Salesforce.com muss mehr für sein On-Demand-Geschäft tun

17.11.2006
Während Umsätze und Kundenzahlen weiter kontinuierlich steigen, schrumpfen die Gewinne von Salesforce.com. Schuld daran sind die wachsenden operativen Kosten.

Für sein Ende Oktober abgeschlossenes drittes Fiskalquartal des Geschäftsjahres 2006/07 meldeten die Salesforce.com-Verantwortlichen Rekordeinnahmen in Höhe von 130 Millionen Dollar. Das sind 57 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahresmonat. Der Umsatz für Softwarevermietung und -support verbesserte sich um 59 Prozent auf 118 Millionen Dollar. Mit Services nahm der On-Demand-Pionier 12 Millionen Dollar ein, 40 Prozent mehr als im dritten Fiskaljahr des vorangegangenen Geschäftsjahres.

Auch in punkto Kundenzahlen meldete das Management des Softwarevermieters neue Rekordmarken. Die Zahl der Anwenderunternehmen wuchs im abgelaufenen Quartal um 2300 auf nunmehr 27 100. Insgesamt arbeiteten Ende Oktober weltweit 556 000 Nutzer mit der auf Mietbasis angebotenen Customer-Relationship-Management-Lösung (CRM), 61 000 mehr als ein Vierteljahr zuvor.

Salesforce.com-CEO Marc Benioff äußerte sich begeistert über das jüngste Quartal. Der On-Demand-Anbieter werde der erste Softwarevermieter sein, der die 500-Millionen-Dollar-Umsatz-Grenz pro Jahr durchbrechen werde, prophezeite er. Auf diesem Niveau rücke Salesforce.com in die Riege der 40 größten Softwareanbieter vor.

Während sich die Umsatzzahlen durchaus verheißungsvoll präsentieren, sieht es unter dem Strich weniger gut aus. Dort stand für das dritte Fiskalquartal ein Gewinn von 339 000 Dollar. Ein Jahr zuvor waren es an gleicher Stelle noch gut 13,1 Millionen Dollar. Grund für den vergleichsweise mageren Gewinn waren in erster Linie die gestiegenen Kosten. Demnach beliefen sich die operativen Ausgaben zuletzt auf 98,8 Millionen Dollar. Das sind 74,3 Prozent mehr als die 56,7 Millionen Dollar aus dem Vorjahresquartal.

Schwach präsentierte sich der On-Demand-Anbieter schon in den Quartalen zuvor. Während die Umsätze stiegen, standen am Ende der Bilanzen für das erste und zweite Fiskalquartal des laufenden Geschäftsjahres rote Zahlen. Die Verluste beliefen sich auf 229 000 Dollar beziehungsweise 145 000 Dollar.

Der Zuversicht des Unternehmensgründers Benioff tut dies keinen Abbruch. Die Konkurrenz hinke mit ihren On-Demand-Angeboten weit hinterher, tönte er. Beispielsweise gebe es für Siebel-on-Demand insgesamt weniger Kunden, als Salesforce.com allein in den zurückliegenden drei Monaten neu hinzugewonnen habe. Im Microsoft-Umfeld sei es gelungen, Kunden des aktuellen Release "Microsoft CRM 3.0" abzuwerben. Diese hätten versucht, den "Software-Oktopus" zu bändigen, wären damit jedoch gescheitert. Eine Konkurrenz durch SAP, den Dritten im Wettbewerber-Triumvirat, sei nicht zu spüren. Außer den zwei Kunden, die der deutsche Softwarekonzern offiziell gemeldet habe, sei es niemandem gelungen, die Lösung zum Laufen zu bringen, spottete Benioff. Wir fühlen uns in der augenblicklichen Wettbewerbssituation sehr zufrieden", so sein Fazit.

Die nach außen hin zur Schau getragene Gelassenheit ist jedoch zum Grossteil nur Fassade. Wie die steigenden Ausgaben und die mageren Ergebnisse belegen, wissen die Salesforce.com-Verantwortlichen genau, dass sie etwas tun müssen, um den Wachstumsmotor nicht abzuwürgen. Der Softwarevermieter arbeitet seit rund einem Jahr massiv am Ausbau seines Angebots. Auf Basis der On-Demand-Plattform "Appexchange" können beispielsweise Partner und Kunden eigene On-Demand-Lösungen entwickeln und anbieten (siehe auch: Salesforce.com hofft auf Lizenzgeschäft mit Appexchange). Das Spektrum der Möglichkeiten soll dabei die gesamte Palette an Business-Software umfassen. Salesforce.com selbst will sich auf Lösungen für das Kunden-Management beschränken. Um die Entwicklung entsprechender Lösungen zu forcieren bietet Salesforce.com seit kurzem mit "Apex" ein Entwicklungs-Framework an (siehe auch: Salesforce.com: Entwicklung-on-Demand mit Apex).

Die großen Softwarekonzerne wollen sich indes nicht von den Sticheleien des Salesforce.com-CEO provozieren lassen. SAP definiert beispielsweise seine eigene On-Demand-Lösung weiter als Einstiegslösung für CRM, um schnell kurzfristig benötigte Funktionen einzuführen. Langfristig würden die meisten Kunden auch im Hinblick auf eine tiefere Integration in die bereits bestehende Business-Software-Landschaft auf eine On-Premise-Lösung umsteigen, berichtete kürzlich Timo Kirchner, Vertriebsleiter für Mysap CRM in Deutschland, in einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Darüber hinaus arbeite SAP kontinuierlich an weiteren Funktionen für seine Miet-CRM-Lösung. Mittlerweile habe es drei Erweiterungen des Mietangebots gegeben. Wie viele Kunden SAP mittlerweile für sein im Frühjahr dieses Jahres vorgestelltes CRM-On-Demand gewonnen hat, will Kirchner allerdings nicht verraten.

95 Prozent der Kunden favorisierten eine In-House-Lösung, sagt auch Eduard Dell, Produkt-Manager für Dynamics CRM von Microsoft. Der weltgrößte Softwarekonzern will seinen Kunden flexible Möglichkeiten der Softwarenutzung bieten. Mit Kauf und Miete sowie Vorort- beziehungsweise Hosted-Betrieb sei jede Kombinationsmöglichkeit denkbar. Vorteil sei dabei, dass die Kunden mit einer einheitlichen Code-Basis jederzeit den Betriebsmodus ihrer CRM-Lösung wechseln könnten.

Oracle meldete zuletzt 2200 Kunden und 1,7 Millionen Nutzer weltweit für seine eigenen On-Demand-Lösungen. Der Umsatz mit Mietsoftware sei im zurückliegenden Quartal um 50 Prozent gestiegen. Der Softwarekonzern will sein komplettes Portfolio von der Datenbank über die Middleware bis hin zu den Applikationen On-Demand anbieten. Zuletzt sei die zugekaufte Business-Software Peoplesoft Enterprise als Mietvariante hinzugekommen, berichtete Jürgen Rottler, Executive Vice President für den Bereich Customer Services von Oracle. An entsprechenden Angeboten für die ebenfalls akquirierten Softwareprodukte von Profit Logic, Retek und G-Log werde gearbeitet. Oracle hat seine Ziele im On-Demand-Geschäft hoch gesteckt. In wenigen Jahren will der Datenbankspezialist die Hälfte seiner Umsätze in diesem Bereich erwirtschaften (siehe auch: Jürgen Rottler, Oracle: On-Demand ist eine Waffe gegen SAP).

Die Salesforce.com-Konkurrenten arbeiten vor allem darauf hin, ihren Kunden eine engere Integration in andere Business-Applikationen zu bieten, und zwar sowohl in On-Demand- als auch in On-Premise-Software. Mit dieser Argumentation will man vor allem den gehobenen Mittelstand und Konzernkunden bei der Stange halten. Die Salesforce.com-Lösungen hätten dagegen gerade hinsichtlich des Integrationsaspektes Nachteile, so der einhellige Tenor aus den Reihen der etablierten Softwareanbieter.

Diese angeblichen Defizite will Salesforce.com mit Integrationsmodulen der Appexchange-Plattform und Apex entkräften. Beispielsweise bietet die Firma einen "SAP-R/3-Connector" an, der die On-Demand-Umgebung mit einem ERP-Backend koppeln soll. Allerdings wird der Softwarevermieter dafür noch kräftig trommeln müssen. Gerade in Europa zögern die Anwender hinsichtlich des Einsatzes von On-Demand-Lösungen noch. Nach wie vor haben viele Kunden Bedenken, geschäftskritische Daten einem externen Provider anzuvertrauen. Gerade einmal 15 Prozent des Gesamtumsatzes kommen aus der Alten Welt. Um seinen Geschäften in Europa zusätzlichen Schwung zu verleihen, hat Salesforce.com erst kürzlich mit Lindsey Armstrong eine Managerin in London postiert, der sich allein auf die Entwicklung des Marktes konzentrieren soll. (siehe auch: Salesforce.com will Europa On-Demand beibringen). (ba)