Qualitätsinhalte nur noch gegen Bezahlung?

Rupert Murdoch will Ende der Gratiskultur im Netz

07.08.2009
Das ist (noch) die wunderbare Gratis-Welt: Ob Eilmeldungen, Berichte aus der Ferne, Klatsch oder Kinokritiken - jedem Internet-Nutzer stehen online mit nur ein paar Klicks Millionen Nachrichten zur Verfügung.

Aus dem WWW-Universum sind die Kostenlos-Angebote nicht mehr wegzudenken. Oder doch? Medienzar Rupert Murdoch macht jetzt Ernst und will alle Nachrichten aus seinem Konzern News Corp. ("Wall Street Journal", "The Sun") nur noch kostenpflichtig anbieten. Auch deutsche Verlage suchen immer stärker nach Wegen, mit ihren Inhalten endlich Geld im Netz zu verdienen.

Seien es "Spiegel", "New York Times" oder "Bild" - wer über das aktuelle Geschehen lesen möchte, braucht nicht mehr unbedingt ein Zeitungsabo und kann sich den Weg zum Kiosk sparen. Das Internet hat das Geschäft mit der Nachricht auf den Kopf gestellt. Für teuere Recherchen, aufwendige Reportagen und Exklusivinformationen müssen Leser nichts mehr zahlen - die Online-Angebote machen es möglich. Die Nutzer wollen Gratis-Angebote

Lange haben die Medienhäuser die wachsende Gratiskultur im Netz hingenommen und den Vormarsch des Internets unterschätzt. Zwar gab es immer wieder Versuche mit Bezahlangeboten. "Doch sobald im Netz etwas kostet, gehen die Nutzerzahlen dramatisch zurück", sagt Hans-Joachim Fuhrmann vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). "Der Nutzer erwartet, dass die Angebote kostenfrei sind." Eine Chance sieht Fuhrmann in Premium-Inhalten für bestimmte Interessengruppen.

Auch die Erlöse aus Internet-Anzeigen über Werbebanner reichen für schwarze Zahlen nicht aus. Zwar hat etwa Europas größtes Zeitungshaus Axel Springer ("Bild", "Die Welt") im ersten Halbjahr 2009 die Flaute mit traditionellen Anzeigen mit einem Plus von 15 Prozent bei der Online-Werbung etwas ausgleichen können. Doch "Bild" bleibt der wichtigste Wachstumsträger - und zwar mit der gedruckten Ausgabe.

Für die Verlage kommt es noch schlimmer: Immer Menschen verzichten auf Zeitungen. Jedes Jahr gehen in Deutschland die Auflagen um knapp 300.000 Exemplare zurück. Das entspricht etwa der Größe einer mittleren Regionalzeitung. Gleichzeitig bündelt Netzriese Google mit seiner Nachrichtenseite Google News kostenlos den Zugriff auf die Portale der Zeitungen.

Doch es gibt auch Erfolge mit Bezahlmodellen. Murdoch bittet etwa bei seinem Flaggschiff "Wall Street Journal" für die wichtigsten Angebote zur Kasse. In den USA wollen Verleger über das Portal "Journalism Online" hochwertige journalistische Produkte gegen Bezahlung anbieten.

Eine Perspektive sieht Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner im mobilen Internet, etwa beim Handy. Wer bereit sei, für jede SMS ein paar Cent zu zahlen, sei auch offener, auf Tastendruck für Nachrichten Geld auszugeben. Doch insgesamt sehen deutsche Verleger kostenpflichtige Modelle zurückhaltend, wie eine dpa-Umfrage jüngst ergab.

Zwar kann sich etwa der Kölner Verlag M. DuMont Schauberg, zu dem der "Kölner Stadt-Anzeiger", die "Berliner Zeitung" und die "Frankfurter Rundschau" gehören, solche Angebote vorstellen - doch erst wenn es dafür einen Branchenkonsens gibt, wie Konstantin Neven DuMont sagte. Für Gruner+Jahr ("Stern") kann das Internet-Geschäft der Verlage nicht allein auf Werbung beruhen. "Für Bezahlinhalte müssen zunächst einfache technische Voraussetzungen geschaffen werden", sagte Vorstandschef Bernd Buchholz.

Auf dem Weg zur "Internet-Gema"?

Auch rechtliche Hürden stehen für die Verleger im Weg. Denn bisher gibt es keine Gesetzesgrundlage, um Aggregatoren wie etwa Google News oder Yahoo!, die auf ihren Plattformen die Links zu den Nachrichtenseiten kostenlos zusammenführen, zur Kasse zu bitten. Die großen Medienhäuser fordern eine Reform des Urheberrechts, das bisher vor allem den Journalisten schützt. Von einem sogenannten Leistungsschutz, den bereits etwa Plattenfirmen genießen, wollen auch die Medienhäuser im Internet profitieren. In einer "Hamburger Erklärung" haben sich führende deutschen Häuser für den "Schutz des geistigen Eigentums" gemeinsam stark gemacht.

Im Gespräch für neue Erlösmodelle sind etwa eine "Internet-GEMA" oder eine "Kultur-Flatrate". Für die Tatsache, dass sie die technischen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um Nachrichten im Netz überhaupt lesen zu können, wollen die Verlage Geld haben. Das sehen einige Medienleute skeptisch. Für sie öffnet der Verkehr über Google die Chance, möglichst hohe Klickraten zu bekommen und die Nutzer auf Werbung auf den eigenen Seiten zu lenken.

"Das Gesetz des Marktes lautet: Über das Reichweitenwachstum ist mit Werbung definitiv mehr Geld zu verdienen als mit Paid Content. Dem kann man sich - zumindest als deutschsprachiges Online-Medium - kaum entziehen," sagt Anton Notz, Leiter Electronic Media der Gruner+Jahr-Wirtschaftsmedien.

Auch "Internet-Papst" Jeff Jarvis hält Bezahl-Modelle für "aussichtslos", wenn nicht sogar "selbstmörderisch", weil sie den Konkurrenten Tür und Tor öffne, wie er im Londoner "Guardian" am Donnerstag schrieb. Als Verfechter der sogenannten "Link-Ökonomie" warnt Jarvis die traditionellen Medien: "Wer sich hinter Bezahlmauern verschanzt, schließt sich vom Internet selber aus."

Hinweis: Bei "Spiegel Online" und beim "Guardian" laufen gerade Online-Abstimmung zur Frage, ob kostenpflichtiger Qualitätsjournalismus online eine Chance hat. Bislang sieht es danach aus, als ob dem nicht so wäre - das ist aber auch nicht anders zu erwarten, wenn man die Leser fragt, die zur Kasse gebeten werden sollen. (dpa/tc)