NetWeaver Release 7.3

SAP setzt auf smarte Integration

11.11.2010 von Ima Buxton
SAP bringt Anfang 2011 den neuen Netweaver. Die Kunden erwarten von der neuen Version mehr Planungs- und Investitionssicherheit. Der Walldorfer Software-Konzern könnte mit der offenen SAP-Technologieplattform seinen Footprint in der Branche vergrößern.
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Um die SAP-Plattform Netweaver war es lange ruhig gewesen. Die Kunden zeigten sich schon teils verunsichert über die Fortentwicklung der Integrationssoftware. So forderte die auch in SAP-Kreisen viel beachtete Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) auf ihrer Website vom Walldorfer Software-Konzern eine klare Aussage zur "zukünftigen Entwicklung der zahlreichen SAP Netweaver Plattformen". Auf der hauseigenen Technologie-Messe TechEd, die Mitte Oktober in Berlin stattfand, bekannte der Konzern nun Farbe und rückte während der mit Spannung erwarteten Keynote ihres Technikchefs und Vorstandsmitglieds Vishal Sikka mit der Bekanntgabe des neuen Releases 7.3 den Netweaver wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit. "Der Netweaver ist die strategische Plattform für SAP", versicherte Sikka auf der Auftaktveranstaltung der Messe seinen Zuhörern.

Bis zu 40 Prozent mehr Nutzer

Die neue Version der SAP-Technologieplattform wird zu Beginn des kommenden Jahres am Markt erhältlich sein und soll mit umfangreichen Funktionserweiterungen sowie zahlreichen Verbesserungen hinsichtlich Skalierbarkeit, Performance und Usability den Beginn einer neuen Generation markieren, verspricht SAP in einer Stellungnahme. So wurden einige Kernkomponenten des NW wie NW Portal, NW Mobile, NW Composition Environment (CE) und NW Process Integration (PI) komplett überarbeitet. Das neue NW-Release soll überdies Upgrades der SAP Business-Suite ohne Störung des laufenden Betriebs und in stärkerem Maße Java unterstützen. "Mit dem SAP NetWeaver 7.3 verfügen unsere Kunden nun über eine Version der technischen Plattform, bei der alle Module von SAP NetWeaver, also zum Beispiel Prozess-Integration, Business Process Management und Portal, auf ein und derselben Basis laufen ", erläutert Steffen Schad, Leiter Solution Management der SAP NetWeaver Foundation, die vereinheitlichte technische Basis des NW. Einzelnen Mitarbeitern und Teams bietet NW durch Enterprise Workspaces und Duet Enterprise Software überdies zusätzliche Collaboration- und Produktivitätsfunktionen. Bei gleicher Hardwareausstattung könnten nun bis zu 40 Prozent mehr Nutzer auf die aktuelle Netweaver (NW) Plattform zugreifen, betonte Vishal Sikka auf der TechEd.

"Der eigentliche Entwicklungssprung des neuen Releases tritt allerdings erst in der Gesamtschau hinter den technischen Spezifikationen und Produktbezeichnungen zu Tage. "Der SAP NW ist die Basis-Technologie-Plattform und zwar nicht nur für uns und unsere Applikationen" sagt Vishal Sikka im Gespräch, "sondern auch für unsere Kunden und Partner, weil sie die Integration technischer Innovationen aus dem Hause SAP wie auch von Fremdanbietern ermöglicht". Eine Unterbrechung des laufenden SAP-Betriebes ist dabei laut Sikka künftig nicht mehr erforderlich. Als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung bewertet Rüdiger Spies, Analyst im IT-Marktforschungs- und Beratungshaus IDC, die Neupositionierung des NW: "In den letzten Jahren sind viele neue Technologien auf den Markt gekommmen, die bisher nicht unter dem Schirm von Netweaver zusammengefasst wurden", sagt Spies. "Die Neuauflage des NW war absolut notwendig, um Neuerungen wie In-Memory oder mobile und andere Infrastruktur-Komponenten besser einbinden zu können".

Technische Innovationen erhöhen Integrationsbedarf

Aus Kundensicht bedeutet die Weiterentwicklung des NW zunächst einmal Klarheit über die Ausrichtung der Technologie-Plattform, aber auch Entspannung in Investitionsfragen, wenn technische Neuerungen künftig auch ohne aufwendige Upgrade-Projekte integriert werden können. Dazu Rüdiger Spies: " Zwischen den Systemintegratoren bei den Kunden findet ein ständiger kommunikativer Austausch statt, für den SAP eine vernünftige Kommunikationsplattform liefern musste. Das wird nun mit der Version 7.3 hoffentlich erreicht."

Technische Innovationen bedeuten für Unternehmen indes nicht nur einen höheren Integrationsbedarf innerhalb der eigenen IT-Landschaft, sondern auch an der Schnittstelle zu Kunden und Partnern. SAP gibt die Zahl der produktiven Netweaver-Systeme mit 62.000 an. Nach Unternehmensangaben bedeutet dies seit 2006 eine Steigerung um durchschnittlich 20 Prozent pro Jahr. Die Implementierungen des Moduls Netweaver Process Integration stieg im selben Zeitraum sogar fast um das Zehnfache. Für den Walldorfer Software-Konzern ein klarer Beweis für "den hohen Bedarf an eingebauten Integrationsfunktionen, die die Prozesse innerhalb und außerhalb des Unternehmens miteinander verbinden".

"SAP muss eine vernünftige Lizenzpolitik entwickeln"

Auch Rüdiger Spies betrachtet technische Entwicklungen als Motor für die Vernetzung der Wirtschaft insgesamt: "Ein gutes Beispiel dafür ist das Abfragen von Lieferbeständen in der Autozulieferindustrie. Diese Daten sind für die Kontinuität in der Produktion von großem Wert, ermöglichen aber auch Schlüsse auf die Aktivitäten der Wettbewerber." Intelligente Software-Lösungen machten daher nur solche Daten einsehbar, die nicht wettbewerbskritisch seien, so Spies. Um diese Lösungen einzubinden bedürfe es Tools wie NW. "Der aktuelle NW hat deutlich zugelegt, was die Einbindung fremder Standards anbelangt. Und diese Einbindung kann immer einfacher erfolgen, je mehr Unternehmen den NW nutzen. Darauf setzt natürlich auch SAP." Mit der Neupositionierung der Technologie-Plattform könnte SAP demnach durchaus einen stärkeren Footprint am Markt hinterlassen, meint Spies. "Voraussetzung dafür ist jedoch", mahnt der IDC-Experte, "dass SAP noch eine Lösung für eine vernünftige Lizenzpolitik entwickelt, die den Anwendern ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis gewährleistet"