Schneller Vorteil bestimmt IT-Investitionen

13.11.2001 von Karin Quack
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die kurze Glamour-Phase der Informationstechnik ist vorüber. Statt E-Business-Innovationen zu verlangen, fragen Vorstände und IT-Manager nach dem Return on Investment (RoI) der Projekte. Zudem hat sich ihr Interesse weg von den außenwirksamen und hin zu eher Infrastruktur-orientierten Vorhaben verschoben, so die diesjährige „Critical-Issues“-Studie des IT-Dienstleisters CSC.

Die konservativen Werte sind bei den Planern von Informationssystemen (IS) wieder gefragt. Die Vorgaben lauten derzeit: Effektivität und Prozessunterstützung verbessern, vorhandene Systeme integrieren und konsolidieren, veraltete auf den aktuellen Stand bringen, Kosten senken und einen möglichst schnellen, nachweisbaren Return on Investment (RoI) erzielen.

Zu diesem Ergebnis gelangte der weltweit operierende IT-Dienstleister Computer Sciences Corp. (CSC) im Rahmen seiner diesjährigen Anwenderbefragung * „Critical Issues of Information Systems Management“, an der mehr als 1.000 IT-Experten teilnahmen. Unter den Befragten waren 86 IT-Manager aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Drei Viertel der Unternehmen aus diesen zentraleuropäischen Ländern hatten im vergangenen Jahr das Thema „Entwicklung einer E-Business-Strategie“ als sehr wichtig bezeichnet und es damit zum unangefochtenen Spitzenreiter der Prioritätentabelle gemacht. Im laufenden Jahr wurde es offenbar weitgehend von der To-do-Liste gestrichen; derzeit rangiert es nur noch auf Platz 14.

Sicher haben einige der Befragten eine solche Strategie bereits entwickelt und das Thema deshalb ad acta gelegt . Allerdings zeigen unter anderem die Ergebnisse einer von Cap Gemini Ernst & Young vorgenommenen Umfrage bei deutschen Fertigungsunternehmen, dass nur jedes zweite eine solche Strategie vorzuweisen hat.

Die CSC Ploenzke AG, Wiesbaden, zieht aus dem gesammelten Datenmaterial ihre eigenen Schlüsse: Viele E-Business-Projekte sind nach Meinung der Berater aus dem Rheingau schlicht umgetauft worden. Zwar handelt es sich um Applikationen zur Unterstützung des digitalen Geschäfts, doch tragen sie - angesichts der veränderten Stimmung im Markt - nicht mehr das Etikett E-Business. Gerade in Europa sei ein beträchtlicher Teil (22,3 Prozent) der entsprechenden Vorhaben bereits umgesetzt.

Fast alle neu geplanten Investitionen beziehen das Internet ein; auch hier habe Europa gegenüber den USA die Nase vorn. Im Einklang mit ihrer Rolle als „Commodity“ müssten sich die E-Business-Projekte, in der Vergangenheit quasi außer Konkurrenz gelaufen, neuerdings der Forderung nach einem schnellen RoI stellen; in ein bis zwei Jahren habe sich die Investition in ein solches Vorhaben auszuzahlen. Um den erzielten Erfolg messbar zu machen, werden vielerorts spezielle Prüfwerkzeuge und Measurement-Maßnahmen genutzt.

* Die Studie

Schon zum 14. Mal veröffentlichte der US-Dienstleister Computer Sciences Corp. (CSC), der Anfang 1995 die deutsche Ploenzke AG übernahm, die Ergebnisse seiner jährlichen Anwenderbefragung „Critical Issues of Information Systems Management“. Die Basis bildeten in diesem Jahr 1009 Teilnehmer aus 31 Ländern, in der Mehrzahl (72 Prozent) Topmanager aus dem IT-Umfeld und zu etwa zwei Fünfteln aus Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 500 Millionen Dollar.

Der Fragebogen ging vor allem auf die „Top IS Issues“ ein: Aus einer Auswahl von 22 Zielen (plus der Möglichkeit, ein individuelles zu definieren) sollten die Befragten diejenigen ankreuzen, die für sie die höchste Priorität haben.
Weitere Fragen beschäftigten sich mit den „Key Initiatives“ und der IS-Organisation des jeweiligen Unternehmens. Die Befragung war im August 2001 abgeschlossen.

Effektivität statt Innovation

Ganz allgemein hat sich laut CSC Ploenzke der Fokus der IT-Manager von „innovativen“ IT-Themen in Richtung „back to basics“ verschoben. Ein Blick auf die diesjährigen obersten Prioritäten verdeutlicht, dass im Vordergrund des Interesses jetzt eher die unspektakulären, Infrastruktur-orientierten Projekte stehen. Damit ist der Trend des Vorjahres völlig auf den Kopf gestellt (siehe CW 49/00, Seite 4).

Das IT-Ziel Nummer eins im deutschsprachigen Raum heißt gemäß der aktuellen CSC-Studie „Effektivität der Organisation optimieren“ - dicht gefolgt von „Unternehmensweite IT-Services verbessern“. Im vergangenen Jahr besetzte das „Daten-Management“ Platz zwei, heuer belegt es den fünften Rang. Somit spielt die Organisation des Datenbestands - und deren Unterthemen Data Warehousing sowie Business-Intelligence - in der Planung der IT-Manager immer noch eine, wenn auch nicht mehr ganz so bedeutende Rolle.
Unverändert wichtig ist den befragten Unternehmen auch die Anbindung ihrer Kunden auf der einen und ihrer Zulieferer oder Partner auf der anderen Seite.



Trotzdem wagt CSC Ploenzke die These: Die während des „Internet-Hypes“ zu beobachtende starke Fokussierung in Richtung Außenwelt ist dem Bestreben gewichen, innerhalb der eigenen Organisation „für Ordnung zu sorgen“. Durch die Integration teilweise überstürzt eingeführter Insellösungen mit der bestehenden IT-Landschaft soll jetzt die Produktivität gesteigert werden. Das gilt besonders für Europa.

Mit dieser Erkenntnis korrespondiert die Liste der Themen, die in diesem Jahr nur unter „ferner liefen“ rangieren: Neben der schon erwähnten E-Business-Strategie fehlen in den zehn Hauptzielen der mitteleuropäischen Anwender auch die Punkte „Integration der Systeme mit dem Internet“ (2000 auf Rang sechs, 2001 nur auf Platz 18) sowie „IT- und Unternehmensziele in Einklang bringen“ (von acht auf 13 gerutscht). Weltweit ist das „Alignment“ allerdings nur um einen einzigen Platz nach unten gesackt (von sechs auf sieben).

Unterschiede im Internationalen Vergleich

Die interkontinental erhobenen Ergebnisse unterscheiden sich teilweise noch deutlicher von denen, die in Zentraleuropa gesammelt wurden. Zwar tauchen die beiden höchsten Prioritäten einfach nur in umgekehrter Reihenfolge auf, aber beispielsweise die „Aktualisierung veralteter Systeme“ stellt im deutschsprachigen Raum offenbar ein weit dringlicheres Problem dar (Platz drei) als in den anderen Ländern (Rang sechs).

Zu einer Erklärung taugen möglicherweise die Angaben aus dem detaillierter abgefragten Bereich Systementwicklung. Hier wird deutlich, dass europäische Unternehmen beispielsweise auch dazu tendieren, Standardpakete, die in den USA eher unverändert implementiert werden, für den individuellen Bedarf anzupassen.

Einen weiteren signifikanten Unterschied hat CSC Ploenzke beim Vergleich der gesamteuropäischen mit den nordamerikanischen Anwendern festgestellt: Während in der Neuen Welt nach wie vor in Lösungen investiert werde, die sich an den Kunden wenden, gäben die Europäer ihre Budgets derzeit lieber für Back-Office-Lösungen aus. Die CSC-Tochter begründet diese Divergenz mit den „unterschiedlichen Mentalitäten“, sprich der „ingenieurmäßigen“ Herangehensweise auf dem Alten Kontinent.

Offenbar ist auch die Reduzierung der IT-Kosten vorrangig ein Anliegen der europäischen, in diesem Fall besonders der deutschen, österreichischen und Schweizer Anwender. Mehr als 55 Prozent von ihnen räumen ein, auf jede Mark achten zu müssen. Sie hievten die Einsparungen in diesem Jahr auf Platz sieben, während sie weltweit nur an 14. Stelle rangieren.

Einig sind sich die Anwender weltweit in ihrer Einschätzung, dass das „Schützen und Sichern der Informationssysteme“ zunehmend wichtiger sei. Im vergangenen Jahr noch nicht auf der Auswahlliste, entpuppte sich die Sicherheit auf Anhieb als eines der Lieblingskinder der IT-Manager (weltweit auf dem fünften, in Zentraleuropa auf dem sechsten Rang). Wäre die Befragung nicht schon vor dem 11. September abgeschlossen worden, hätte dieser Punkt wohl einen noch höheren Rang belegt.

Ebenfalls neu, aber nicht ganz so akut ist die Aufgabe „Unternehmenswissen organisieren“. Das Knowledge-Management brennt in Deutschland, Österreich und der Schweiz zwei von fünf IT-Managern auf den Nägeln und steht damit auf Platz elf der Prioritätenliste. International sieht nur jeder dritte der Befragten hier einen dringenden Handlungsbedarf.

Last, but not least hat auch das Thema „Geschäftsprozessoptimierung“ in Zentraleuropa erheblich an Bedeutung gewonnen. Im vergangenen Jahr noch auf einem unscheinbaren 17. Platz, schob es sich heuer auf Rang neun vor. Hier hinken Deutschland, Österreich und die Schweiz dem internationalen Standard ein wenig hinterher; weltweit wird das Thema schon länger als strategisch gewürdigt.