SAP vs. Oracle: Der Kampf um die Kunden wird härter

24.07.2006
Beide Anbieter von Business-Software wollen ihr Werben um die Kunden des Konkurrenten intensivieren, und prahlen mit ihren Erfolgen.

SAP plant offenbar, eine zweite Version seines im vergangenen Jahr gestarteten "Safe-Passage"-Programms aufzulegen. Das erklärte Bill McDermott, verantwortlich für das US-Geschäft des deutschen Softwareherstellers, am Rande der Bilanzkonferenz, die vergangene Woche in New York stattfand. "Es ist unser Job, an die Oracle-Kunden heranzutreten und sie wissen zu lassen, dass es eine Alternative gibt."

SAP hatte seine Safe-Passage-Initiative Anfang vergangenen Jahres gestartet. Damit sollten die durch 18 Monate Übernahmepoker verunsicherten Anwender der schließlich doch von Oracle übernommenen Softwareanbieter Peoplesoft und J.D. Edwards für die eigenen Anwendungen gewonnen werden. In den darauf folgenden Monaten weiteten die badischen Softwerker ihr Angebot auf die ebenfalls von Oracle aufgekauften Produktlinien des Handelsspezialisten Retek und des CRM-Anbieters Siebel aus (siehe auch: SAP erweitert "Safe-Passage"-Programm). Im Rahmen von Safe Passage erhielten umsteigewillige Anwender Migrationshilfen sowie eine bis zu 75-prozentige Anrechnung ihrer bestehenden Oracle-Lizenzen. Zudem bietet SAP über den im Frühjahr 2005 übernommenen Wartungsdienstleister TomorrowNow Support für die Softwareprodukte des Konkurrenten an (siehe auch: TomorowNow will Oracle mehr Kunden abluchsen).

Bislang hätten 310 Anwenderunternehmen die Umstiegshilfe in Anspruch genommen, erklärte jüngst Leo Apotheker, Vorstandsmitglied der SAP. Allein während der ersten Jahreshälfte 2006 habe man mit Safe Passage 110 Neukunden für SAP gewonnen. Über die Details von "Safe Passage 2" schweigt sich das SAP-Management bislang noch aus. Laut McDermott will SAP die neue Offerte noch im dritten Quartal des laufenden Jahres publik machen. Neben finanziellen Vergünstigungen werde es weitere Werkzeuge geben, die die Migration von Oracle auf SAP weiter vereinfachten, so der Manager. Für McDermott gibt es drei viel versprechende Angriffspunkte in Oracles Kunden-Phalanx: ERP-Kunden von J.D. Edwards sowie Anwender der Customer-Relationship-Management-Lösungen (CRM) von Siebel und der Human-Resources-Produkte (HR) von Peoplesoft.

Oracle wird seine Klientel jedoch kaum kampflos dem Konkurrenten preisgeben. Vielmehr versucht der weltweit zweitgrößte Softwarehersteller im Gegenzug SAP-Kunden für die eigenen Produkte zu begeistern. Das Oracle-Management hatte als Antwort auf Safe Passage eine Gegeninitiative gestartet (siehe auch: OFF SAP: Oracle will SAP-Kunden abwerben). Mit "Oracle Fusion For SAP" (OFF SAP) bietet das Management im US-amerikansichen Redwood Shores unzufriedenen SAP-Anwendern die Möglichkeit, auf Oracle-Applikationen umzusteigen. Als besonderer Anreiz dient dabei eine 100-prozentige Anrechnung der SAP-Investitionen auf den Oracle-Lizenzvertrag. Zudem kündigte der Konzern vor kurzem an, Wartungs- und Supportleistungen für SAP-Anwendungen anzubieten (siehe auch: Oracle will Support für SAP-Produkte anbieten)

Der Datenbankspezialist hat mit seinem Programm in erster Linie Anwender im Visier, die noch ältere SAP-R/3-Releases verwenden. Für viele Kunden aus dieser Gruppe laufe Ende 2007 der Support aus. Weitere Unterstützung ist laut den Wartungsstatuten der SAP mit höheren finanziellen Aufwendungen verbunden. R/3-Kunden, die einen Mysap-Vertrag möchten, muss dagegen eine neue Lizenz kaufen. Die Anrechnung der Altlizenzen wird von Jahr zu Jahr geringer. Vor diesem Hintergrund hofft Oracle, einen Teil der von dem Wechsel betroffenen Anwender für die eigenen Produkte gewinnen zu können.

585 Unternehmen hätten bereits Oracle gegenüber SAP vorgezogen, tönte der US-Anbieter erst vor kurzem in einer offiziellen Verlautbarung. Zudem hätten sich bereits über 2200 Kunden für das OFF-SAP-Programm registriert.

Angesichts der jüngsten Quartalszahlen verschärfte sich der Ton zwischen den beiden Riesen im weltweiten Geschäft mit Business-Applikationen weiter. Während Oracle vor allem im Applikationsgeschäft in seinem abschließenden Quartal des Fiskaljahres 2005/06 ein glänzendes Ergebnis ablieferte (siehe auch: Oracle macht glänzende Geschäfte), verfehlte SAP in Sachen Lizenzgeschäft die Erwartungen der Analysten deutlich. Statt 675 Mio. Euro stand unter diesem Posten lediglich 621 Millionen Euro zu Buche (siehe auch: SAP steigert Lizenzumsatz unerwartet schwach). "Wir haben den wunden Punkt SAPs gefunden", triumphierte Oracle-President Charles Phillips. Der Wettbewerber gerate ins Straucheln und Oracle werde sich genau darauf konzentrieren.

"Wir machen uns keine Sorgen", wiegelte SAP-Mann McDermott ab. Er gehe davon aus, dass SAP seine selbst gesteckten Ziele für das laufende Jahr erreichen wird. Dabei verweist der US-Manager auf die neuesten ERP-Angebote, das Gemeinschaftsprojekt mit Microsoft "Duet", die aktuellen CRM-Anwendungen sowie erweiterte Analysefunktionen. Oracle werde in den kommenden Quartalen Schwierigkeiten bekommen, stichelte McDermott gegen den Konkurrenten. Dessen steigende Softwareeinnahmen seien einzig und allein dem Wartungsgeschäft geschuldet. (ba)