Ricke: Statt Ablösung mehr Kompetenzen

04.09.2006
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, Kai-Uwe Ricke, sieht sich ungeachtet der Kritik an seiner Führung fest im Sattel.

Eine Ablösung sei auf der zweitägigen Aufsichtsratssitzung am Wochenende kein Thema gewesen, sagte Ricke am Samstag in einer Telefonkonferenz. Das Kontrollgremium des Unternehmens übertrug Ricke auf dessen Wunsch hin zusätzliche Aufgaben. Nach der Vorlage einer schwachen Halbjahresbilanz war der 44-jährige Ricke zum Teil scharfer Kritik ausgesetzt. In Medienberichten war auch über ein vorzeitiges Ausscheiden auf Betreiben von Aktionären spekuliert worden. Rickes Vertrag läuft im November 2007 aus. In der Regel werden Verträge von Vorständen ein Jahr vorher verlängert.

Als Reaktion auf den scharfen Wettbewerb sollen künftig wichtige Schlüsselfunktionen zentral geführt werden. Der Marktauftritt in Deutschland solle stärker koordiniert und die Kosten den veränderten Marktbedingungen angepasst werden, teilte die Deutsche Telekom mit. Bis zum Jahr 2010 seien Einsparungen in Milliardenhöhe geplant, sagte ein Konzernsprecher. Die genaue Höhe solle bei der anstehenden Planungsrunde für die kommenden drei Jahre beziffert werden. Ziel sei es, Europas ertragsreichster Telekom-Konzern zu werden. Dies gelte sowohl für den Überschuss als auch für das operative Ergebnis.

Kritik von ver.di

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kritisierte die neue Strategie von Ricke. "Die Effizienzmaßnahmen lassen uns ablehnend den Planungen gegenüber stehen", sagte Lothar Schröder, der im ver.di-Bundesvorstand für Telekommunikation zuständig ist, der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Wir befürchten, dass Konditionen und Arbeitsplätze angegriffen werden", sagte Schröder, der auch im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom sitzt. Die Telekom müsse ihre gesellschaftliche Verantwortung in Deutschland nachkommen. ver.di befürchte zudem, dass vor allem bei T-Com zusätzliche Unruhe in der Belegschaft entstehen könne. Von derzeit laufenden Stellenstreichungen ist die Festnetzsparte besonders betroffen.

Ricke wird künftig neben dem Marken-Management auch Werbebudget und -planung sowie die Mediakoordination verantworten. T-Systems-Chef Lothar Pauly ist künftig weltweit die Bereiche Netztechnik, IT und Einkauf zuständig. T-Mobile-Chef Rene Obermann ist deutschlandweit für den stationären Vertrieb verantwortlich.

Ricke in der Offensive

Der Telekom-Vorstandschef hatte sich im Vorfeld der Sitzung kämpferisch gezeigt: "Ich freue mich auf die Aufsichtsratssitzung", hatte er am Donnerstag bei der Internationalen Funkausstellung (IFA) gesagt. Er habe einen gut vorbereiten Plan im Kopf. Das Unternehmen präsentierte in Berlin neue Produkte und Tarife, mit denen der Kundenrückgang im Festnetzgeschäft gestoppt werden soll. Die Bündelangebote umfassen Preisnachlässe von bis zu 30 Prozent.

Das neue Tarifmodell ist laut Ricke in den Planzahlen für 2006 bereits mit eingerechnet. Für das Gesamtjahr erwartet die Telekom einen Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) von bis zu 19,7 Milliarden Euro und einem Umsatz von 62,1 Milliarden Euro. Ricke begründete den erwarteten EBITDA-Rückgang mit dem harten Wettbewerb in Deutschland, der allen Geschäftsbereichen zusetze.

Kräftige Abschläge verzeichnet vor allem die Festnetzsparte T-Com. Auf Grund des Preiskampfes auf dem Mobilfunkmarkt entwickelt sich der Umsatz von T-Mobile Deutschland rückläufig. Wachstumstreiber bleibt das amerikanische Mobilfunkgeschäft. Die Kundenzahlen und Erlöse von T-Mobile USA nehmen deutlich zu. Allerdings muss die Telekom nun mehrere Milliarden Euro in die Hand nehmen, um bei der laufenden Auktion zusätzliche Mobilfunkfrequenzen zu kaufen. Experten rechnen mit Investitionen in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro. (dpa/tc)