ERP und Europäischer Zahlungsverkehr

SAP-Software SEPA-fähig machen

28.11.2008 von Rainer Böhle
Damit Firmen über ihre SAP-Software SEPA-konforme Zahlungen abwickeln können, müssen sie Stammdaten überprüfen und anpassen. Ferner steigt der Bedarf an Rechenleistung und die Datentransferrate.

Eine europaweite Umstellung auf das SEPA-Format (Single Euro Payments Area) soll Zahlungen künftig gleich behandeln, ausländische wie inländische. Seit dem 28. Januar 2008 lassen sich Zahlungen innerhalb der EU einheitlich abwickeln. Noch ist dies allerdings freiwillig. Wann es zur Pflicht wird, steht noch nicht fest. Ebenfalls noch nicht vollständig geklärt ist, wie Firmen unter SEPA künftig Lastschrifteinzugsaufträge handhaben sollen (siehe auch "SEPA fordert die IT heraus").

Trotz dieser Definitionslücken sind SAP-Nutzer gut beraten, sich schon jetzt mit SEPA zu beschäftigten. Unternehmen können profitieren, wenn sie ihr ERP-System für Überweisungen frühzeitig auf das neue Format umstellen. Der Grund: Die Vereinheitlichung führt tendenziell zu geringeren Gebühren im Auslandszahlungsverkehr, da sie die Geschäftsprozesse der Kreditinstitute vereinfacht. Für den Zahlungsverkehr im Inland wird dies dagegen nicht erwartet (siehe auch "SEPA geht an den Start").

Warum sollten SAP-Nutzer jetzt schon an SEPA denken?

SAP-Anwender entwickeln erst allmählich ein Bewusstsein für SEPA. Das ist kein Wunder, können doch die bisherigen, für jedes Land unterschiedlichen Zahlungsformate bis auf unbestimmte Zeit noch verwendet werden. SAP-Anwendern sei geraten, trotz allem schon jetzt den Markt zu beobachten und sich frühzeitig mit SEPA in ihrem SAP-Umfeld zu beschäftigen. Denn möglicherweise legen die Kreditinstitute schon bald ein neues Preismodell mit erhöhten Kosten pro Zahlungsdatei für den alten Zahlungsverkehr fest. In Folge würde sich dieser für Unternehmen, die ihr Zahlungsformat noch nicht umgestellt haben, ab dem Zeitpunkt der verbindlichen SEPA-Einführung verteuern. Da die Umstellung auf SEPA unter Umständen mehrere Monate dauert, entstünden den Unternehmen finanzielle Nachteile.

Was ist bei der SAP-Umstellung auf SEPA zu beachten?

SAP-Nutzer müssen bei einer Anpassung auf SEPA unter anderem folgende vier Themen berücksichtigen:

  1. SEPA-Dialekte;

  2. die Mandatsverwaltung beim Lastschriftenverfahren;

  3. Überweisungen mit IBAN und BIC und

  4. die Hardware.

SEPA-Zahlungen erfolgen im Rahmen der ISO-Norm 20022 mittels einer Zahlungsaustauschdatei im XML-Format. Die ISO-Norm liefert das Kerngerüst für das neue Format, mit dem in den 31 Ländern gearbeitet werden kann. Es ist jedoch interpretationsfähig, weshalb einzelne SEPA-Dialekte (beispielsweise in Deutschland die Zentrale Kreditausschuss-Interpretation des SEPA-Standards) entstanden sind. Das bedeutet, einzelne Feldinhalte im SEPA-Datenformat unterscheiden sich.

Lastschriftenverfahren

Das XML-SEPA-Format wird für den gesamten SEPA-Zahlungsverkehr benötigt. So auch für das Lastschriftenverfahren. Das ist jedoch noch nicht für die praktische Anwendung freigegeben, da die EU-Vorgaben bisher nicht in Deutsches Recht umgesetzt wurden. Damit ist offen, wie beispielsweise eine bestehende Einzugsermächtigung zu behandeln ist. Kernstück des SEPA-Verfahrens ist die Mandatsverwaltung, eine förmliche Vereinbarung mit dem Kunden. Dieser ist eine eindeutige Mandatsnummer zugeordnet, die ihrerseits Bestandteil des SEPA-Formats für Lastschriften ist. Damit Unternehmen SEPA-Lastschriftseinzugsdateien bei einer Bank einreichen können, müssen sie eine Creditor-Identifier-Nummer (SEPA-Gläubiger-Identifikationsnummer) besitzen, die von der Deutschen Bundesbank vergeben wird. Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass Unternehmen den Kontoinhaber für jedes Mandat 14 Tage vor jedem Lastschrifteinzug schriftlich über den bevorstehenden Geldfluss informieren müssen. Viele Unternehmen empfinden die Vorgaben hinsichtlich der Mandatsverwaltung als zu bürokratisch und erhoffen sich vom deutschen Gesetzgeber Vereinfachungen (siehe auch "Kritik an SEPA").

Überweisungen mit IBAN und BIC

Neben ungeklärten Fragen beim Lastschriftenverfahren sind auch bei SEPA-Überweisungen wichtige Details offen. Hierbei lösen die International Bank Account Number (IBAN) und die Bank Identification Number (BIC) die Bankleitzahl und Kontonummer ab. Die IBAN setzt sich zusammen aus Länderkennzeichen, Prüfziffern, Angaben zur Kontonummer und zum kontoführenden Kreditinstitut. Die Umstellung auf IBAN und BIC wirft wiederum mehrere Fragen zur Formatierung der neuen Zahlungsadressen auf: Ist im IBAN-Feld beim Debitoren- (Kreditnehmer) und Kreditorenstamm (Kreditgeber) für die IBAN auf Überweisungen aus jedem teilnehmenden Land genug Platz (Länge des Datenfeldes)? Welche IBAN erhalten Konten bei Niederlassungen von Kreditinstituten, deren bisherige dezentrale Bankleitzahlen zugunsten der Bankleitzahl der Hauptstelle abgeschafft werden sollen? Wie erfahren Unternehmen die IBAN ihrer Kunden? Denn jeden Kunden einzeln abzufragen, wäre für viele Unternehmen mit einem enormen Aufwand verbunden. Hilfe bei der Umstellung erhoffen sich Unternehmen von den deutschen Kreditinstituten.

Mehr CPU-Leistung und Speicherplatz

Die Umstellung auf das SEPA-Format hat für viele SAP-Anwender zusätzliche Hardware-Anforderungen zur Folge. Alle SEPA-Zahlungsdateien werden im XML-Format an die Kreditinstitute übermittelt. Da dieses Format neben den (Nutz-)Daten auch die Datensatzbeschreibung beinhaltet, vergrößert sich jede Datei um den Faktor vier bis zehn. Anwender brauchen daher bei gleich bleibender Prozessorengeschwindigkeit länger, um eine Datei zu erstellen und benötigen zusätzlich mehr Speicherplatz. Wird die Datenübertragungsrate zu den Kreditinstituten nicht erhöht, verlängert sich zusätzlich der reine Übertragungsvorgang. Eine Lösung des Problems wäre, den neuen Internetübertragungsstandard Electronic Banking Internet Communication Standard (EBICS) zu nutzen, der gegenüber einer ISDN-Telefonleitung (FTAM-Übertragungsstandard) wesentlich mehr Übertragungskapazität bietet.

Bankdaten in SAP-Software analysieren

Auch wenn viele Dinge rund um SEPA noch nicht abschließend geklärt sind, können sich SAP-Anwender schon heute dafür vorbereiten. Beispielsweise können ERP-Nutzer bereits jetzt das SAP-Support-Package mit der Mandatsverwaltung für Debitoren einspielen. Dies erlaubt es, in den Debitoren- und Kreditoren-Stammdaten eine IBAN einzutragen. Darüber hinaus können Firmen analysieren, in welchen Systemen die Bankleitzahlen und Kontonummern der Kunden geführt werden und wo sie zu ändern sind. In der Übergangsphase kann es ratsam sein, zusätzlich zu den bestehenden Bankdaten in den Stammdaten auch die IBAN und den BIC aufzunehmen. Auch die Rechnungsvorlagen für Kunden können beide Alternativen enthalten: sowohl Felder für die alten Banknummern als auch für IBAN und BIC. Dadurch können die Kunden ihrerseits zukunftssichere Bankangaben speichern.

Mitarbeiter einbeziehen

Wichtig ist, bei der SEPA-Umstellung die Mitarbeiter zu berücksichtigen, die mit dem neuen Zahlungsformat zu tun haben. Diese Personen sollten mit der Mandatsverwaltung und der SAP Payment Medium Workbench (PMW) zum Erstellen von Zahlungsdateien vertraut machen. Wollen Internehmen den SAP-Prozess "Zahlungsverkehrsdateien erstellen" auf SEPA umstellen, müssen sie sich vorher mit dem Thema auseinandersetzen.

Im SAP-System lassen sich SEPA-Formate nur mit der PMW erzeugen. Wer zur Erstellung von Zahlungsdateien noch auf Reports wie RFFOD__U (Ausdrucken von Inlandsüberweisungen) setzt, muss diese auf die Funktionen der PMW umstellen. Firmen, die diese Ratschläge befolgen, können einer SEPA-Umstellung beruhigt entgegensehen. (fn)