Enterprise Support

SAP-Kunden verweigern die Unterschrift zum Wartungsvertrag

04.12.2008 von Frank Niemann
Ein großer Teil der Kunden, der ab nächstem Jahr mehr für die ERP-Wartung zahlen sollen, ist nicht bereit, den neuen Vertrag zu unterzeichnen. Die gab die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) an. Softwarenutzer und -anbieter haben weitere Gespräche angekündigt.

Nutzer von SAP-Software wollen sich nicht mit dem vom ERP-Hersteller vorgeschriebenen Wartungsmodell "Enterprise Support" abfinden. Die Anwendervereinigung DSAG lehnt den Support in seiner bisherigen Form ab, fordert Nachbesserungen und hat Alternativen vorgeschlagen.

SAP hat die bisherigen Wartungsverträge der Kunden gekündigt und erwartet nun, dass diese den neuen Enterprise-Support-Kontrakt unterzeichnen. Am 1. Januar 2009 sollen die neuen Wartungskonditionen in Kraft treten, verbunden mit einer stufenweisen Anhebung der Gebühren von 17 auf 22 Prozent innerhalb der nächsten vier Jahre (siehe auch "Warum die DSAG den Enterprise Support ablehnt").

SAP-Kunden könnten ohne Wartungsvertrag dastehen

Doch ein großer Teil der Kunden dürfte dem Anbieter einen Strich durch die Rechnung machen. Nach Angaben der DSAG wollen viele Firmen den neuen Vertrag nicht unterschreiben, wobei die Anwendergruppe keine konkreten Zahlen nannte. Manche Nutzer, dazu zählen vor allem Behörden, können den Neuvertrag gar nicht besiegeln, da sie die neuen Wartungsleistungen erst einmal ausschreiben müssen. Andere sehen sich außerstande, einen Vertrag ohne genaue Leistungsbeschreibung zu unterzeichnen.

Seit Mitte 2008 bearbeitet die DSAG den Softwarehersteller, dass er den Enterprise Support nachbessern soll. Viele Anwenderunternehmen wurden von der Preiserhöhung kalt erwischt. Sie müssen den Preisaufschlag in ihren IT-Budgets unterbringen. Die Situation verschärft sich noch durch die Wirtschaftskrise.

Nachbesserungen der SAP reichen nicht

Bisher ging SAP jedoch kaum auf die Forderungen der Anwender ein. Diese möchten beispielsweise ein optionales Wartungsangebot, bei der sie aus Leistungen, die sie wirklich brauchen, auswählen können und somit nur zahlen, was sie auch wirklich wollen. Der Grund: Die meisten Kunden können keinen Mehrwert erkennen, für den sie aber mehr als für die bisherige Wartung zahlen sollen. Die DSAG beruft sich hier unter anderem auf Workshops mit mittelständischen Mitgliedsunternehmen.

Einige Kunden möchten den neuen Wartungsvertrag nicht unterzeichnen. Den bisherigen Supportkontrakt hatte SAP gekündigt.
Foto: Photodisc/ Getty Images

"Enterprise Support steht deutlich in der Kritik und der Ton wird schärfer", hat Andreas Oczko, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DSAG, festgestellt. Oczko verweist zum Beispiel auf Industrieverbände wie den Verband der Deutschen Papierfabriken, dessen Mitglieder keine Möglichkeiten sehen, sich den Preiserhöhungen zu stellen. Gegenwind kommt auch von IT-Managern, die im CIO Circle organisiert sind.

SAP hatte unlängst angekündigt, die Wartung des aktuellen Release ERP 6.0 auszudehnen. Diese Regelung wird auch für die für nächstes Jahr angekündigte neue Version der "SAP Business Suite" gelten (siehe auch "SAP verspricht leichtere Softwareupgrades und längere Wartung").

Das Wartungsangebot des Enterprise Support passt aus Sicht der DSAG nicht zur Kundensituation. Viele Kunden haben den erforderlichen Solution Manager noch nicht installiert und nutzen auch noch nicht das aktuelle Kernprodukt "ERP 6.0" der SAP. Auch die umfangreiche Prozessdokumentation, die für den Bezug des Enterprise Support erforderlich ist, bedeutet für die Anwender viel Aufwand.

Vertragskündigung der SAP war rechtens

Die DSAG hat die Vertragskündigung und die Leistungsbeschreibung des Enterprise Support rechtlich prüfen lassen. Zwar sei die Kündigung juristisch in Ordnung, doch Details des Neuvertrags bedürften noch einer Klärung. Zudem wird die Wartungsstrategie der SAP kartellrechtlich geprüft, auch hier liegen aber noch keine Ergebnisse vor.

Für viele Kunden war bisher unverständlich, welche Leistungen Enterprise Support umfasst. SAP hat die Leistungsbeschreibung konkretisiert, doch an den Leistungen an sich und somit an der Kundenkritik hat sich nichts geändert. Die User halten das Wartungsangebot noch immer für überdimensioniert und bemängeln, dass sie selbst einen hohen Beitrag leisten müssen.

ERP-Minimalsupport als Alternative

Eigenen Angaben zufolge hatte die Anwendergruppe in Gesprächen mit SAP weitere Alternativen zum verpflichtenden und überdimensionierten Support vorgeschlagen. Dazu zähle ein Minimalsupport, der die absolut notwendigen Leistungen zum Betrieb einer Geschäftsapplikation umfassen soll. Ergebnisse lägen hier indes noch nicht vor. Die Diskussionen zwischen Softwarenutzern und Anbieter gehen weiter. "Wir haben Fortschritte erzielt wie etwa die Wartungsverlängerung des aktuellen Softwarerelease ERP 6.0, doch die reichen den Kunden bei weitem nicht", so DSAG-Vorstandsmitglied Oczko. "Die Diskussionsbeziehung ist grundsätzlich gut, aber wir machen ihre Forderungen deutlich", beschreibt der Anwendervertreter die Situation.

SAP hilft auch ohne Wartungsvertrag

Somit bleibt spannend, wie viele Anwender bis Jahresende den neuen Vertrag unterschreiben. SAP hat laut DSAG angekündigt, auch den Kunden, die ohne Wartungsvertrag ins neue Jahr gehen, zumindest einen Notfallsupport zu bieten. Der bestehe darin, dringliche Softwareprobleme in Firmen zu lösen, falls ihnen wirtschaftlicher Schaden droht.