SAP steht weiterer Ärger ins Haus

16.12.2008 von Frank Niemann
Auf Kundendruck hat der Konzern die Kündigung der Supportverträge zurückgenommen. Vom Tisch ist der Wartungsstreit deshalb noch nicht.

Deutsche und österreichische Kunden können ihre bisherigen Supportverträge weiterführen. SAP hat nach lauten Protesten die Kündigung der bestehenden Wartungsverträge zurückgenommen. Viele Softwarenutzer waren nicht bereit, die neuen Verträge zum "Enterprise Support" zu unterzeichnen, da ihnen der Hersteller aus ihrer Sicht überdimensionierte Wartungsleistungen aufzwingen will, die sie zudem deutlich mehr kosten.

Standardsupport läuft weiter

SAP-Anwender können nun ihre Standardsupportverträge weiterlaufen lassen und zahlen im nächsten Jahr wie bisher 17 Prozent vom Lizenzpreis. Ab 2010 will der Konzern die Preise individuell anheben.

Trotzdem herrscht mit der Rücknahme der Kündigung noch lange keine Harmonie zwischen dem Softwarehaus und seinen Kunden. "Die Entscheidung kann nur ein erster Schritt sein", machte eine Reihe von CIOs (siehe Bild) deutlich, die sich zu der Initiative "Kein-ES" (ES = Enterprise Support) zusammengefunden haben. Der Wartungsaufschlag sei nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Die IT-Leiter monieren vor allem einen schleichenden Qualitätsverfall der SAP-Produkte und fühlen sich vom Softwareanbieter schlecht behandelt.

Viele Kunden hätten in der Vergangenheit eigenes SAP-Know-how aufgebaut, weil sie mit der Supportqualität von SAP unzufrieden gewesen seien, berichtet Werner Schwarz, IT-Chef der Gerolsteiner Brunnen GmbH. Er habe in den vergangenen zwölf Monaten über 300 SAP-Probleme intern gelöst, nur 22 Fälle habe ihm der SAP-Support abnehmen können. An diesem Verhältnis werde auch der Enterprise Support nichts ändern, glaubt der CIO. Andere IT-Verantwortliche bezweifeln, dass sie für die Wartungsgebühren angemessene Leistungen erhalten.

Der Ärger sitzt tief bei vielen Kunden, und er gärt schon seit Jahren. Begonnen habe es mit dem Abschied aus der R/3-Welt und dem von SAP erzwungenen Neukauf von Mysap-Lizenzen, berichtet Gerolsteiner-CIO Schwarz. In der Folge hätten sich die Walldorfer von dem integrierten Produktansatz der Vergangenheit mehr und mehr verabschiedet. Benötigten die Anwender zusätzliche Funktionen, müssten sie diese heute kaufen, kritisiert der IT-Leiter. Außerdem steige mit diesem modularisierten Konzept auch noch die Komplexität.

SAP-Kunden fordern mehr Flexibil

SAP kennt die Problematik und nutzt sie als Argument für das neue Wartungsmodell. Die Komplexität beim Kunden mache die Leistungen des Enterprise Support erforderlich. Laut SAP werden künftige Softwaregenerationen auf einer homogeneren Architektur aufsetzen, so dass der Update-Aufwand und damit die Komplexität abnähmen.

Die Forderungen der CIOs für eine gemeinsame Zukunft mit SAP sind eindeutig: flexible Wartungsleistungen je nach Bedarf sowie eine beherrschbare Systemlandschaft, um Betriebskosten senken zu können.

Ob sich die Beziehungen zwischen SAP und den Kunden schnell wieder normalisieren, ist fraglich. Zunächst dürfte es für die Anwender darum gehen, den notwendigen Support wieder rechtlich abzusichern. Aktuell befinden sich viele Firmen in einem vertragslosen Zustand, berichtet Salim Siddiqi, CIO von Yazaki Europe Limited HQ Cologne.

Ausländische Anwender begehren auf

Für die SAP bahnt sich inzwischen Ärger aus dem Ausland an. Nutzer aus anderen Ländern wollen nicht einsehen, wieso der Hersteller den Kunden aus Österreich und Deutschland eine Extrawurst brät und ihnen ein Wahlrecht zwischen Standard- und Enterprise-Support einräumt. Anderswo wurden die Supportverträge ohne Vertragskündigung einfach angepasst, da dies anders als in Deutschland und Österreich rechtlich möglich war.

Was CIOs fordern

  • Ein integriertes Produktpaket;

  • weniger Komplexität und geringere Betriebskosten;

  • höhere Supportqualität;

  • Support in deutscher Sprache;

  • flexible Wartungsleistungen.