Anwenderfrust wegen Enterprise Support

SAP verteidigt höhere Wartungsgebühren

22.09.2008 von Frank Niemann
Nach der Ankündigung des Enterprise Support und der damit verbundenen Anhebung der Wartungskosten sieht sich SAP massiver Kritik seitens der Kunden ausgesetzt. Nun versucht der Konzern nach plausiblen Begründungen für die neue Wartungsstrategie. Sehr überzeugend klingen die bislang jedoch nicht.

Auf der morgen beginnenden Jahrestagung der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) in Leipzig werden die SAP-Anwender ihrem Unmut über den vor einigen Wochen angekündigten Enterprise Support und die damit verbundenen Gebührenerhöhungen Luft machen. Der DSAG-Vorstandsvorsitzende Karl Liebstückel will deutlich machen, warum die SAP-Nutzer die neue Regelung ablehnen. Bereits zuvor hatte es Unmutsäußerungen gegeben (siehe auch "SAP-Kunden kritisieren neues Supportmodell" und "ERP-Wartungskosten bringen Nutzer auf die Palme").

Im Juli hatte die SAP die Kunden darüber informiert, den Umfang der Wartungsleistungen auszubauen und dafür die jährlichen Gebühren schrittweise bis 2012 von 17 auf 22 Prozent anzuheben. Für Konzerne, die im großen Stil SAP-Software erworben haben, gilt die Regelung nicht. Wer als Großkunde über 30 Millionen Euro in Lizenzen investiert hat und über fünf Millionen Euro jährlich an Wartungsgebühren an SAP entrichtet, ist von der Erhöhung ausgenommen.

Höhere Wartungskosten trotz Upgrade von R/3 auf ERP 6.0

SAP-Kunden aus dem Mittelstand kritisieren, dass sie für Leistungen zahlen sollen, die sie nicht brauchen. Viele Firmen hatten in den letzten Monaten in einen Upgrade von R/3 auf ERP 6.0 investiert, um ihre SAP-Umgebungen zum bisherigen Wartungssatz von 17 Prozent des Lizenzpreises betreiben zu können. Für Releases kleiner als R/3 4.7 verlangt der Softwarekonzern eine höhere Wartung. Diese Unternehmen staunten nicht schlecht, als ihnen diesen Sommer die SAP mitteilte, dass ihre Wartungskosten trotz des Software-Upgrades nun stufenweise steigen werden. Unter den Anwendern brodelt es mächtig.

Budget-Druck der SAP-Anwender steigt

"Wir können nicht nachvollziehen, wo die Leistungen für den mittelständischen Kunden zu finden sind", meint Gunther Reinhard, Mitglied des Vorstands der Deutschen Anwendergruppe und Sprecher des Arbeitskreises "SAP im Mittelstand". Er ist zudem IT-Manager bei der AMI DODUCO GmbH in Pforzheim.
Foto: DSAG

"Natürlich haben wir erwartet, dass die Kunden das nicht mit Begeisterung aufnehmen", so Uwe Hommel, Executive Vice President für den Bereich Service und Support von SAP. Er will die "Spannungsfelder" mit den Kunden diskutieren, sieht aber durchaus Bedarf bei den Anwendern für die erweiterten Wartungsleistungen. "Viele Firmen benötigen den Enterprise Support, wollen das aber nicht gern zugeben." Hommel macht aber keinen Hehl daraus, dass die IT-Leiter mit der Supportänderung in Schwierigkeiten geraten sind. "IT-Manager stehen unter hohem Budget-Druck. Nun verlangt SAP mehr für Wartung und die Anwender müssen woanders einsparen." Dennoch verteidigt der SAP-Manager den neuen Support. "Wegen der gestiegenen Komplexität in den Kundeninstallationen mussten wir unser Support-Modell ändern", beharrt Hommel.

Für SAP war eine Anpassung offenbar überfällig

Doch nicht nur mit der angeblich gestiegenen Komplexität der SAP-Installationen rechtfertigt Hommel den deftigen Wartungszuschlag. "Seit zehn Jahren haben wir die Wartungsgebühren nicht einmal an die Inflation angepasst", erläutert der Manager. Außerdem würde SAP im Rahmen des bisherigen Standard-Support den Kunden oft mehr Leistungen liefern, die gar nicht im Vertrag stehen, was mit den komplexen Systemumgebungen zusammenhänge. Zudem schmälerten Preisnachlässe beim Lizenzkauf die Berechnungsgrundlage für die Wartung - klingt so, als versucht die SAP, sich die gewährten Rabatte beim Lizenzvertrag über höhere Wartungssätze wieder reinholen.

Doch offenbar hat SAP nicht mit so massiver Kritik der Anwender gerechnet. Nun versucht der Konzern, den Nutzern zu verdeutlichen, der Enterprise Support biete ihnen Vorteile. Allzu überzeugend klingt das bisher aber nicht. "Nun müssen Wege gefunden werden, Betriebskosten zu senken und Innovationen bei den SAP-Kunden zu beschleunigen", gibt Hommel die Devise aus. "Kunden können ihre Kosten durch eine höhere Standardisierung und durch geringere Testaufwände senken, doch das erreichen sie nicht in drei Tagen."

Sparen durch SAP-Standardisierung?

Der Enterprise Support inklusive dem erweiterten "Solution Manager" soll ein standardisiertes Betriebsmodell für Applikationen liefern. Weitere Tools und Dienste sollen helfen, die Anzahl von Modifikationen zu reduzieren. Je weniger die SAP-Applikation des Kunden vom Standardfunktionsumfang abweicht, desto weniger aufwändig wird der R/3-Release-Wechsel beziehungsweise das Einspielen von "Enhancement Packages" unter ERP 6.0.

Fragt sich nur, wie Anwender aus dem Enterprise Support konkret Nutzen ziehen sollen, denn auch ohne weitere Investitionen lässt sich auch eine Standardisierung kaum bewerkstelligen. R/3-Kunden haben aber für den Umstieg auf ERP 6.0 Geld für Dienstleistungen und mitunter auch für neue Hardware ausgegeben. Nun müssen sie zusätzlich die Wartungsverteuerung in ihrem Budget unterbringen und sollen dann noch Luft haben, ihre SAP-Landschaft aufzuräumen. Ganz abgesehen davon verstehen die Unternehmen auch nicht, wieso der bisherige Standardsupport für sie nicht mehr ausreichen soll.