Sapphire

SAP will komplexe Software für Manager verständlich machen

20.05.2008 von Frank Niemann
Auf der Konferenz Sapphire in Berlin stellte SAP die eigene Software als Plattform für die firmenübergreifende Zusammenarbeit in den Vordergrund.

Statt technischer Raffinessen betonte das Management vor allem die Möglichkeit, flexible Prozesse zu gestalten und Geschäftsdaten zur Entscheidungsfindung auszuwerten. Ob dies mit der versprochenen Einfachheit möglich sein wird, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Stärker als bisher kehrte SAP auf der Sapphire ihre Kompetenz bei der Gestaltung von Geschäftsprozessen heraus. In seiner Eröffnungsrede der bemühte sich Co-CEO Henning Kagermann, weit weniger technische Begriffe zu verwenden als sonst. SAP will so für Verständnis bei Fachbereichsleitern sorgen, die das SAP-Fachchinesisch noch nie so recht verstanden haben.

ERP ade

"Wir verabschieden uns von den Abkürzungen mit drei Buchstaben", gab Kagermann als Devise aus. Gemeint seien Begriffe wie "ERP", "CRM" und "SCM". Statt für solche Schlagwörter würden sich Unternehmen für Prozesse interessieren, die ihnen helfen, akute Probleme zu lösen. Firmen seien heutzutage gezwungen, ihre Geschäftsmodelle rasch anzupassen. Solche Innovationen hätten für manche Unternehmen Vorrang vor der Weiterentwicklung ihrer Produkte. Dies gelinge jedoch - schon wegen des Fachkräftemangels - nicht mehr nur durch Kompetenzen im eigenen Haus, sondern durch Kooperation mit anderen Firmen, und zwar rund um den Globus.

Sapphire-Impressionen
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Die technische Plattform dafür werde SAP liefern, so Kagermann. Neben den bestehenden Produkten wie der "SAP Business Suite", "NetWeaver" und Lösungen der übernommenen Firma Business Objects will der Softwareanbieter künftig Funktionen für die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit liefern. Ohne ins Detail zu gehen, nannte Kagermann "Collaborative Supplier Management" und "Collaborative Product Design" als Beispiele für diesen Ansatz. Mit diesen SOA-basierenden (Service-orientierte Architektur) Lösungen sollen sich Informationen und Personen für den jeweiligen Zweck mit SAP-Funktionen zusammenfügen lassen. Im Laufe des nächsten Jahres sollen die mit NetWeaver gebauten Produkte auf den Markt kommen - möglicherweise erst dann, wenn Kagermann nicht mehr im Amt ist. Im Mai 2009 läuft der Vertrag des Firmenlenkers aus.

Kagermann zufolge wird der Bedarf an transaktionaler Software, zu denen ERP-Systeme zählen, in Zukunft deutlich abnehmen, jedoch nach wie vor von großer Bedeutung sein. Kunden verlangten vermehrt von ihrer Business-Software, dass sie Personen über Firmengrenzen hinweg miteinander verbindet und sie bei Entscheidungen unterstützt: "Firmen benötigen auch weiterhin effiziente Einkaufssysteme, zusätzlich aber beispielsweise Funktionen, um den besten Lieferanten auszuwählen." In NetWeaver eingebettete Business-Intelligence-Bausteine von Business Objects könnten dem Unternehmen etwa Hinweise dazu liefern, wie sich ein neuer Zulieferer auf die Logistikkosten auswirke. Allerdings steht SAP bei der Integration der Software von Business Objects in die eigene Plattform noch am Anfang.

SOA by Design

SAP will kollaborative Geschäftsprozesse nicht nur selbst liefern, sondern Unternehmen in die Lage versetzen, diese selbst aufzusetzen. Während die Business Suite vorgefertigte Prozesse bereitstelle, könne der Anwender mit Hilfe von NetWeaver künftig Abläufe neu gestalten, ohne jedoch dafür Programmcode ändern zu müssen ("SOA by Design"). Diese selbstgebauten Dienste stellen dabei aber nicht die Release-Fähigkeit der Geschäftssoftware in Frage, sondern laufen praktisch parallel zu ihr ab ("Side by Side").

Nicht mehr nur IT-Spezialisten, sondern Experten aus Fachabteilungen sollen dank grafischer Design-Methoden ausführbare Prozesse entwerfen beziehungsweise ändern können, ohne eine Programmzeile schreiben zu müssen. Die Grundlage dafür liefert das unlängst vorgestellte "Netweaver Business Process Management". Ebenso leicht soll es dem Nicht-Techniker fallen, während der Laufzeit einer Anwendung Geschäftsregeln zu ändern. Technik für "Business Rules Management" hatte SAP durch den Kauf der indischen Firma Yasu erworben. Grundlage für die SOA-Konzepte bilden das Release 7.0 der SAP Business Suite sowie NetWeaver 7.1. Die neue Suite wird über eine neue Benutzeroberfläche, eine integrierte Suchmaschine sowie eingebettete Berichtsfunktionen verfügen.

Doch was sich in Produktdemonstrationen wirkungsvoll veranschaulichen lässt, dürfte für die Anwender in der Praxis nicht so leicht sein. Mit Enterprise SOA hat SAP seinen Kunden auch versprochen, die Komplexität der Software zu reduzieren. Allein heute umfasst SAPs SOA-Plattform über 2800 Services, die im Enterprise Services Repository angelegt wurden. Es sollen noch viele dazukommen. Ohne Hilfe fällt es vielen Firmen schwer, sich in der Fülle an Softwarediensten zurechtzufinden.

Erstaunlicherweise ging Kagermann in seiner gestrigen Sapphire-Grundsatzrede kaum auf den Mittelstand ein - seine Ausführungen bezogen sich praktisch nur auf Großunternehmen. Gleichwohl wird SAP nicht müde zu betonen, dass etwa 70 Prozent der Kundschaft mittlerweile aus kleinen und mittelständischen Unternehmen stammen, wobei der Softwarehersteller hier eine vergleichsweise großzügige Grenze nach oben zieht.

Seine Mittelstandsstrategie stützt der Konzern unter anderem auf das Mietprodukt "Business ByDesign". Einige Tage vor der Sapphire hatte SAP den Termin für den Beginn des Volumengeschäfts damit nach hinten verschoben. Der Konzern braucht Zeit, um den Funktionsumfang der Software auszubauen und das Laufzeitverhalten zu verbessern. Fertig sein will SAP damit nach den Worten Peter Zencke, der als Entwicklungsvorstand für das Produkt verantwortlich zeichnet, bis zum ersten Quartal 2009. Zencke zufolge ist es erforderlich, gemeinsam mit Testkunden "weitere Produktmerkmale herauszuarbeiten". Anfangs habe SAP die vielfältigen Bedürfnisse dieser Klientel unterschätzt. Somit wird zur Freigabe von Business ByDesign für den Massenmarkt der Standardfunktionsumfang ausgebaut.