Nicholas Carr

"Sie haben das Data Center bereits auf Ihrem Schreibtisch"

11.01.2011 von Simon Hülsbömer
Der berühmt-berüchtigte Starautor Nicholas Carr hält die Cloud für das zentrale technische und strategische IT-Element der kommenden Jahre.

In einem Vortrag im Rahmen des Computerworld-Webcasts "Cloud Computing - Mythos oder Wirklichkeit?", der in Kooperation mit der COMPUTERWOCHE und T-Systems stattfand, schilderte Carr seine Zukunftsvisionen (nach der Registrierung können Sie sich das Video der Veranstaltung hier noch einmal anschauen). "Computing ist mittlerweile so preisgünstig, dass die meiste Technik problemlos virtualisiert werden kann", so Carr. Zum ersten Mal in der IT-Geschichte sei die Lücke zwischen Netzleistung und Rechenleistung so gut wie verschwunden, sodass die Verfügbarkeit von IT-Infrastruktur nicht mehr in den eigenen "vier Wänden" vorgehalten, sondern komplett aus der Wolke je nach Bedarf bezogen werden könne. "Gestern hatten Sie den Supercomputer von vorgestern auf Ihrem Schreibtisch, heute haben Sie dort bereits das komplette Data Center", unterstrich Carr die Macht und das Potenzial von Cloud-Anwendungen. "Cloud Computing als Hype zu bezeichnen, ist das Falscheste, was Sie machen können", warnte der Autor von Bestsellern wie "Does IT Matter" und "The Big Switch" davor, sich nicht mit diesem Thema zu beschäftigen.

"Klassische" IT in zehn Jahren tot

Besonders große Unternehmen mit einer breit skalierten IT profitierten von den Vorteilen des Cloud Computing. Es sei aus Datensicherheits- und Datenschutzgründen für viele noch zu früh, mit der IT in die öffentliche Wolke zu gehen. Die Erkenntnis aber, dass eine "Private Cloud" dabei helfe, das teure, platz- und energiefressende Rechenzentrum auf Basis eines virtuellen Modells günstig nachzubauen, setze sich bereits durch. "Sie können viel schneller Geschäftsfelder eröffnen und neue Märkte betreten", so Carr. Seiner Auffassung nach werde es noch etwa fünf bis zehn Jahre dauern, bis die interne IT in Gänze durch die öffentlichen Cloud ersetzt worden sei - dann nämlich, wenn die öffentliche Cloud-Infrastruktur ihre Kinderkrankheiten abgelegt habe und robust genug sei für verschiedene Einsatzzwecke.

Aufgeschlossen bleiben!

Die demokratische Struktur der Wolke sorge dafür, dass jeder einzelne Mitarbeiter bei einer Cloud-Infrastruktur einen großen Einfluss auf ein Unternehmen habe. Die IT-Abteilungen müssten sich laut Carr den neuen Anforderungen stellen und auch einsehen, dass es ohne Business nicht mehr funktioniere. "IT kann heute auf der gleichen Grundlage aufgebaut werden wie die Geschäftsmodelle - hier entstehen neue Investitionsmuster, die aber auch eine breite Palette an Innovationsmöglichkeiten eröffnen." Carr fordert dazu auf, in der IT-Abteilung niemals mit dem Experimentieren aufzuhören und dem Cloud Computing aufgeschlossen gegenüber zu stehen, um den Anschluss an die weltweite technische Entwicklung nicht zu verpassen.

Cloud-Anbieter auf dem Prüfstand
Die Experton Group hat sich die relevanten und in Deutschland aktiven Anbieter genauer angesehen. Hier finden Sie die Ergebnisse im Schnelldurchlauf. <br /><br /> <a href=" http://www.experton-group.de/research/studien/cloud-vendor-benchmark-2010/ueberblick.html" target="_blank">Weitere Informationen zur Studie finden Sie auf der Web-Site der Experton Group</a>
Amazon
<b>Amazon </b>hat die Palette seiner Cloud-Dienste seit 2002 unter dem Namen Amazon Web Services (AWS) stark ausgeweitet. So kamen zum ursprünglichen Kernangebot (Vermietung von Rechenleistung "EC2", Storage "S3" und Datenbankkapazität "SimpleDB") unter anderem noch relationale Datenbanken, Content Delivery, Messaging und Monitoring, Virtual Private Clouds sowie weitere Add-ons (etwa in Zahlungen und Rechnungen) hinzu. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Google
Die "Google Apps" von <b>Google</b> sind für Anwender vorgesehen, die einfache, standardisierte Collaboration-Lösungen (SaaS) wollen. Die Infrastructure-as-a-Service-und Platform-as-a-Service-Angebote unter dem Namen "Google AppEngine" sind auf Entwickler und Start-ups ausgerichtet. Sie stehen ohne Zugangsbeschränkung in der Public Cloud zur Verfügung, es gibt sie allerdings nicht in Deutsch. Rechenleistung lässt sich neuerdings über die so genannten "free quotas" zu festen Konditionen per Kreditkarte beziehen. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Microsoft
<b>Microsoft</b> bietet mittlerweile nahezu alle Produkte und Technologien auch aus der Cloud an. Damit zählt der Konzern zu den wenigen Anbietern mit komplettem Cloud-Stack, der sowohl IaaS, PaaS und SaaS als auch Private-, Public- und Hybrid-Cloud-Services abdeckt. Das zentrale Element des Portfolios bildet die Plattform "Windows Azure". Auch das kommende Office-Release 2010 soll in die Wolke passen, lässt aber auch eine lokale Installation zu. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Salesforce
<b>Salesforce</b> hat sich vom reinen Anbieter von SaaS-Lösungen für das Customer-Relationship-Management (CRM) zu einem Plattformanbieter weiterentwickelt. Neben der etablierten SaaS-Lösung für das Kunden-Managment und die Vertriebs- und Marketing-Automatisierung bietet Salesforce mit Force.com eine Betriebs- und Entwicklungsumgebung im Public-Cloud-Modus an. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Deutsche Telekom
Die breite SaaS-Palette des <b>Geschäftskundenbereichs der Deutschen Telekom</b> umfasst unter anderem Lösungen für E-Mail, Collaboration, Conferencing, CRM und ERP. Zudem beinhaltet sie integrierte IT- und TK-Services (etwa das "Deutschland LAN"). Erwähnenswert sind die von T-Systems entwickelten "Dynamic Services", die etwa betriebswirtschaftliche Applikationen bedarfsgerecht bereitstellen und abrechnen. Hinzu kommen nun auch erste IaaS-Angebote (Infrastructure as a Service) für größere Mittelständler. Diese Offerten bieten eine flexible Buchung von Server-Instanzen, sind hinsichtlich ihrer Skalierbarkeit und nutzungsabhängigen Bezahlung aber noch ausbaufähig. <br/><br/>Quelle: Experton Group
IBM
Als technologischer Innovator verfügt <b>IBM</b> über ein breites, aber teilweise nur schwer überschaubares Angebot an Cloud- Services (IaaS, PaaS, SaaS) und Produkten. Neben den eigenen SaaS-Lösungen (zum Beispiel Lotus) stehen IBM-Kunden eine Vielzahl an Partnerlösungen auf der IBM-Plattform zur Verfügung. Für Softwaretests und -entwicklung, ein wichtiges Cloud-Anwendungsfeld, bietet IBM Unternehmen eine ausgereifte Plattform. <br/><br/>Quelle: Experton Group
HP
<b>Hewlett-Packard (HP)</b> vertreibt Hard- und Software für den Aufbau von Private-Cloud-Infrastrukturen. Zudem können Großkunden Rechenleistung und Storage-Kapazitäten in einem IaaS-Modell nutzen. Allerdings sind Zugang, Skalierbarkeit und Self-Service beschränkt. Dagegen sind die Utility-Services, die Enterprise-Applikationen etwa von SAP auf einer virtualisierten Plattform flexibel bereitstellen und abrechnen, weit entwickelt und voll ausgereift. Sie sind das Kernstück des derzeitigen Cloud-Angebots. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Fujitsu Technology Solutions
<b>Fujitsu Technology Solutions (FTS)</b> bietet unter dem Namen "Infrastructure-as-a-Service for Servers" zurzeit lediglich flexibel buchbare Server-Kapazitäten in einem "Private-Cloud-Modell" an. Die Abrechnung mit den Kunden erfolgt allerdings nach gebuchten und nicht nach wirklich verbrauchten IT-Ressourcen. Leider hat Fujitu hier den Cloud-Ansatz noch nicht hundertprozentig umgesetzt. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Pironet NDH
<b>Pironet NDH</b> fokussiert sich mit seinem Cloud-Angebot eindeutig auf den Mittelstand und positioniert sich dort als "Trusted Partner". Das Portfolio umfasst neben Infrastruktur-Services (etwa Storage on Demand) zahlreiche SaaS-Lösungen von Partnern. Dazu kommen verschiedene Managed-Services auf der Netzebene. <br/><br/>Quelle: Experton Group
T-Systems
Neben zahreichen, auf diese Zielgruppe zugeschnittenen Managed-Services bilden die "Dynamic Services" den Kern des Cloud-Angebots von <b>T-Systems</b>. Anwendern stellt die Telekom-Tochter Enterprise-Applikationen (etwa ERP und CRM) zur Verfügung, die auf skalierbaren und standardisierten Hardware-Infrastrukturen laufen. Die Abrechnung der genutzten SAP- oder Microsoft-Systeme erfolgt nutzungsabhängig. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Nionex
Als einer der wenigen IT-Service-Provider in Deutschland bietet <b>Nionex</b> seit 2009 ein klar strukturiertes Public-Cloud-Angebot an. So werden mit den IaaS-Offerten mittelständische Unternehmen angesprochen, die Teile ihrer Infrastruktur flexibilisieren und erste Anwendungen in der Cloud betreiben wollen. Nionex stellt neben Rechnerleistung auch Storage und weitere Services bereit. <br/><br/>Quelle: Experton Group