SAP-Vorstand Agassi: "Anwender müssen sich mit ERP-Upgrade beeilen"

18.10.2006
Auf der Entwicklerkonferenz "SAP TechEd" in Amsterdam forderte SAP-Vorstandsmitglied Shai Agassi auf, möglichst bald von R/3 auf Mysap ERP 2005 zu wechseln. Nur so könnten sie von den Vorteilen von SAPs Konzept "Enterprise SOA" profitieren.

Die Grundlage von Enterprise SOA ist ein stabiler ERP-Kern und harmonisierte Stammdaten, warb Agassi auf der SAP-Entwicklerkonferenz "Teched" für die eigene Architektur. Anwender sollten deshalb die Konsolidierung von Daten sowie die Migration von R/3 auf Mysap ERP 2005 ganz oben auf ihr Aufgabenliste setzen, schärfte Agassi dem Publikum während seiner Eröffnungsrede ein.

Neben der technischen Neuausrichtung seien Agassi zufolge jedoch auch neue Fähigkeiten der IT-Experten gefordert. Nicht mehr reine ERP- oder CRM-Spezialisten würden gebraucht, sondern Fachleute mit horizontalem Wissen über Prozesse. Die Rolle des CIO heutiger Prägung werde sich teilen. Ein "Chief Process Innovation Officer" sei dafür verantwortlich, die Prozesse im Unternehmen zusammenzuhalten. Ein "Chief IT Officer" werde sich darum kümmern, Systeme und Daten zu konsolidieren.

Agassi wiederholte das Versprechen, dass Unternehmen auf der Grundlage des stabilen Kernsystems Mysap ERP 2005 Schritt für Schritt in die Service-orientierte Welt einsteigen könnten. Dieses Konzept komme den Anwendern entgegen. Viele Backend-Prozesse im ERP-System wollten die Firmen nicht verändern. Ihnen blieb aber in der Vergangenheit gar nichts anderes übrig, um auf neue Anforderungen zu reagieren. Mit Mysap ERP 2005 seien Unternehmen in der Lage, über Erweiterungspakete den Funktionsumfang der Lösung ausbauen und über Prozessdefinitionen IT-Innovationen einführen, ohne jedoch Abläufe etwa in der Finanzbuchhaltung und der Warenwirtschaft modifizieren zu müssen.

Auf Seitenhiebe Oracles, SAP komme mit seiner SOA-Strategie nicht in die Gänge und habe deshalb seine Roadmap bis zum Jahr 2012 verlängern müssen, reagierte Agassi gelassen. "Wir haben nur ein zentrales System mit einem Repository, nicht sieben verschiedene wie Oracle."

Shai Agassi preist die Vorzüge von SAPs SOA-Plattform an und drängt die Anwender zum Umstieg.

Zu den auf der Teched präsentierten technischen Neuerungen zählt der "BI Accelerator" (BIA), eine Kombination aus Intel-basierender Blade-Technik und Software von SAP. Mit dem Tool ließen sich Abfragen viel schneller verarbeiten als mit dem herkömmlichen SAP BW, hieß es. Eine wichtige Komponente dabei ist, dass die Informationen im Arbeitsspeicher liegen. Üblicherweise lagern die Informationen in einer relationalen Datenbank. "Konzepte wie BIA fordern die Hersteller relationaler Datenbanken heraus", so Agassi und landet damit einen weiteren Seitenhieb auf Oracle, dessen Hauptgeschäft der Verkauf von Datenbanklösungen ist. Beim Auffinden von Informationen soll ferner eine Suchmaschine helfen. "Enterprise Search" kommt laut Agassi nächstes Jahr auf den Markt.

Damit Anwender leichter als bisher Composite Applications ("SAP xApps") auffinden, eröffnet der Konzern Mitte 2007 den "xApp Hub". Nach dem Vorbild des Musikverzeichnisses "iTunes" von Apple sollen Firmen auf dieser Online-Plattform xApps finden und erwerben können. Auch dieses Konzept hat Vorläufer: On-Demand-Spezialist Salesforce.com hatte mit "AppExchange" vor einiger Zeit eine Internet-Plattform ins Leben gerufen, über die Mietkunden Anwendungsmodule von Partnern beziehen und in ihre Umgebung einbetten können.

xApps sind Anwendungen ohne eigene Datenbank, die Funktionen von Mysap-Produkten verwenden, um bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Diese Applikationen entwickeln sowohl SAP als auch die Partner.

Dass sich SAP auch am Frontend weiterentwickelt, demonstrierte Agassi anhand verschiedener Client-Szenarien. Ein fiktiver Urlaubsantrag eines seiner Mitarbeiter wurde im Portal, über den künftigen SAP-Client (Codename: "Project Muse"), über ein Widget-Interface auf einem Apple Macintosh, per Duet (Office-Kopplung mit Mysap ERP) sowie per Sprachsteuerung abgewiesen. Project Muse ist eine für Transaktionsumgebungen optimierte Browseroberfläche - Agassi spricht vom "Business Browser" - die sich auf Techniken wie Ajax stützt. Bei den Widgets handelt es sich um Miniprogramme, die in einer Runtime-Umgebung laufen. Die präsentierte Oberfläche setzte auf der Widget-Engine von Yahoo auf. Alle Client-Optionen werden laut SAP von der gleichen darunterliegenden Infrastruktur gestützt.

Um Anwendern die Scheu vor SOA zu nehmen, bringt SAP spezielle Produkte auf den Markt. Dazu zählt ein "Discovery Server", mit dem Firmen SOA-Umgebungen auf einem dedizierten System aufsetzen und evaluieren können. Das Produkt besteht aus dazu erforderlichen, vorkonfigurierten Netweaver-Komponenten und der Kernkomponente von Mysap ERP 2005 ("ERP Core Component"). Der Discovery Server soll weniger als 10.000 Dollar kosten.

Ein Online-Tool soll R/3-Kunden helfen, herauszufinden, welche Elemente im ERP-System in ERP 2005 anders implementiert sind. Über eine tabellarische Ansicht wird ersichtlich, wie eine Funktion in R/3 implementiert ist, wie sie in Mysap ERP 2005 aussieht und was sich konkret ändert.

Wann die ursprünglich für Ende dieses Jahres erwartete nächste Version von "Netweaver" (Codename: "New York") auf den Markt kommt, wollte Agassi nicht sagen. "Es dauert nicht mehr lang." Dieses Release soll es ermöglichen, mit dem Modellierungswerkzeug "Aris" des SAP-Partners IDS Scheer definierte Prozesse in IT-Abläufe zu überführen, die von Netweaver ausgeführt werden.

Auch die weiteren Planungen in Richtung On-Demand wollte Agassi nicht kommentieren. CRM- und SRM-Angebote zur Miete gibt es bereits von SAP. Ob auch ERP-Systeme oder zumindest Teile davon in einem Mietmodell angeboten werden könnten, lässt Agassi offen. Während CRM-Prozesse noch neu seien und einfach zu verstehen, seien ERP-Abläufe komplexer. Zudem müssten Unternehmen beispielsweise in der Finanzbuchhaltung regulatorische Richtlinien einhalten ("Compliance"), die einem On-Demand-Modell eher im Wege stehen. (fn)