SAP-Berater: Software optimiert die Unternehmensabläufe

15.03.2004 von Magdalena Schupelius
Die Entwicklungen in der Informationstechnologie verschieben Tätigkeitsfelder und verändern Berufsbilder. Teilweise entstehen aber auch neue Berufe wie der des SAP-Beraters, der erst mit dem Aufstieg der Walldorfer Softwarefirma SAP möglich wurde.

Karl Heinz Hoymann ist promovierter Geologe. Seine Fachgebiete sind Paläontologie und Isotopengeochemie - eigentlich. Denn vor fünf Jahren hat Hoymann die Beschäftigung mit ausgestorbenen Lebewesen zum Lieblingshobby deklassiert, um sich beruflich mitten ins Leben zu stürzen: Er arbeitet seitdem als SAP-Berater bei der Berliner Unternehmensberatung Alogis AG und ist in dieser Eigenschaft bei internationalen Konzernen wie Daimler-Chrysler im Einsatz.

Hoymanns Lebenslauf ist ungewöhnlich, aber unter SAP-Beratern dennoch keine Sensation: Die Bezeichnung "SAP-Berater" ist nicht geschützt, vorgegebene Ausbildungswege gibt es nicht. Sie implementieren SAP-Produkte, das heißt, sie passen die betriebswirtschaftliche Standardsoftware der SAP AG, Walldorf, den Anforderungen des Kundenunternehmens an.

Doch die Berufsbezeichnung ist irreführend: Die meisten SAP-Berater sind nicht bei SAP, sondern wie Hoymann bei kleineren Beratungshäusern beschäftigt. Dass eine Software einen ganzen Berufsstand neu begründet, ist auch im IT-Zeitalter durchaus ungewöhnlich. Ungewöhnlich vielseitig ist auch das Berufsbild, das durch die Software entstanden ist.

Aufgabe eines SAP-Beraters ist es, die Prozesse des Kundenunternehmens auf das System der Walldorfer zu übertragen, so dass die Software die betrieblichen Daten abbilden und Prozesse steuern und auslösen kann. Der Consultant muss diese verstehen und wissen, was die Programme an Möglichkeiten vorsehen. "Die SAP-Software ist quasi unser Werkzeugkasten, mit dem wir versuchen, die Abläufe im Unternehmen zu optimieren." erklärt Jens Langner, ebenfalls SAP-Berater bei Alogis.

Pluspunkt Branchenwissen

Neben seinem Werkzeugkasten sollte der Berater vor allem eines mitbringen: Dienstleistungsbewusstsein. Er muss sich hundertprozentig auf die Prozesse, Strategien und Wünsche des Kunden einstellen. Branchenwissen ist darum unverzichtbar, aber eben auch ein ausgeprägtes kommunikatives Geschick und ein hohes Maß an Flexibilität und Kreativität.

Karl-Heinz Hoymann (r.) und Jens Langner.

Schablonen gebe es nicht, betont Langner, und zieht noch einmal das Handwerk zum Vergleich heran. Sowohl die eingesetzten Werkzeuge als auch das zu bearbeitende Werkstück seien eben selten gleich: "Bei manchen Unternehmen reichen Hammer und Säge, bei anderen braucht man auch noch einen Hobel und die Zange." Da die Software zu umfangreich ist, um sie komplett zu durchdringen, spezialisieren sich die Berater auf einzelne Programmteile, so genannte Module, die unterschiedliche Bereiche im Unternehmen abdecken.

Hoymann ist SAP-Berater geworden, weil er "leidenschaftlich gern programmiert", erzählt er. Doch nicht jeder SAP-Berater bringt umfassende Programmierkenntnisse ein. Für komplizierte Arbeiten existieren in vielen Unternehmen eigene Entwicklungsteams. So vielfältig das Tätigkeitsfeld, so verschieden sind auch die Ausbildungswege.

Der 38-jährige Langner hat im Unterschied zu seinem Kollegen Hoymann den eher klassischen Weg genommen: Nach dem BWL-Studium mit Schwerpunkt Produktionswirtschaft ging er zur damals neu gegründeten Alogis AG. Die Kurse zum SAP-Berater absolvierte er beim Softwarehersteller selbst. Neben SAP bieten deutschlandweit 19 Bildungspartner neun- bis zwölfmonatige Schulungen zum SAP-Berater an. Inzwischen gibt es auch an einigen Universitäten und Fachhochschulen Einführungen zu diesem Thema. Die eigentliche Ausbildung erfolgt aber durch "Training on the Job".

Ständige Weiterbildung

Mit den Veränderungen in den Unternehmen muss sich auch eine betriebliche Standardsoftware verändern. SAP wird ständig weiterentwickelt, und die Berater müssen sich folglich ständig fortbilden, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. "Die Branche ist immer in Bewegung", so Hoymann, und das im wahrsten Sinne des Wortes: Da Consultants meist in den Kundenunternehmen tätig werden, sind sie dauernd unterwegs, manchmal auch wochen- oder monatelang bei einem Betrieb in einer anderen Stadt gebunden.

SAP hat sich seit der Gründung im Jahr 1972 von einer kleinen Softwarefirma zum Weltmarktführer auf dem Gebiet der ERP-Anwendungssoftware mit über 20 000 Mitarbeitern entwickelt und ist weltweit in mehr als 40 Ländern mit eigenen Landesgesellschaften aktiv. Die Produkte werden in mehr als 80 Ländern eingesetzt. Die Standardsoftware des Unternehmens bildet alle betriebswirtschaftlichen Prozesse im Datensystem ab (beispielsweise Rechnungswesen, Personalwirtschaft, und Vertrieb), kann aber auch Vorgänge auslösen und steuern. Die Software selbst ist branchenneutral und wird durch Erweiterungen von anderen Anbietern ergänzt.