SAP-Arbeitsmarkt

SAP-Stellen bleiben unbesetzt

03.05.2010 von Hans Königes
Die Wünsche von SAP-Profis und Unternehmen klaffen weit auseinander. Davon profitieren freiberufliche SAP-Experten.
Jobs für SAP-Spezialisten gibt es in Deutschland. Aber nicht alle sind bereit, umzuziehen oder zu pendeln. (Foto: Fotolia.com/simonkr)
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Viele Jahre galt der SAP-Arbeitsmarkt als sicher und geradezu unantastbar. Doch die Zeiten änderten sich, die Krise schlug auch hier zu. Glaubt man Experten und Umfragen, kann man den SAP-Arbeitsmarkt derzeit als "uneinheitlich" bezeichnen. Das bestätigt auch Oliver Wippich, der beim Personal-Dienstleister Hays die Rekrutierung von SAP-Spezialisten leitet: "Die Wünsche von Kandidaten und Unternehmen gehen weit auseinander." So blieben viele SAP-Stellen unbesetzt.

Den SAP-Kandidaten-Markt beschreibt er wie folgt: Es gebe viele Jobs im Umfeld der klassischen SAP-Module, dazu komme ein wieder erstarkter Bereich Business Intelligence, der das Angebot an Fachkräften übersteige. Ungefähr gleich bleibe die Nachfrage nach Spezialisten in der Softwareentwicklung und der Basisadministration. Für den Rekrutierungsexperten von Hays steht fest, dass die Tendenz weg vom Spezialistentum hin zum Berater geht. Der SAP-Experte sollte sich naturgemäß mit Software auskennen, darüber hinaus aber auch mit geschäftstypischen Branchenprozessen sowie mit betriebswirtschaftlichen Themen. Wippich: "Auch wenn seine Fokussierung eigentlich im technischen Bereich liegt, wird die direkt geschäftsbezogene Komponente immer wichtiger. Dazu gehört, dass die Kommunikation zwischen IT und Fachabteilung weiter an Bedeutung gewinnt." Die reine Produktentwicklung wird seiner Meinung nach daher zunehmend durch die Beantwortung von Fragen wie "Wofür mache ich das eigentlich?", "Wer ist mein Kunde?", "Was soll mit der Software passieren?" beziehungsweise "Wofür wird sie eingesetzt?" abgelöst.

Bei den Technologiethemen sei die Zahl der zu besetzenden Stellen nicht sehr hoch, aber hier sei auch der Kandidatenmarkt entsprechend dünn. "Viele Bewerber stehen vor einer schwierigen Situation", weiß der Hays-Mann. So würden eine Reihe von Unternehmen eine SAP-Stelle ausschreiben, den Jobsuchenden den Rekrutierungs-Prozess durchlaufen lassen, um ihm dann mitzuteilen, dass man sich für eine interne Lösung entschieden habe.

Jobbeschreibungen präzise formulieren

Aber auch für Unternehmen ist die Arbeitsmarktlage seiner Ansicht nach im Moment nicht einfach: "Diejenigen Profis, die an einem Wechsel interessiert sind, sind zumeist sehr qualifiziert und erwarten von einem potenziellen Arbeitgeber interessante Weiterentwicklungsperspektiven. Daran wiederum haben die Unternehmen im Moment wenig Interesse." Deshalb agierten SAP-Kandidaten und suchende Unternehmen derzeit oft aneinander vorbei, so Wippich. Den Arbeitgebern empfiehlt der Hays-Experte, die Jobbeschreibungen aussagekräftiger zu gestalten und die Inhalte detaillierter zu schildern. Dass die meisten Stellen in Beratungshäusern zu besetzen seien, erfahrene Consultants aber den nächsten Karriereschritt eher in Anwenderunternehmen suchten, sieht Wippich als weiteres Dilemma. Darüber hinaus lägen die gehaltlichen Vorstellungen oft weit auseinander.

Startprobleme für den Nachwuchs

Berufseinsteiger haben seiner Meinung nach - genau wie Quereinsteiger - im Gegensatz zu ihren erfahrenen SAP-Kollegen eher geringe Chancen. Früher hätten Nachwuchsmitarbeiter nach dem Studium ein paar Jahre in einem Beratungshaus gearbeitet. Hier seien sie oft im Sinne eines "Learning by Doing" in Kundenprojekten eingesetzt worden und hätten nachweisbare Erfahrung gesammelt. Der Hays-Experte: "Da die Anforderungen der Kunden an ihren Dienstleister aber immer größer geworden sind, sieht es für junge Berater derzeit nicht gut aus. Erfahrung ist mehr denn je das A und O." Dieses Wissen aufzubauen werde für junge Leuten immer schwieriger, da es schon vor Projektbeginn vorausgesetzt werde.

Wunschtraum: Neuer Job am alten Wohnort

"Diejenigen, die wechseln wollen, erwarten vom künftigen Arbeitgeber gute Perspektiven." Oliver Wippich, Hays

Ein überaus wichtiger Punkt ist, so der Hays-Berater, auch die Mobilität: "2008 gab es eine flächendeckende Nachfrage im SAP-Umfeld. Ob jemand umzugsbereit war oder nicht, spielte damals keine große Rolle." So rosig seien die Zeiten nicht mehr. Es gebe zwar überall in Deutschland wieder offene Stellen für SAP-Spezialisten, aber nicht für jede Qualifikation. Entweder habe ein Kandidat das Glück, dass genau an seinem Standort jemand mit seiner Spezialisierung gesucht werde, oder er müsse pendeln. Dazu seien aber nicht alle Hightech-Profis bereit.

Für Wippich steht fest, dass SAP-Experten Zukunft haben: "SAP ist ein interessanter Arbeitsmarkt - und wird es bleiben. Der Entwicklungsstau, der gerade herrscht, wird sich auflösen, und dann sind SAP-Profis wieder richtig gefragt." Von der jetzigen Situation profitiert seiner Meinung nach nur eine Gruppe: "Die IT-Freiberufler waren die Ersten, die unter der Krise gelitten haben, sie sind jetzt die Ersten, die aus dem Aufschwung Vorteil ziehen." Während die Festanstellungen stagnierten, habe die Nachfrage nach freiberuflichen SAP-Experten seit Mitte 2009 zugenommen. Wippich: "Wir sind nicht weit von den früheren guten Zeiten entfernt."

Komplexe SAP-Software gibt Freiberuflern Chancen

Das sieht Hans-Dieter Heleenders, der seit 15 Jahren als IT-Freelancer Projekte in den Bereichen Controlling und Projekt-Management betreut, genau so. Auch er ist überzeugt, dass die Nachfrage nach kompetenten Externen in der immer komplexer werdenden SAP-Welt steigen wird. Positiv überrascht hat Heleenders, dass er im vergangenen Jahr trotz Finanzkrise bereits zwei Monate nach seinem letzten Auftrag in sein nächstes Projekt einsteigen konnte. "Ich betreue in einem Krankenhaus diverse SAP-Anwendungsmodule. Daraus ergab sich nach und nach die Betreuung kleinerer Projekte." Zu seiner Freude hat er von seinem Auftraggeber bereits mehrere Vertragsverlängerungen angeboten bekommen.

Reine Weiterbildung reicht nicht aus

"Mein Know-how habe ich durch Learning by Doing verbreitert." Hans-Dieter Heleenders, SAP-Freiberufler

Der IT-Freelancer hält Qualifizierung in der SAP-Welt für schwierig. Seiner Ansicht nach reicht es nicht aus, Weiterbildungskurse zu besuchen und sich dann um ein Projekt zu bewerben. Heleenders: "Mein Know-how habe ich durch Learning by Doing verbreitert." So habe er immer neue Teilgebiete kennen gelernt und entsprechende Erfahrungen sammeln können. Mittlerweile deckten seine SAP-Kenntnisse nahezu das gesamte Controlling, Projekt-Management, Teile der Logistik sowie Finanzbuchhaltung ab. Er ist überzeugt, dass ihm aufgrund dieses breit gefächerten Wissens um neue Aufträge nicht bange sein muss. Noch dazu seien bei IT-Dienstleistern wie HP oder Siemens eine Reihe von IT-Experten entlassen worden, während gleichzeitig freiberufliche Kollegen sich in Anwenderunternehmen hätten festanstellen lassen. Heleenders: "Ich sehe optimistisch in die Zukunft. Bei einer Reihe von SAP-Themen ist das Angebot an Externen mittlerweile ziemlich klein."

Ausblick für SAP-Spezialisten