envia Mitteldeutsche Energie AG

SAP-Mandanten energiearm trennen

19.11.2009 von Andreas Schaffry
Die envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM) hat mit Hilfe des SAP Solution Managers die Unbundling-konforme Mandanten-Trennung ihrer SAP-Systeme fristgerecht umgesetzt. In den Massentests vor dem Produktivstart halfen ein optimiertes Änderungs-, Test- und Fehlermanagement.

Mit Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom Juli 2005 müssen Energieversorger in Deutschland die Bereiche Energieerzeugung, -verteilung und -lieferung organisatorisch, unternehmensrechtlich und IT-technisch voneinander entflechten. Das Unbundling soll den Wettbewerb in der Energiewirtschaft ankurbeln.

SAP-Unbundling bei der enviaM: Auf einen Blick

Für das Unbundling- und Implementierungsprojekt führten enviaM und GISA zunächst eine Machbarkeitsanalyse durch. Gemeinsam mit Key-Usern (Testern) und Testkoordinatoren wurden die Anforderungen an die Fehlerbearbeitung im Rahmen des Projektes erhoben. Diese mündeten in einer Konzeption, die den genauen Prozessablauf sowie die beteiligten Rollen und Berechtigungen beschreibt. Anschließend erfolgte die Implementierung im SAP Solution Manager. Dadurch konnte der Energiedienstleister folgende Vorteile realisieren:

  • Durchgängige und standardisierte Abläufe durch Integration der Fehlerbearbeitung in die Solution Manager Funktionalitäten für Change Request und Testmanagement

  • Ein Werkzeug zur Qualitätssicherung der SAP-Anwendungen (Vermeidung von Medienbrüchen)

  • Transparenz durch Auswertungsfunktionalitäten und einheitliche Datenbasis

  • Der Solution Manager ist mit den bestehenden SAP-Anwendungen integriert und lizenzkostenfrei nutzbar

"Mit dem SAP Solution Manager war es möglich, Change-Request-, Test- sowie Überwachungs-Prozesse durchgängig durchzuführen, sonst wäre die Komplexität der parallelen Projekte und die Anforderungen an die Dokumentation nicht beherrschbar gewesen. Wichtig war hierbei auch die Integration von Freigabe- und Abnahmestrategien, die unsere Fachbereiche direkt und aktiv in diese Prozesse einbezogen.“ Jens Winkler, Leiter IV-Steuerung bei enviaM.

Vor dieser Aufgabe stand auch der regionale Energiedienstleister envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM) aus Chemnitz. Das Unternehmen versorgt rund 1,4 Millionen Kunden mit Strom, Gas, Wärme, Wasser und energienahen Dienstleistungen und setzte im Jahr 2008 knapp 2,3 Milliarden Euro um. "Um die einzelnen Geschäftsbereiche zu entbündeln, mussten wir die Unternehmensstruktur neu ordnen und die kaufmännischen und energiewirtschaftlichen Geschäftsprozesse anpassen", erklärt Jens Winkler, Bereichsleiter V-Steuerung bei der enviaM. "Ebenso war dazu die Trennung der prozessunterstützenden SAP-Anwendungen in separate Systeme für den Lieferanten und den Verteilnetzbetreiber notwendig." Nach den Vorgaben der Bundesnetzagentur musste das IT-Unbundling bis 1. Oktober 2009 umgesetzt werden.

SAP-Änderungen lückenlos dokumentieren

Als zentrales Informations- und Abrechnungssystem nutzt der Energiedienstleister die branchenspezifische Lösung SAP for Utilities, ergänzt durch die Reporting-Software SAP NetWeaver Business Warehouse. Beide Anwendungen werden als dreistufige SAP-Systemlandschaft betrieben, bestehend aus Entwicklungs-, Test- und Produktivsystem. Ab 2008 führte der Energiedienstleister zudem SAP CRM 2007 ein. Ziel war, die kundenorientierten Prozesse zu bündeln und dadurch die Kundenbetreuung zu verbessern sowie neue und innovative Prozesse in Vertrieb und Marketing rasch umsetzen zu können.

Das Unternehmen musste nicht nur die bestehenden SAP-Systeme gesetzeskonform trennen, sondern auch die neue CRM-Software bereits nach den EnWG-Richtlinien zur Entflechtung implementieren. Aufgrund der synchronen Umsetzung der Teilprojekte entstand ein umfangreiches Implementierungs- und Umstellungsprojekt, das rund 24 Monate dauerte. Rund 200 Berater, Entwickler und Systemspezialisten von enviaM und dem mit der Durchführung beauftragten IT-Dienstleisters GISA GmbH waren daran beteiligt. Zusätzlich unterstützten Entwickler von SAP das Projekt.

Im Gesamtprojekt mussten die einzelnen Fachbereiche des Energiedienstleisters zahlreiche Änderungsanforderungen umsetzen. Vor dem fristgerechten Produktivstart der getrennten SAP-Systeme zum 1. Oktober 2009 war eine mehr als dreimonatige Testphase eingeplant, um die erforderlichen Funktionstests durchzuführen sowie Fehler- oder Störungsmeldungen (Incident Management) zu bearbeiten. Für das Änderungs- und Testmanagement sowie für die Überwachung der SAP-Systeme setzte enviaM als zentrale Support-Plattform sowie zur Prozessdokumentation den SAP Solution Manager in der Version 7.0 ein. Ein wichtiges Ziel des Energiedienstleisters war, die im Rahmen des Projekts durchgeführten Änderungen an den SAP-Systemen von A bis Z stringent zu dokumentieren.

3.000 Fehlermeldungen effizient bearbeitet

Allerdings war es bis dato nicht möglich, alle Abläufe durchgängig in der Lösung abzubilden. Beispielsweise mussten Fehlermeldungen, die im Rahmen von Funktionstests auftraten, sowie die dazugehörigen Informationen in Excel-Listen erfasst und dann von Hand in das SAP-Werkzeug übertragen werden. Das Verfahren war nur bedingt transparent und erwies sich aufgrund der Komplexität des Projekts als unzureichend. Es barg das Risiko von Informationsverlusten, beeinträchtigte die Qualität von Fehlermeldungen und führte zu zeitraubenden Abstimmungen. Der dadurch verursachte zusätzliche E-Mail-Verkehr belastete zudem das Netzwerk unnötig.

GISA verknüpfte daher das Änderungs- und Test-Management mit den Prozessen für die Fehlererfassung und Fehlerbearbeitung und baute dafür zudem workflowgestützte und rollenbasierte Freigabe- und Abnahmeprozesse auf. "Auf diese Weise konnten wir alle Abläufe von den Funktionstests und der Erfassung von Fehlern über das Sichten, Klassifizieren und Bewerten bis hin zur Korrektur vollständig integrieren und ohne Medienbruch in einem System durchführen", verdeutlicht Jens Winkler. "Auf Basis der standardisierten und transparenten Abläufe haben wir über 3.000 Fehlermeldungen effizient bearbeitet." Zudem hat der Energiedienstleister mit dem Werkzeug nun die Möglichkeit, Störungen beziehungsweise Fehler jederzeit auszuwerten.

Die Fehlererfassung und -bearbeitung erfolgte in der Service-Desk-Komponente SAP Solution Manager sowie erstmalig im Projektbetrieb. Sie war damit für alle Beteiligten neu. Das erforderte umfangreiche Schulungsmaßnahmen und intensive Unterstützung der Tester besonders in der Anlaufphase. Technisch gesehen erfassen die Software-Tester bei der enviaM Störungs- bzw. Fehlermeldungen nun direkt in den SAP-Testsystemen, im Hintergrund legt der SAP Solution Manager dazu automatisch eine Support-Meldung an. Diese enthält eine Problembeschreibung, die um Screenshots oder andere Dokumente ergänzt werden kann sowie die für die Fehlerbearbeitung relevanten Systeminformationen.

Workflow zur Fehlerbearbeitung initiieren

Das System informiert anschließend automatisch per E-Mail (Sammelpostfach) die Testkoordinatoren aus den einzelnen Fachbereichen der enviaM über die Anlage der Support-Meldung, die sie sichten, bewerten und gegebenenfalls an den IT-Dienstleister übergeben. Ist eine Fehlerkorrektur einzelner Software-Bausteine erforderlich, initiiert der Testkoordinator beim IT-Dienstleister im SAP Solution Manager einen entsprechenden Workflow. Dabei wird die Support-Meldung per E-Mail an den für die Fehlerkorrektur verantwortlichen Bearbeiter übergeben und deren Status auf "in Bearbeitung" gesetzt.

Im nächsten Arbeitsschritt legt der zuständige Bearbeiter direkt aus der Support-Meldung heraus im System eine Fehlerkorrektur an. Bestimmte Informationen - etwa zum Quellsystem, in dem der Fehler aufgetreten ist, zur Priorität der Meldung einschließlich der angehängten Dokumente, oder der Name des Melders - werden automatisch in die Fehlerkorrektur übernommen. Andere Daten füllt der Bearbeiter manuell aus. Sobald er alle Angaben eingetragen und gesichert hat, generiert das System automatisch eine E-Mail und sendet diese an den zuständigen Entwickler.

Fehlerkorrektur direkt aus der Support-Meldung

Nachdem der Entwickler notwendige Korrekturen durchgeführt und getestet hat, übergibt er die Änderung zum erneuten Test an enviaM. Sowohl der Tester als auch die Testkoordinatoren werden automatisch per E-Mail darüber informiert. Im Falle des Testerfolges setzt der Tester den entsprechenden Teststatus in seinem Arbeitsvorrat im Solution Manager und der jeweilige Entwicklungskoordinator wird informiert. Dieser schließt die Fehlerkorrektur ab. Dabei werden die entsprechenden Transportaufträge zu den Änderungen freigegeben und automatisch die zugehörige Support-Meldung im Solution Manager geschlossen.