Social Business Collaboration im Test

Sharepoint versus Confluence und Jive

17.12.2012 von Oliver Wucher, Jörg Schmidl und Johannes Reebs
Social Business Collaboration trägt Prinzipien des Web 2.0 in die Unternehmen. Dafür eignen sich Plattformen wie Jive, Sharepoint und Confluence.
Social Business Collaboration mit Sharepoint, Jive und Confluence.
Foto: Sergej Khakimullin/Shutterstock

Effiziente Zusammenarbeit basiert auf Kommunikation, Wissensaustausch sowie der Koordination von Mitarbeitern und Teilaufgaben. Um dies zu unterstützen, waren bis vor wenigen Jahren mächtige, aber damit oft auch schwerfällige Lösungen zum Dokumenten- beziehungsweise Wissensmanagement sowie Groupware-Lösungen mit Kalender- und Planungsfunktionen das Mittel der Wahl. Schaut man sich andererseits die „Freizeit“-Anwendungen des Social Web wie Facebook, Google+ oder andere an, wird dort Vergleichbares geleistet, dies aber meist ausgesprochen schnell, flexibel und selbstkoordiniert. Zudem ist dank Nutzerfeedback die Qualität des Ergebnisses schnell offensichtlich. Gerade diese Vorteile machen die Nutzung von Social Business Collaboration (SBC) – der Übertragung der Prinzipien des Web 2.0 in die Unternehmenswelt – so interessant. SBC ist jedoch keine bloße Kopie der Social Web Anwendungen. Vielmehr gilt es, Gegebenheiten wie die Anbindung an übergreifende User-Directories, strenge Sicherheitsmechanismen und den Schutz der Privatsphäre mit den Prinzipien des Social Web in Einklang zu bringen.

Hat sich eine Firma dazu entschlossen, eine SBC-Plattform für Social Business Collaboration einzuführen, hat sie die Qual der Wahl: Das verfolgte Ziel spielt dabei eine zentrale Rolle. Zu den häufig anvisierten Resultaten zählen verbessertes Wissensmanagement durch schnelleres Finden bereits vorhandener Inhalte, schnelleres Lokalisieren interner Experten, die erleichterte Ideengenerierung sowie die Reduktion von Kommunikationsaufwänden.

Sharepoint versus Confluence und Jive
Confluence
Beim Editieren von Beiträgen bietet Confluence durch zahlreiche Makros eine Fülle von Möglichkeiten. Damit lassen sich die so entstehenden Wiki-Seiten an jedes Look and Feel anpassen und bieten dem Autor viele Darstellungsoptionen.
Confluence
An dieser Stelle bietet Confluence dem Nutzer einen Überblick über die Aktivitäten seiner Kontakte. Das reicht vom Termin, über das Erstellen von Schriftstücken oder Videos bis zum Chat. Dabei ist es eine Frage der Konfiguration, ob die Activity Streams der Kontakte automatisch angezeigt werden oder nur mit deren Zustimmung.
Jive
Der Activity Stream in Jive ist sehr fein granular filterbar. Was der Nutzer nicht sehen will, kann er ausblenden. Durch diese Filter wird Information Overflow vermieden und trotzdem erhält der Nutzer alle für ihn wesentlichen Informationen.
Jive
Beim Editieren eines Beitrags in Jive, wird der Anwender bei weitem nicht so üppig mit Möglichkeiten versorgt wie etwa bei Confluence. Im Gegenteil die Editiermöglichkeiten beschränken sich im Wesentlichen auf die eines Web-Editors.
Sharepoint
Richtig aufgeräumt sieht die persönliche Startseite bei Sharepoint aus, ein weiteres Indiz dafür, dass Microsoft auch bei den Collaboration-Funktionen sehr stark auf den Strukturaspekt setzt. Das macht das ganze übersichtlich, im Hintergrund und für den Nutzer aber wesentlich komplexer als andere Collaboration Tools.
Sharepoint
Auch in Sharepoint lässt sich einstellen, welche Aktivitäten der Nutzer sehen will und welche nicht. Allerdings funktioniert das bei weitem nicht so feingranular wie zum Beispiel bei Jive.

Neben den verfolgten Zielen spielen die Eigenschaften der internen Prozesse, Arbeitsweisen und IT-Systeme eine wichtige Rolle. Beide Aspekte sind bedeutsam, weil sich viele Softwareanbieter zwar SBC auf Ihre Fahnen schreiben, aber mit ihren Angeboten unterschiedliche Schwerpunkte bedienen. Grob lassen sich hierbei drei Anwendungsklassen unterscheiden, die sich in den untersuchten Lösungen spiegeln:

Beim Vergleich der drei Plattformen wurde vor allem auf folgende Merkmale geachtet:

Cloud-Collaboration-Services im Vergleich
Sechs Cloud-Collaborations-Dienste im Vergleich
Ziel der Analyse war es, Selbstständigen und Mittelständlern eine Entscheidungshilfe in der Auswahl der geeigneten Cloud-basierende Collaboration-Lösung an die Hand zu geben. Wesentlich sei eine möglichst integrierte Lösung mit Funktionen für Groupware, Collaboration und Unified Communication sowie mit Office-Anwendungen, betont Techconsult. Besonders gewichtet wurden Sicherheitsaspekte, Mitarbeiterakzeptanz, derzeitige Einsatzgrade bestehender (produktiver) Lösungen.
Was der Mittelstand will
Basis dieser Bewertungskriterien ist eine Studie vom Sommer 2011 unter 207 mittelständischen Firmen. Die Befragung zeigt, dass Anwender den Dokumenten- und Applikationsaustausch über Medien- und Plattformgrenzen hinweg als problematisch erachten. Fast ein Drittel der Befragten haben Schwierigkeiten, ihr Home Office in den Unternehmensalltag einzubinden. Hier könnten integrierte Cloud-Angebote helfen.
O2 ist nicht empfehlenswert
O2 ist Schlusslicht des Lösungsvergleichs, der Anbieter steigt laut Techconsult nach mehreren Versuchen im Bereich der Hosted-Groupware und Collaboration-Lösungen stillschweigend aus dem Markt aus. Empfehlenswert ist dieses Angebot aufgrund der Vertragsmodalitäten, Anwendungsfunktionalitäten und mangelnder Zukunftssicherheit daher nicht. Konkurrent Vodafone hat diesen Schritt bereits hinter sich gebracht und reicht inzwischen ausschließlich Google Apps und Microsoft Office 365 an Kunden durch.
Dem Telekom-Dienst fehlt Integration
Die Telekom vertraut im Mittelstands-Segment ausschließlich Hosting-Lösungen auf Microsoft-Basis. Sie sind zum einen finanziell unattraktiv und wirken zum anderen in sich zersplittert. Dem Angebot fehlt der integrative Ansatz. Zudem sind Support-Leistungen der Telekom erschreckend teuer und können zu einer Kostenexplosion führen.
1&1 muss nachbessern
1&1 platziert sein zweigleisiges Angebot KMU-freundlich. Es scheint, als ob das Unternehmen künftig stärker auf Angebote auf Basis der Open-Xchange-Lösung setzen wird. Hier stellt Zoho im Rahmen einer Kooperation die Productivity-Anwendungen bereit. Aktuell ist dieser englischsprachige Dienst für KMUs wenig empfehlenswert. Ein Vorteil der 1&1-Lösung ist Kundennähe und ein deutsches Rechenzentrum.
IBM vertraut auf LotusLive
IBM entwickelt ihre Lösung weiter, scheint aber noch im Experimentierstadium zu stecken. Im Vergleich zu Microsoft Office 365 oder Google Apps for Business sind etwa Productivity-Funktionen nur als Beta-Ausführung vorhanden. Zudem hat IBM mit einem geringen Lotus-Notes-Kundenstamm im KMU-Bereich zu kämpfen. Für viele KMUs bedeutet eine Umstellung auf LotusLive mehr Schulungsaufwand.
Google Apps fehlt die Offline-Option
Google Apps for Business verfügen über ein breit gefächertes Portfolio. Das Angebot ist für den deutschen Mittelstand riskant, weil es keine On-Premise-Absicherung vorsieht. Problematisch ist auch die Informationspolitik des Anbieters zur Datenhaltung. Techconsult-Untersuchungen belegen, dass Anwender Google nicht als vertrauenswürdigen Provider für den Business-Einsatz erachten.
Techconsult empfiehlt Office 365
Microsoft punktet mit geringen Kosten und vielen Features, die andere Provider nur gegen Aufpreis bereit stellen. Das Unternehmen bietet Zukunftssicherheit und vielen KMUs Investitionsschutz, da sie vorhandene Systeme von Microsoft nicht unmittelbar ablösen müssen. Anwender sind mit den Tools vertraut, so dass kostspielige User-Testlaufreihen und Change-Management-Projekte entfallen. Microsoft Office 365 rechnet sich daher schneller. Hilfreich ist zudem, dass sich die Online-Suite um lokale Ressourcen ergänzen lässt und Clients mit dem vollwertigen Office Professional ausstatten lassen.
Die Einzelbewertungen im Überblick
Das hier dargestellte Bewertungsraster fast die Einzelbewertungen der Lösungsbestandteile zusammen. Dabei wurde jeder Anbieter in jedem Kriterium vor dem Hintergrund einer allumfassenden All-in-One-Lösung zur Zusammenarbeit aus der Cloud bewertet.

Jive macht Interaktion nutzerfreundlich

Kollaboratives Verhalten lässt sich nicht erzwingen. Sie ist vielmehr Folge einer durch Anreize, Führung und Strukturen gelebten Kultur, die von Social Software unterstützt wird. Eine gute Unterstützung fängt bei einer intuitiven Oberfläche und niedrigen Zutrittsbarrieren an. Hierzu zählt zunächst der für den Nutzer wahrgenommene Wiedererkennungswert. Alle drei Plattformen haben hier Ihre Vorzüge. Während Sharepoint ein gewohntes Bild für den MS Office Anwender bietet, ist die Interaktion mit einem Wiki wie Confluence vielen zumindest aus der Nutzerperspektive durch Wikipedia bekannt. Die Interaktionskomponenten in Jive sind denen aus Internetforen oder Social Networks wie Facebook oder Xing sehr ähnlich. Insbesondere Jive macht die Interaktion durch seine ansprechende Web 2.0 Oberfläche sehr nutzerfreundlich. Nachteilig bei Jive ist jedoch, dass die persönliche Startseite nicht mehr an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden kann beziehungsweise nur noch über einen etwas umständlichen App-Mechanismus. Dies ist bei Sharepoint mit MySite einfacher umgesetzt, auf der alle Informationen zusammen laufen. Confluence lässt zumindest in eingeschränktem Umfang die Einrichtung einer Dashboard-Seite zu.

Blickt man auf andere Interaktionsaspekte, zeigt sich deutlich, wie entscheidend die mit der SBC-Einführung verfolgten Ziele sind: Fokus auf formlosere Interaktion oder auf Kooperation am Dokument? Confluence ermöglicht Nutzern eine unkomplizierte Seitengestaltung und schnelle Veränderungen an Dokumenten. Jive offeriert keine vergleichbar ausgereifte Möglichkeit der gemeinsamen Arbeit an einem Dokument, bietet aber vielseitige Kommunikationsmöglichkeiten. Sharepoint ist stark auf MS Office Dokumente fixiert und nicht so unkompliziert in der Handhabung wie Confluence.

Merkmal

Sharepoint

Jive

Confluence

Personalisierbarkeit

MySite bildet persönliches Informationszentrum

Startseite an sich vorgeben, kann mit etwas Aufwand durch Apps angepasst werden

Gestaltung des eigenen Dashboards mit eingeschränktem Umfang

Wiedererkennungswert

Angelehnt an Office Umgebung

Navigation / Funktion angelehnt an Social Networks und Internet Foren, Web2.0 Interface

Aus Nutzersicht bekannt durch öffentliche Wikis

Sharepoint und Confluence fokussieren auf Dokumente

Richtig aufgeräumt sieht die persönliche Startseite bei Sharepoint aus, ein weiteres Indiz dafür, dass Microsoft auch bei den Collaboration-Funktionen sehr stark auf den Strukturaspekt setzt.
Foto: Wucher/Schmidl/Reebs

Auch die Konzepte zur Informationsstrukturierung für den Endnutzer zeigen bei den drei SBC-Plattformen merkliche Unterschiede. Getreu seiner Tradition vertritt Sharepoint eine starke Strukturierung der SBC-Elemente in Ordnerstrukturen, globalen Taxonomien oder Seiten, die häufig nach unternehmensweiten Richtlinien erstellt wurden. Für eine geordnete Dokumentablage ist dies von Vorteil, jedoch erschwert die starke Strukturierung häufig die freie Interaktion . Jive steht hierzu im starken Kontrast. Während mit Bereichen und Subbereichen eine hierarchische Strukturierung zwar möglich ist, weisen die häufig genutzten themenbezogenen Gruppen keine Hierarchie auf. Der Nutzer arbeitet also eher mit der Suche nach für ihn relevanten Themen und interagiert themenbezogen. Durch die geringe Strukturierung wird eine Navigation ohne Suche jedoch schwieriger. Ist dann die richtige Gruppe gefunden, wird der Nutzer über den sogenannten Activity Stream über die wichtigsten Interaktionen in diesen Gruppen auf dem Laufenden gehalten. Confluence geht einen Mittelweg. Dokumente werden strukturiert abgelegt in Bereichen und Subbereichen, jedoch kann jeder – wenn nicht durch Berechtigungskonzepte eingeschränkt – die Struktur anpassen. Auch Confluence fokussiert dabei stärker auf die Arbeit am gemeinsamen Dokument als auf informelle Diskussion.

Merkmal

Sharepoint

Jive

Confluence

Arbeiten mit Dokumenten

Arbeiten mit MS Office Dokumenten sehr gut umgesetzt, andere nur eingeschränkt

Dokumentenerstellung mit Rich Text Editor, nur wenig Möglichkeit innerhalb von Dokumenten zu strukturieren

intuitive und einfache Bearbeitung und Strukturierung durch Rich Text Editor und viele Templates

Reality Check Collaboration
Studie von PAC und Berlecon
PAC und Berlecon befragten zwischen Februar und April dieses Jahres 100 IT-Verantwortliche aus Unternehmen, die hierzulande mindestens 500 Mitarbeiter beschäftigen, wie sie über Collaboration denken. Hier finden Sie die Ergebnisse der Studie:
Die Botschaft ist angekommen
Die IT- und Business-Entscheider haben die Wichtigkeit des Themas Collaboration erkannt. Vier von fünf der befragten Unternehmen haben vor, in den kommenden zwei Jahren Geld dafür auszugeben - viele nicht zum ersten Mal, sondern um vorhandene Systeme zu ersetzten oder zu erweitern.
Kostenvorteile sind abgeschöpft
Die formulierten Ziele nehmen sich durchaus strategisch aus. An der Spitze rangieren die Vernetzung der Mitarbeiter über Standortgrenzen hinweg sowie die Möglichkeit, Teamarbeit zu fördern und die Produktivität zu steigern. Kosten sparen oder das E-Mail-Aufkommen reduzieren sind nachgeordnet
Das bislang Erreichte ist zu wenig
Offenbar sind viele Unternehmen mit den bisherigen Ergebnissen ihrer Collaboration-Bemühungen nicht zufrieden. Wie der Autor der Studie, Andreas Stiehler, herausstellt, stufen zwei Drittel der Befragten das Ziel "effizientere Nutzung vorhandener Tools und Anwendungen" als wichtig oder sogar sehr wichtig ein. Das lasse sich allerdings auch so interpretieren, dass die Anwender zu der Erkenntnis gelangt seien, die Implementierung neuer Tools allein reiche nicht aus, um die Zusammenarbeit zu verbessern.
Belange der Anwender sind offenbar Nebensache.
Was die Anwender wollen, wird zu wenig berücksichtigt. Neben der Binsenweisheit von der notwendigen Unterstützung durch das Topmanagement ist die Akzeptanz der Endanwender das wichtigste Kriterium für den Erfolg eines Collaboration-Vorhabens.

Streams, neue Aktivitäten und Dashboard dienen als Informationsfilter

Der Activity Stream in Jive ist sehr fein granular filterbar.
Foto: Wucher/Schmidl/Reebs

Neben der Struktur ist auch die Informationsfilterung eine wichtige Funktion, denn je aktiver eine Plattform genutzt wird, desto eher droht der einzelne Anwender, in Informationen zu ertrinken. Andererseits sollen relevante Informationen nicht verloren gehen, da sonst der Vorteil der Plattform ebenso erodiert. Jive zeigt deshalb die Interaktion in drei Streams an. Im Ersten sieht der Nutzer sämtliche Interaktionen auf der Plattform, im zweiten Stream findet er alle Interaktionen zu den Themen, in die er irgendwann involviert war oder die er explizit verfolgt. Im Dritten erkennt er alle Interaktionen, die von ihm Aktivität verlangen. Jeder Stream kann dann noch fein-granular fokussiert werden. Sharepoint hingegen begrenzt die Benachrichtigung zunächst auf neue Aktivitäten von Mitarbeitern aus derselben organisatorischen Einheit. Zusätzlich lassen sich die Interaktionen beliebiger anderer Mitarbeiter verfolgen. Confluence bietet auf einem Dashboard – der persönlichen Startseite – eine Liste aller Aktivitäten und eine nach Favoriten gefilterte Aufstellung. Es gibt jedoch keine Mechanismen, diese Filterung fein-granular anzupassen.

Mekmal

Sharepoint

Jive

Confluence

Informations-strukturierung

Starke, ordnerartige Strukturierung

Hierarchien möglich in Bereichen; Gruppen hierarchiefrei; größerer Fokus auf Suche und Activity Streams

Inhalte strukturiert, hierarchisch verwaltet; jeder kann Hierarchie anpassen

Informationsfilterung

Zunächst nur Aktivitäten von Kollegen; erweiterbar

Zunächst alles, schrittweise gefiltert über Activity Stream Konzept; sehr frei anpassbar

Ansicht aller Interaktionen und gefiltert auf Favoritenbereiche

Weiterleiten von Informationen

Nutzer kann nur selbst Information abonnieren; Ausnahme: Workflow

Kollegen können über Annotationsmechanismus in den Informationsfluss aufgenommen werden

Kollegen können über Annotationsmechanismus in den Informationsfluss aufgenommen werden

Social Analytics / Empfehlung

basierend auf Überlapp neuer Beiträge mit Tags des Nutzers

Cloud-basierter Empfehlungsdienst mit ausgefeilten Heuristiken

keine vergleichbare Funktion

Sharepoint und Jive lassen sich gut in MS Office integrieren

Auch aus Sicht der IT-Abteilung unterscheiden sich die drei SBC Plattformen. Die Plattform lassen sich natürlich einfacher einführen, wenn bereits Erfahrungen mit der Software selbst oder zumindest mit der Softwarekategorie vorhanden sind. Wird eine komplett neue Software eingeführt, stellen sich Fragen der technischen Integration und der Interfacegestaltung. Dabei ist die Landschafts- und die Standardsoftwareintegration zu unterscheiden. Unter ersten Punkt fallen Aspekte wie der Anschluss an eine zentrale Nutzerverwaltung (LDAP Server) oder Single-Sign-On. Alle drei betrachteten Lösungen bieten in dieser „Hygieneklasse“ vergleichbare Funktionen. Anders sieht es bei der Integration in die Standardsoftware des Büroalltags – Microsoft Office – aus. Hier punktet Sharepoint naturgemäß mit sehr guter Integration, dicht gefolgt von Jive, das sich über ein kommerzielles Plugin recht gut in die Office-Welt integriert. Confluence braucht für die Arbeit mit Office-Dokumenten einen Konnektor, der nur die Ansicht- und Editiermöglichkeiten direkt in der Confluence-Oberfläche erlaubt.

Merkmal

Sharepoint

Jive

Confluence

Integration in IT-Landschaft

Nutzung von LDAP, SSO, etc. möglich

Nutzung von LDAP, SSO, etc. möglich

Nutzung von LDAP, SSO, etc. möglich

Integration in MS Office

Sehr gute Integration direkt möglich

Sehr gute Integration über Plugin möglich, Ansicht direkt in Plattform über Plugin möglich

Ansicht- und Editiermöglichkeit innerhalb von Confluence, keine Integration in Office Anwendungen

Inkrementelle Funktions-erweiterung

Etablierte Anbieter von Erweiterungen, kein App-Market

Plugin-Konzept und Ökosystem über App-Market

Breite Palette, teils kostenfreier Erweiterungen

Customized Extensions

Setzt auf .NET auf

Setzt auf JEE und OpenSource Frameworks wie Spring und Freemarker auf

Setzt auf JEE und OpenSource Frameworks wie Spring auf

Confluence bietet die meisten Plugins

Beim Editieren von Beiträgen bietet Confluence durch zahlreiche Makros eine Fülle von Möglichkeiten.
Foto: Wucher/Schmidl/Reebs

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Handhabung von Plugins und ähnlichen Konzepten. In Sachen Vielfalt kann hier Confluence mit vielen, teils kostenfreien Erweiterungen positiv hervorstechen. Jive hingegen bietet ein Plugin-Konzept und zusätzlich einen optional aktivierbaren App Market an. Auch um Sharepoint hat sich ein ausgeprägtes Ökosystem entwickelt, das allerdings an Vielfalt nicht mit Confluence konkurrieren kann und kein dem App Market vergleichbares System bietet. Interessant wird es, wenn Funktionalitäten selbst nachgebaut werden müssen. Sharepoint’s Herz schlägt in der .NET Welt, Confluence und Jive bauen auf JEE auf. Die Kosten für die Erweiterung sind dann also davon abhängig, welche der beiden Entwicklungswelten im Unternehmen bereits etabliert ist.

Beim Berichtigungsmanagement fällt Confluence etwas ab

Aber auch aus Prozessgestaltungs – und Überwachungssicht unterscheiden sich die Plattformen. Während der offene Informationsaustausch vordergründiges Ziel einer SBC Plattform ist, gibt es auch Inhalte, die nur mit eingeschränktem Zugriff versehen werden sollen. Sharepoint blendet hierzu mittels security-trimmed views Oberflächenbestandteile vollständig aus, für die ein Nutzer keine Berechtigung hat. Bei Jive können Oberflächenbestandteile nicht rechtebasiert ausgeblendet werden, allerdings die darin enthaltenen Inhalte. Außerdem gibt es geheime Gruppen, die nur ihren Mitgliedern angezeigt werden. Confluence kann mit Space-bezogenen Berechtigungskonzepten ein vergleichbares Leistungsniveau erreichen. Blickt man jedoch auf eine stärkere Kontrolle der ausgetauschten Inhalte mittels expliziter Freigabemechanismen, wartet Sharepoint mit den Vorteilen einer guten Workflow-Unterstützung auf. Jive nutzt dagegen ein Moderationskonzept und ein separates Freigabesystem, die jeweils über Benachrichtigungen aber ohne eigentliches Workflowmanagement operieren. Confluence steht den beiden hier etwas nach und bietet dies nativ nicht an – es muss per Plugin bei Bedarf erweitert werden.

Merkmal

Sharepoint

Jive

Confluence

Einschränkung der Sichtbarkeit

Ausblenden von Bestandteilen über security-trimmed views

Ausblenden von Inhalten ohne Berechtigung, Container bleibt sichtbar

Space-bezogene Sichtbarkeiten

Freigabemechanismen

Umsetzbar über Workflow-Funktionalität

Moderationskonzept auf Bereichsebene, Freigabesystem mit Benachrichtigungen (kein vollwertiger Workflow)

Nur über Erweiterung mit Plugin nutzbar

Unterstützung (teil-)standardisierter Interaktion

Sehr gut über Workflow-Funktionalität

Keine direkte Unterstützung

Keine direkte Unterstützung

Fazit

Bei der Wahl der richtigen SBC-Lösung steht die Frage nach dem Ziel im Vordergrund. Ist die Arbeit am gemeinsamen Dokument entscheidend, ist eine Herangehensweise aus der Wiki-Welt, unterstützt durch Anwendungen wie Confluence, oft ein guter Startpunkt. Ist das Unternehmensumfeld noch stärker an Prozessen ausgerichtet und will sich langsam der unstrukturierten Interaktion öffnen, bietet sich die Unterstützung einer breiter aufgestellten Plattform wie Sharepoint an, insbesondere wenn diese als Bestandsanwendung schon genutzt wird. Ist das Unternehmen jedoch bereit, schnell in eine unstrukturiertere, freiere Interaktion der Mitarbeiter und damit einen schnelleren Informationsfluss einzutauchen, bietet sich die Nutzung von Anwendungen an, die auf genau dies fokussieren, wie beispielsweise Jive. In der Praxis trifft man häufig auf gemischte Anforderungen und die Integration von zwei oder drei dieser Anwendungen bietet die größten Vorteile für das Unternehmen. Welches System dann als führendes genutzt werden soll, wird zu einer spannenden Frage, die nur im Einzelfall zu beantworten ist und bei der breite Erfahrung in Konzeption und Umsetzung helfen. (wh)