwar soll SEPA bis November 2009 in nationale Gesetze umgesetzt werden, doch wird nicht nur in Deutschland erwartet, dass die nationalen, bisher bestehenden Verfahren damit noch nicht abgelöst werden. Letztlich wird der Markt entscheiden, ob sich SEPA als Standard etabliert. Ohne Druck vom Gesetzgeber dürfte die breite Masse der Anwender erst in einigen Jahren ihre IT-Systeme entsprechend anpassen. Das lässt auch ERP-Anbietern noch Zeit, notwendige Anpassungen und Erweiterungen in ihre Softwarelösungen einzubauen (siehe auch "SAP-Systeme für SEPA vorbereiten").

Wie geht beispielsweise Microsoft mit seinen ERP-Softwarepaketen Dynamics NAV und Dynamics AX mit den Anforderungen um? Fragt man die Experten beim Hersteller, so scheint Dynamics NAV bereits dafür gerüstet zu sein.

Microsoft Dynamics NAV ist gut gerüstet

Mit der "Granule 500193" (lizenztechnisch als Artikelnummer zu verstehen) und der "Codeunit 5001920" (hierbei handelt es sich um Objekte, die neben Funktionen auch Masken und Reports enthalten können) sind die Grundlagen geschaffen, um SEPA in Dynamics NAV umzusetzen. Die entsprechenden Objekte stehen in den Versionen Dynamics NAV 4.0 SP3 und Dynamics NAV 5.0 zur Verfügung und beinhalten auch den bisher bestehenden deutschen Zahlungsverkehr. Haben Partner oder der Anwender selbst Objekte verändert, so müssen diese in die neuen Objekte migriert werden. Unternehmen, die schon jetzt Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland unterhalten und deshalb die Funktion "Auslandszahlungsverkehr" erworben haben, können damit auch SEPA nutzen. Wer bisher seine betrieblichen Aktivitäten auf Deutschland beschränkt hat, nun aber auch europaweit agieren möchte, muss die SEPA-Funktionen zusätzlich erwerben. Der Preis für das Granule wird in Kürze bekannt gegeben werden.

Die aktuelle Dynamics-NAV-Version 2009 unterstützt SEPA.

Für die neue Version Dynamics NAV 2009 werden die SEPA-Funktionen mit der Add-on-Datenbank geliefert. Mit dem Update findet man in den Einrichtungen zum Zahlungsverkehr ein neues Register "SEPA". In diesem lassen sich beispielsweise Pfad und Name der SEPA-Datei hinterlegen, die beim Export von Zahlungsdaten genutzt werden soll. Markiert der Anwender in der Maske "Zahlungsdatei" das Häkchen im neuen Optionsfeld "SEPA", schreibt die ERP-Software die Zahlungsdaten in das neue XML-Format. Andernfalls können die Nutzer wie gewohnt ihre Clearing-Daten in das DTAUS-Format eingeben. Auch der obligatorische Begleitzettel steht für SEPA-Zahlungen zur Verfügung. Voraussetzung für das ordentliche Funktionieren sind der BIC (Bank Identifier Code), oft auch als Swift-Code bezeichnet, und die IBAN (International Bank Account Number), die am Konto hinterlegt werden müssen.

Länderspezifikationen bei Microsoft Dynamics AX

Anders sieht es bei Dynamics AX aus, da hier wegen der länderspezifischen Ausprägungen kein einheitlicher Standard verfügbar ist. Die länderspezifischen SEPA-Formate nach ISO 20022 wurden abgeglichen. Bei der Norm handelt es sich um die Vereinheitlichung von weltweit gültigen Nachrichtenstandards aus dem Bankenumfeld. Neben Treasury, Wertpapierhandel und der Außenhandelsfinanzierung sind mit der Spezifikation auch Nachrichten zum Zahlungsverkehr und somit auch zu SEPA definiert. Die italienische und belgische Länderversion ist schon jetzt SEPA-fähig, da hier BIC und IBAN in den nationalen Formaten integriert sind. Die IT ist also in der Phase, BIC und IBAN in allen betroffenen Länderversionen als Pflichtfelder zu definieren sowie das ISO-20022-Format umzusetzen. In einer weiteren Phase (vermutlich zwischen 2009 und 2010) sollen auch länderübergreifende Lastschriften mit der entsprechenden Erweiterung unterstützt werden.

Da es sich in erster Linie um ein "Bankenproblem" handelt, wissen viele, speziell kleinere Unternehmen, noch gar nicht genau, was auf sie zukommen wird. Hier liegt es an dem Softwarepartner, diese Unternehmen für SEPA sensibel zu machen und auf mögliche Einsparungen hinzuweisen.

Der Autor hat einschlägige Erfahrungen mit international agierenden Kunden und mit der Umsetzung des SEPA-Verfahrens in den Microsoft-ERP-Lösungen sammeln können. Gerade im Dynamics AX-Umfeld ist das Verständnis von Unternehmerseite für eine frühzeitige SEPA-Implementierung vorhanden.