Schmerzhafte Veränderungsprozesse quälen IT-Abteilungen

15.02.2007
In vielen Unternehmen gelingt es den IT-Organisationen nur langsam, Herausforderungen wie Industrialisierung, Outsourcing und Service-Orientierung anzunehmen.

Viele Firmen sind gegenwärtig dabei, die Fertigungstiefe in ihrer IT zu reduzieren. Sie wickeln nur noch die Leistungen ab, die sehr individuell sind, und lagern alle anderen Services aus, um Skaleneffekte nutzen und die Kosten senken zu können. Dieser Industrialisierungsprozess verlangt von den IT-Abteilungen, eine möglichst optimale Infrastruktur zu schaffen, um die Leistungen von Partnern nahtlos in die eigene IT integrieren zu können. Bis dahin liegt jedoch noch ein weiter, steiniger Weg vor vielen IT-Organisationen.

Doch das Bewusstsein für den - an sich nicht neuen - Industrialisierungsprozess in der IT ist in letzter Zeit stark gestiegen. Zu dieser Erkenntnis kommt das IT-Service-Unternehmen Capgemini in seiner neuesten Studie "IT-Trends 2007". Die Dienstleister befragten das fünfte Jahr in Folge IT-Verantwortliche größerer Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Insgesamt 108 IT-Manager standen ihnen Rede und Antwort (siehe auch die Studie vom letzten Jahr: Das Sparen muss endlich ein Ende haben)

Die Studie zeigt unter anderem, dass die Fertigungstiefe in allen Bereichen sinkt, und zwar stärker als in einer vor einem Jahr ebenfalls von Capgemini vorgenommenen Erhebung prognostiziert. Während vor zwölf Monaten noch durchschnittlich knapp 36 Prozent der Software im eigenen Haus entwickelt wurde, sind es in diesem Jahr nur noch rund 28 Prozent. Noch deutlicher ist inzwischen die Eigenleistung bei der Pflege und Wartung von Infrastruktur und Anwendungen zurückgegangen. Sie sank jeweils um rund zehn Prozent.

IT-Sicherheit, Integration und SOA sowie Business-Intelligence schlucken die IT-Budgets
Foto: Capgemini

Nach Meinung der Befragten wird in fünf Jahren nur noch rund ein Fünftel des individuell geschriebenen Codes intern programmiert. 35 Prozent der Infrastruktur wird vom Unternehmen selbst betreut und etwas mehr als 40 Prozent der Arbeiten im Rahmen von Pflege und Wartung der Anwendungen im eigenen Haus erbracht.

Um diese Ziele zu erreichen, steuert die Mehrheit der Befragten die entsprechenden Veränderungen aktiv. Viele stehen bei ihren Bemühungen jedoch erst am Anfang: Die Prozesse beispielsweise hat erst knapp ein Drittel der Befragten definiert, auch bei der Implementierung von Standards, dem Change-Management innerhalb der Organisation und dem Partner- und Dienstleistungs-Management ist die Mehrzahl der Projekte laut Capgemini noch nicht abgeschlossen.

Obwohl die Fertigungstiefe sinkt und das bemühen um Kostenkontrolle und -senkung überall erkennbar ist, investieren die Unternehmen nicht weniger in IT. Die Budgets sinken 2007 nur in 14 Prozent der befragten Unternehmen, während sie bei 41 Prozent steigen und bei 39 Prozent auf dem Vorjahresniveau bleiben.

Die wichtigsten Themen

Der Umfrage zufolge ist die IT-Sicherheit wie schon in der Erhebung von 2006 das wichtigste Thema. Die IT-Leiter sehen sie vor allem durch das mangelnde Bewusstsein der Mitarbeiter und des Managements sowie durch Angriffe von innen gefährdet. Die Themen "Enterprise Resource Planning (ERP) und Harmonisierung der IT-Systeme" sowie "IT-Infrastruktur- und IT-Service-Management" folgen auf den Positionen zwei und drei. Zwei Plätze - von sechs auf vier - rückte das Thema Business Intelligence auf, bei dem die Datenqualität im Mittelpunkt steht. Hohe Bedeutung hat auch der Komplex "Integration und Service-orientierte Architekturen", der zum ersten Mal gemeinsam abgefragt wurde.

Vom IT-Lieferanten zum Business-Partner der Fachbereiche: Die Rolle des CIO ändert sich
Foto: Capgemini

In dem Maße wie die IT-Landschaften der Unternehmen flexibler werden und Service-orientierte Architekturen Einzug halten, verändert sich die Rolle des IT-Managers. Zurzeit sehen 79 Prozent der Befragten seine primäre Aufgabe darin, als Dienstleister des Unternehmens für die reibungslose Lieferung der IT zu sorgen. Doch in Zukunft muss er sich als Business Partner verstehen, der geschäftliche Anforderungen in technische Lösungen übersetzt. Diese Rolle nehmen heute lediglich 53 Prozent der Befragten wahr, in fünf Jahren werden es laut Capgemini 92 Prozent sein. Diese Tätigkeit entwickelt sich zur Hauptaufgabe.

Keine Zeit für Wirtschaftlichkeitsberechnungen

Zum ersten Mal wurden die Teilnehmer gefragt, wie zufrieden sie mit der Wirtschaftlichkeit ihrer Anwendungen sind. Auf einer Skala von eins bis sechs erhielten die meisten Applikationen eine Note im Bereich drei. Am besten schnitten Mobillösungen mit einer Bewertung von 2,51 ab - anscheinend halten sie, was sei versprechen, nämlich eine bessere Effizienz und Zeiteinsparungen.

Auf der Skala von 1 (sehr wichtig) bis 6 (unwichtig)steht die Sicherheit an oberster Stelle
Foto: Capgemini

Allerdings zeigte sich, dass viele Projekte nicht mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung unterlegt werden und die Ergebnisse deshalb eher auf Schätzungen als auf Zahlen beruhen. Obwohl der Druck Kosten zu senken nach wie vor Thema ist, scheuen viele IT-Verantwortliche die Mühe, einen Business Case zu erstellen.

Auch hat sich die Einhaltung von Zeitplänen und Budgets nicht nennenswert verbessert. Ein Grund dafür mag sein, dass sich der Mangel an internen Ressourcen im Vergleich zum vergangenen Jahr verschärft hat und die Anzahl der Projekte gestiegen ist. Trotzdem verzichten 47 Prozent der Befragten darauf, spezifische Governance-Prozesse zu nutzen, um geschäftskritische Vorhaben zu steuern und zu überwachen. (hv)