Business Software für den Mittelstand

Sage will im globalen ERP-Markt mitspielen

07.10.2008 von Frank Niemann
Hatte sich das Softwarehaus bisher in erster Linie auf lokale Produkte konzentriert, will es nun mit "Sage ERP X3" den gehobenen Mittelstand erreichen - und zwar weltweit. Die Lösung richtet sich an Firmen, die an mehreren Standorten produzieren und handeln.

Mit ERP X3 betritt Sage gleich in mehrerlei Hinsicht Neuland. Bisher hatte der Softwarekonzern mit Hauptsitz in Großbritannien kein ERP-System im Angebot, dass für den Weltmarkt konzipiert war. Programme wie "Office Line" sowie die Lösungen von Sage Bäurer ("Industry" und "Trade") decken den deutschen Markt ab. ERP X3 dagegen soll an Kunden in 35 Ländern vermarktet werden. Die Software ist für Kunden des gehobenen Mittelstands gedacht (150 bis 2500 Mitarbeiter), die für weltweite Geschäftsprozesse Software benötigen, um länderübergreifend Waren- und Wertströme zu steuern.

Die überwiegende Mehrzahl der Sage-Kunden sind kleine Firmen mit bis zu 25 Mitarbeitern. Somit betritt der Konzern mit ERP X3 ein neues Marktsegment. Eigenen Angaben zufolge machen Firmen des gehobenen Mittelstands bis dato weltweit etwa nur zwei Prozent aller Sage-Anwender aus.

ERP-System aus Frankreich als Grundlage

Sage ERP X3 lässt sich laut Hersteller in vielen Ländern ausrollen. Entsprechende Lokalisierungen, dartuner für den chinesischen Markt, wurden integriert.

Grundlage der Produktstrategie ist eine Software des französischen Anbieters Adonix, den Sage im Jahr 2005 gekauft hatte. Die Franzosen hatten die Software unter dem Namen "Adonix X3" 2002 auf den Markt gebracht und in unterschiedlichen Ländern angeboten. Die Software ist aus einem älteren Programm hervorgegangen, das stark modernisiert wurde. Seit 2006 heißt das Produkt "Sage ERP X3". Rund 2300 Firmen verwenden die Lösung. Eine deutsche Fassung hatte Sage unlängst freigegeben.

Mit dem Produkt hofft die deutsche Dependance, Sage Software aus Frankfurt am Main, eine Lücke im Portfolio zu füllen. Zwar adressiert der Anbieter mit den Applikationen von Sage Bäurer bereits den gehobenen Mittelstand, jedoch lassen sich diese Produkte nicht ohne weiteres international ausrollen. "Kunden mit diesem Bedarf hatten wir abweisen müssen", beschreibt es Franz Bruckmaier, Leiter des Bereichs Midmarket bei Sage.

ERP-Features für Industriefirmen und den Handel

Bestehende Prozesse von ERP X3 lassen sich darstellen und über ein Design-Tool anpassen. Über grafische Ansichten wird auch der Benutzer durch die Abläufe geführt.

Sage ERP X3 beinhaltet Funktionen für Industrieunternehmen und den Handel. Anwender sollen ihre Finanzen sowie die Produktion, Logistik, Lagerverwaltung sowie den Ein- und Verkauf global unter Berücksichtigung von Währungen und Steuergesetzgebungen steuern können. Integrierte Reports sollen es Anwendern erlauben, beispielsweise Lagerbewegungen und Absatzzahlen sowie auf Standardortebene als auch konzernweit sichtbar zu machen. Über ein Web-Interface, das sich individuell einstellen lässt, bedient der Nutzer die Software. Abläufe lassen sich über einen grafischen Prozess-Designer modellieren beziehungsweise neu entwickeln. Eine Workflow-Engine führt diese aus. Laut Herstellerangaben beeinträchtigen diese und andere kundenindividuellen Anpassungen die Release-Fähigkeit der Lösung nicht. Über Web-Services lassen sich Drittsysteme einbinden. Die ERP-Software ist Unicode-fähig, unterstützt Datenbanken von Microsoft und Oracle sowie die Betriebssysteme Windows, Linux und Unix.

Einerseits schafft sich Sage mit ERP X3 einen neuen Markt. Andererseits dürften die Nutzer der Produkte von Sage Bäurer die Aktivitäten kritisch beäugen. Sage hatte Bäurer vor etwa zwei Jahren übernommen, um in das Geschäft mit dem Mittelstand einzusteigen. Wie ERP X3 verfügt es über Funktionen für die Industrie und den Handel. Zwar bekräftigt das Management, die Applikationen von Sage Bäurer weiterzuentwickeln sowie Bestandskunden nicht zu einem Umstieg zu bewegen. Dennoch dürfte das neue Produkt zunächst für Unruhe sorgen.

Wie reagieren Nutzer von Sage Bäurer?

Auch das Neugeschäft dürfte hier und da schwierig sein: Sage Bäurer verfügt zumindest nach heutigem Stand über tiefergehende Funktionen für die diskrete Fertigung und den technischen Handel als sie ERP X3 vorweisen kann. Somit muss sich ein Anwender entscheiden, ob ihm die spezifischen Funktionen der Sage-Bäurer-Linie oder die Features für globale Unternehmensprozesse von ERP X3 wichtiger sind.

Hinzu kommt, dass Sage gegenüber Wettbewerbern wenig Erfahrung hat mit globalen ERP-Einführungsprojekten. Hier trifft der Softwareanbieter auf Konkurrenten wie SAP, Microsoft, Infor und IFS.