7 Prognosen

SAP 2023 – was Kunden zu erwarten haben

17.03.2023 von Len Riley
Gibt es eine Gnadenfrist für die Wartung? Wie geht es weiter mit RISE with SAP? Anwender haben viele Frage, wenn es um die Zukunft ihrer SAP-Systeme geht. Hier lesen Sie Antworten.
Viele Anwenderunternehmen haben mit dem Umstieg auf S/4HANA noch ein hartes Stück Arbeit vor sich.
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Es sind herausfordernde Zeiten für viele Unternehmen. Die grassierende Inflation lässt die Kosten explodieren, und das Gespenst einer drohenden Rezession sorgt auch nicht gerade für Entspannung in den Chefetagen. Das erhöht den Druck auf die Budgets. IT-Investitionen werden hinsichtlich ihres Kosten-Nutzen-Aufwands genau unter die Lupe genommen.

Eine schwierige Situation für IT-Verantwortliche, von denen viele noch die Umstellung auf SAPs neue Produktgeneration S/4HANA vor der Brust haben - Projekte, die oft Jahre dauern, einiges an Aufwand mit sich bringen und unterm Strich viel Geld kosten. Umso wichtiger ist es zu wissen, was Unternehmen von SAP zu erwarten haben. Hier einige Trends für das laufende Jahr:

1. SAP wird den ECC-Support unwiderruflich auslaufen lassen

Auch wenn viele Kunden insgeheim auf eine Wartungsverlängerung hoffen, ist davon auszugehen, dass SAP den Support für die Kernanwendungen rund um die Business Suite nicht über das Jahr 2027 hinaus ausdehnen wird. Der Softwarekonzern hat die Frist bereits einmal verlängert - im Jahr 2020 wurde die Supportzusage von 2025 bis Ende 2027 ausgeweitet.

Es könnte allerdings sein, dass SAP alternative Support-Optionen über die Extended Maintenance hinaus anbieten wird. Diese Option dürfte sich der Anbieter dann aber gut bezahlen lassen. Für zusätzliche zwei Prozentpunkte auf die bestehende Wartungsbasis könnte ein kundenspezifischer Support noch bis 2030 offeriert werden.

Viele Anwender tun sich immer noch schwer damit, einen Business Case für das Upgrade auf S/4HANA zu rechnen. Auch der Vorwurf, SAP habe seine Kunden dabei nicht ausreichend unterstützt, steht weiter im Raum. Das Argument, das Softwarehaus habe seinen Anwendern nicht genug Gelegenheit gegeben, ein Upgrade zu planen und umzusetzen oder die finanziellen Auswirkungen einer Verzögerung des Umstiegs auf S/4HANA richtig einzuschätzen, sticht jedoch nicht. SAP hatte sein neues Release Anfang 2015 vorgestellt - das ist jetzt acht Jahre her.

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Jede Verlängerung der Wartungsfristen würde den strategischen Zielen des Konzerns zuwiderlaufen. Auch wenn das Management in Walldorf nicht müde wird zu beteuern, man werde niemanden zurücklassen, schwang zuletzt doch das eine oder andere Mal eine gewisse Ungeduld in der Kundenansprache mit. Deshalb: Die SAP-Kunden müssen die Support-Frist als endgültig betrachten und jetzt mit ihren Planungen und Projekten in Gang kommen, wenn sie es nicht schon getan haben.

2. SAP wird ihr RISE-Programm offensiver positionieren

Die Agenda der SAP geht längst über die Migration von SAP-ECC-Kunden auf S/4HANA hinaus. Die Cloud ist das Ziel. SAP möchte seine Software generell im Abo verkaufen. Wie anderen Softwarehäusern auch geht es SAP darum, den Anteil der vorhersagbaren und wiederkehrenden Umsätze zu erhöhen. 2022 lag dieser bei 79 Prozent, vier Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Bis 2025 soll dieser planbare Umsatzposten auf einen Anteil von 85 Prozent an den Gesamterlösen anwachsen. Für SAP ist es wichtig, hier voranzukommen. Schließlich bildet diese Kennzahl einen wichtigen Faktor für die Gesamtbewertung des Unternehmens.

Rise with SAP - so rechnen Sie den Business Case

Dabei helfen soll das RISE-Programm, das SAP vor etwa zwei Jahren vorgestellt hatte. Der Softwarekonzern will Anwendern mit einem integrierten Paket aus Software, Cloud-Infrastruktur von Partnern wie AWS, Google und Microsoft sowie Migrationsservices den Weg in die Cloud ebnen. RISE bildet den Eckpfeiler von SAPs langfristigen Cloud-Plänen. Dabei steht viel auf dem Spiel. Die Kunden sollten sich darauf einstellen, dass die Verhandlungstaktiken von SAP in Zukunft noch stärker auf das RISE-Programm zugeschnitten sein werden. Zu erwarten sind

Kunden sollten sich also auf einen höheren Druck einstellen, mit dem SAP RISE in den Markt drängen wird. Daher ist es ratsam, die eigene Organisation bis hin zum Top-Management proaktiv auf diese Taktik einzustellen. Kunden sollten außerdem ihre bestehenden SAP-Verträge genau prüfen, bevor sie in dieser Situation weitere On-Premises-Lizenzen kaufen.

3. Kunden verstehen RISE nicht richtig

Die SAP-Klientel tut sich oft schwer damit, das RISE-Angebot richtig einzuordnen und zu bewerten. Wichtig dabei: Die Offerte gleicht eher einem Managed-Services-Angebot als einer reinen SaaS-Lösung. Außerdem besteht die Gefahr, dass Unternehmen in Bezug auf RISE die Komplexität und die Auswirkungen auf ihre bestehenden Abläufe und Partnerbeziehungen falsch einschätzen.

Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass SAP in erster Linie Software verkaufen will, nicht Managed Services. Kunden kann es deshalb passieren, dass die Walldorfer diesem Thema ausweichen oder versuchen, mehr Software und Services anzudienen als eigentlich notwendig wäre. Die meisten SAP-Kunden pflegen Supportbeziehungen zu Drittanbietern, entweder in Form von herkömmlichem Infrastruktur-Support für das eigene Rechenzentrum, Cloud Managed Services und/oder Anwendungswartung und -support. Bei der Betrachtung von RISE sollten die Anwender genau prüfen, wie sich das SAP-Programm auf die Beziehungen zu diesen Serviceanbietern auswirkt.

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Das gilt auch für den gewählten Cloud-Mix: SAP bietet Kunden im Rahmen von RISE Flexibilität hinsichtlich der Wahl des Hyperscalers, bei dem S/4HANA laufen soll. Viele Unternehmen pflegen allerdings schon vielfältige Geschäftsbeziehungen zu diversen Cloud-Providern. Das Schwergewicht RISE könnte die bisherigen Vereinbarungen durcheinanderwirbeln und ungünstigere Konditionen zur Folge haben.

4. SAP wird mittelständische Unternehmen ins Visier nehmen

Es ist davon auszugehen, dass SAP erhebliche Anstrengungen auf sich nehmen wird, um mehr mittelständische Betriebe als Kunden zu gewinnen. Diese Klientel tendiert eher dazu, eine einzelne, vertikal integrierte Lösung wie RISE zu nutzen. Im Gegensatz zu den meisten Großunternehmen sind Mittelständler flink und schnell in ihren Entscheidungsprozessen. Sie suchen eher nach einem einzigen Partner ihres Vertrauens als eine Multi-Vendor-Strategie zu verfolgen. Diese Betriebe sind auch in der Lage, RISE schneller zu implementieren als Konzernkunden. Für SAP bringt das neue Chancen. Doch bevor sich Mittelständler auf ein Cloud-Abenteuer mit SAP einlassen, sollten sie sich fragen:

2015 Appell von Hasso Plattner: Warum S/4HANA das bessere ERP ist

5. Beratungsunternehmen werden in "Phase 0"-Initiativen investieren

Beratungs- und Implementierungsspezialisten dürften sich auch in diesem Jahr immer noch mit sogenannten Phase-0-Initiativen aufhalten - auch um dann das weitere Wachstum für 2024 und darüber hinaus anzukurbeln. Phase 0 bedeutet, sie arbeiten mit ihren Kunden noch daran, die Grundvoraussetzungen für ein SAP-Projekt erst einmal zu definieren und die Weichen zu stellen.

Für Unternehmen, die noch nicht in der Migration von SAP ECC auf S/4HANA stecken und diese Reise auch nicht vor Ende 2023 oder Anfang 2024 antreten wollen, ist das keine schlechte Nachricht. Allerdings sollten sie die Phase-0-Initiativen im Auge haben und sich mit den Risiken beschäftigen. Folgende Fragen sollten sie sich stellen:

Ein Rat: Bevor Sie sich mit einem Berater und/oder SAP auf eine Phase-0-Initiative einlassen, sollten sie Ihren Entscheidungsprozess und ihre Anforderungen genau durchdenken, anstatt sich vorschnell auf die von einem Partner vorgeschlagenen Ansätze und Strategien zu verlassen - nur weil es einfacher scheint.

6. SAP-Kunden werden in die Cloud gehen

Es ist davon auszugehen, dass die Wechselbereitschaft von SAP-Kunden in die Cloud, egal ob sie bei SAP ECC bleiben oder eine Migration auf SAP S/4HANA planen, weiter zunehmen wird. Einige Unternehmen werden einen solchen Wechsel proaktiv abgehen, andere dürften dazu gezwungen werden, weil sich etwa die Strategie ihrer Managed-Services-Anbieter ändert. Dazu kommt, dass Cloud-Initiativen weit über den SAP-Horizont hinausreichen. Das betrifft andere Anwendungs-Workloads und Nicht-SAP-Transformationsinitiativen mit AWS, Google oder Microsoft. Wenn Unternehmen SAP im Rahmen ihrer übergeordneten Cloud-Strategie betrachten, sollten sie Folgendes bedenken:

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7. Kunden werden ihre Managed-Services-Beziehungen neu justieren

In Verbindung mit der Cloud-Migration werden viele Unternehmen ihre Betriebsmodelle und bestehenden Managed-Services-Beziehungen grundsätzlich hinterfragen. Der Druck, die Kosten zu senken und den Betrieb effizienter zu machen, wird anhalten, vielleicht sogar größer werden. Um den zukünftigen Zustand des Unternehmens neu zu definieren, müssen sich Betriebe folgende Fragen stellen und beantworten:

Auch wenn SAP für die Gesamtstrategie großer Unternehmen eine wichtige Rolle spielt, haben viele Betriebe zusätzliche Managed-Services-Beziehungen, die weit über die Grenzen von SAP hinausgehen. Diese neu zu verhandeln und dabei auch in Betracht zu ziehen, bestehende Verträge zu beenden, müssen Teil eines strategischen Beschaffungsplans sein. (ba)

(Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com)