SBS löst Outsourcing- und Systemintegrations-Sparten auf

06.07.2006
Die Siemens-Tochter richtet weltweite Delivery-Zentralen ein und bündelt den Verkauf.

Gestern informierte die SBS-Geschäftsleitung in einem internen Memo die Mitarbeiter über die neue Ausrichtung des Unternehmens. Kern der künftigen Organisation ist eine Zentralisierung aller Funktionen und eine enge Ausrichtung an der Geschäftsstrategie des Mutterkonzerns.

Nach dem Verkauf der Einheit Product Related Services (PRS) an Fujitsu Siemens Computer Ende vergangenen Jahres werden nun auch die verbleibenden Geschäftsbereiche Operation Related Services (IT-Outsourcing und BPO-Services) sowie Solutions (Systemintegration, Projektgeschäft) aufgelöst. In der neuen Organisation, die zu Beginn des neuen Geschäftsjahres am 1. Oktober 2006 an den Start gehen soll, wird die Produktionseinheit "Global Operations" weltweit verteilte Delivery-Zentren betreiben. Darin bündelt SBS sämtliche Ressourcen, die Services für die Kunden liefern, also sowohl Mitarbeiter aus den bisherigen Outsourcing- als auch aus den Systemintegrations- und Beratungseinheiten. Eine Entscheidung darüber, wie viele dieser Servicezentralen weltweit eingerichtet werden sollen und welche Standorte betroffen sind, ist angeblich noch nicht gefallen.

SBS-Chef Christoph Kollatz will mit Neuausrichtung des Geschäfts die Margenziele erreichen.
Foto: SBS

Zudem plant das Management unter Leitung von SBS-Chef Christoph Kollatz, alle Vertriebsmitarbeiter im Unternehmensbereich "Global Sales" zusammenzuziehen. Auch hier sollen Vertriebskollegen aus dem Betriebs- und dem Lösungsgeschäft künftig unter einem Dach arbeiten. In der Säule "Global Portfolio" werden SBS-Experten vornehmlich strategische Aufgaben leisten und das Serviceangebot weltweit vereinheitlichen.

Diese Konzentrationsbemühungen werden von einer Zentralisierung des Einkaufs flankiert, um deutliche Kosteneinsparungen zu erzielen. Das ist nicht neu, sondern Teil des Turn-around-Programms von SBS. Im Rahmen dieses Vorhabens muss die Siemens-Tochter bis zum Frühjahr 2007 insgesamt 1,5 Milliarden Euro an Kosten einsparen. Jeweils die Hälfte entfallen auf Personal und auf Sachgüter, ein zentraler Einkauf ist dabei ein wichtiger Hebel für Sparmaßnahmen. SBS bestätigte erneut die Pläne, insgesamt 5400 Stellen zu streichen. Von den angekündigten 2400 im Inland betroffenen Arbeitsplätzen seien bereits mehr als die Hälfte zum Jahresanfang abgebaut worden, so ein Sprecher des Unternehmens.

Neu ist hingegen, dass über die angekündigten Kürzungen hinaus weitere 350 Stellen zur Disposition stehen. Die betroffenen Mitarbeiter betreiben derzeit noch Services für den an Fujitsu Siemens verkauften Bereich. Offenbar hat Fujitsu Siemens eine Ausstiegsoption ausgehandelt. Falls sich der Hardwareanbieter für einen anderen Lieferanten entscheidet, könnten die Stellen weg fallen. Betriebsbedingte Kündigungen wolle man jedoch auch in diesem Fall vermeiden.

Umsatzverteilung im Geschäftsjahr 2005: Kunden aus der Finanzbranche zählen künftig nicht mehr zu der bevorzugten Zielgruppe.

Mit der Neuorganisation geht zudem eine überarbeitete Branchenausrichtung einher. Zu den bevorzugt angesprochenen Kunden gehören künftig Unternehmen aus den Segmenten Automotive, Energie, Chemie, Telekommunikation und öffentliche Hand. Dabei sollen SBS-Mitarbeiter eng mit Managern aus den Siemens-Bereichen kooperieren, um den Industriekunden Angebote für die Integration ihrer Produktions- und Office-IT zu unterbreiten. In der Liste der Branchenschwerpunkte fehlt der für Siemens besonders wichtige Medizinbereich. Diese Branche, so SBS, wolle man erst im zweiten Schritt ansprechen. Bislang sei man hier zu schwach aufgestellt, um diesen Markt schon zu Beginn der Neuausrichtung aktiv anzugehen.

Insgesamt verlieren die Länderchefs in der neuen Organisationsstruktur an Einfluss. Große Niederlassungen unterhält SBS in Großbritannien, Österreich und den USA. Besonders die britischen Aktivitäten sind sehr lukrativ und verfügen über große Reputation im Behördengeschäft. Siemens dürfte besonderes Augenmerk darauf legen, diese Kunden nicht mit seiner Restrukturierung zu vergrätzen.

Mit den geplanten Änderungen stärkt Siemens die Verbindungen zur eigenen IT-Service-Tochter. Schon im März 2005 waren alle Siemens-Geschäftsbereiche dazu aufgefordert worden, IT-Dienste nur noch von SBS zu beziehen. Wie der SBS-Sprecher mitteilt, betreibt der Dienstleister in Europa bereits 90 Prozent der IT des Mutterkonzerns.

Dennoch bleibt die Zukunft von SBS ungewiss. Keine Zweifel hegen Marktbeobachter daran, dass SBS die von Siemens-CEO Klaus Kleinfeld gesteckten Margenziele verfehlen wird. Im März 2007 muss die IT-Tochter eine Gewinnspanne zwischen fünf und sechs Prozent vorweisen, zuletzt stand ein Quartalsverlust von 194 Millionen Euro in den Büchern.

Zeitungsberichten zufolge gehen die Maßnahmen über die dargestellten Pläne hinaus. Die "Süddeutsche Zeitung" zitiert interne Quellen, wonach SBS-Chef Kollatz weitere 240 Millionen Euro bis Ende 2006 einsparen will und dazu neuerliche Stellenstreichungen nicht ausschließt (siehe auch "SZ: SBS soll 240 Millionen Euro einsparen"). Darüber hinaus berichtet "Die Welt" von einem internen Konzeptpapier des Deutschland-Chefs Ulrich Assmann. Danach gebe es noch eine Kostenlücke von 357 Millionen Euro, die man möglichst schnell schließen wolle. Seit Mai bereite Assmann unter anderem betriebsbedingte Kündigungen vor. Eine Entscheidung werde laut Zeitungsbericht im September fallen. (jha)