Wie RFID-Projekte Kosten senken

RFID in der Praxis

15.09.2012 von Harald Dittmar
Die Funktechnik Radio Frequency Identification (RFID) optimiert Prozesse und spart Geld. Drei Projektbeispiele veranschaulichen den Nutzen.
Foto: Lara Nachtigall/Fotolia

Transparenz in den Unternehmensabläufen, Steigerung der Effektivität, Qualitätssicherung, Vereinfachung der Produktions-, Verwaltungs-, Kommunikations- und Lieferprozesse, Kostensenkungen, Einsparungen von Zeit und Personal - das sind die Garanten, die für den Erfolg eines Unternehmens stehen. Und sie beschreiben auch exakt die Vorteile, die der Einsatz von Radio Frequency Identification (RFID) bietet.

AutoID optimiert Geschäftsprozesse

Identifikationstechniken wie RFID und AutoID sind in Sachen Geschäftsprozessoptimierung heute nicht mehr wegzudenken. In vielen Bereichen der Wirtschaft werden die Abläufe in der Wertschöpfungskette bereits von den verschiedensten RFID-Anwendungen unterstützt. Denn AutoID beziehungsweise RFID sind sehr flexible Verfahren, die an die unterschiedlichsten Unternehmensszenarien angepasst werden können - sei es in der Produktion, in der Lagerhaltung, im Warenein- und -ausgang, Plagiatschutz, Diebstahlsicherung, Rückverfolgung, im Handel, in der Industrie oder im Dienstleistungssektor. Den Möglichkeiten sind nahezu keine Grenzen gesetzt. Optionen, womit gerade mittelständische Unternehmen enorme Potenziale erschließen können, die aber noch immer nicht ausreichend genutzt werden.

RFID hilft die Kosten senken

Der Mittelstand in Deutschland unterliegt einem hohen Wettbewerbsdruck. Die Wettbewerbsfähigkeit ist in Zeiten zunehmender Globalisierung für kleinere Unternehmen eines der Hauptprobleme und ihre Sicherung und Verbesserung die größte Herausforderung, der sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stellen müssen. Immerhin sind rund die Hälfte der in Deutschland existierenden drei Millionen KMU am Export und Import ausländischer Waren und Dienstleistungen beteiligt. Aber auch in Bezug auf den Binnenmarkt stellt sich vielen mittelständischen Betrieben die Frage, wie sie sich langfristig gegenüber den großen Konzernen mit ihren hohen Marktanteilen behaupten sollen.

Eine der Antworten darauf ist RFID. Die Funktechnik RFID vereinfacht Prozesse und senkt Kosten. Aber RFID verursacht auch Kosten. Und viele Unternehmen im Mittelstand sind nach wie vor der Meinung, dass sich Investitionen in diese Technologie nicht rechnen. In der Vergangenheit war das vielleicht auch der Fall, aber inzwischen haben sich AutoID beziehungsweise RFID weiterentwickelt. Dieser Fortschritt ermöglicht schlanke, punktgenaue Lösungen, die ohne großen Aufwand in die hauseigenen Betriebssysteme integrierbar und jederzeit auf andere Geschäftsabläufe erweiterbar sind.

Die folgenden vier Praxisbeispiele sollen dies verdeutlichen.

1. RFID verbessert Lager-Management

Ausgangssituation: Die 1990 in Hamburg gegründete Wizard GmbH ist auf die Entwicklung von Textilkonzepten für Unternehmen spezialisiert. Im Mittelpunkt der jeweiligen Konzeption steht die Berücksichtigung der Corporate Identity des Auftraggebers.

Foto: Harald Dittmar

Da zum Gründungszeitpunkt des Unternehmens weder Barcode noch andere Auto-ID-Technologien zur Verfügung standen, musste die mit Begleitpapieren angelieferte Ware manuell verbucht werden. Die Kontrolle bestand aus Stichproben, in deren Verlauf die Begleitpapiere mit der gelieferten Menge verglichen wurden. Nach der Eingangsbuchung wurden die Papiere an den Import weitergeleitet und die Daten manuell in das ERP-System SAP Business One eingegeben.

Dies alles vor dem Hintergrund, dass die zwei Standorten, an denen die Wizard GmbH ihre angelieferten Waren einlagert, 30 km voneinander entfernt sind und alle Informationen zum Lagerbestand mit Excel-Tabellen verwaltet werden.

Lösung: Die von den einzelnen Produzenten angelieferten Produkte sind jetzt mit einem RFID-UHF-Etikett versehen. Die dafür benötigten Informationen zu den einzelnen Artikeln wie Größe, Farbe, Material etc. werden aus SAP Business One übernommen. Durch das Auslesen der Etiketten bei der Warenvereinnahmung erfolgt ein automatischer Abgleich von Bestellung und Lieferschein. Das führt nicht nur in einem Sekundenbruchteil zur Identifizierung von Produkten, sondern auch zu einer drastischen Reduzierung von Prozesszeiten und -kosten.

Foto: Harald Dittmar

Nach der Erfassung der gelieferten Waren im Wareneingang erfolgt eine automatische Lagerzugangsbuchung. Die Lagerplätze werden dabei nach Artikelgruppen eingeteilt. Jeder dieser Lagerplätze ist mit einem RFID-UHF-Mastertag ausgestattet. Bei Ein-, Um- oder Auslagerungen innerhalb der einzelnen Lagerplätze beziehungsweise zu anderen Unternehmensbereichen wie der Stickerei oder der Kommissionierung werden die RFID-Tags der Artikel mit den RFID-Tags der Lagerplätze verbunden beziehungsweise entkoppelt und neu zugeordnet. Die Buchungen verlaufen automatisch und in Echtzeit. So lassen sich sämtliche Warenbewegungen - das heißt, welche Artikel sind wo im Lager, welche befinden sich in der Stickerei, welche werden kommissioniert - eindeutig und permanent registrieren, steuern und verfolgen.

Das installierte RFID-System liefert zuverlässige Aussagen zu Lagerbeständen und gleichzeitig auch zu Lagerhaltungsfehlern. Was im Übrigen auch zu einem sehr willkommenen Zusatzeffekt führt: der permanenten Inventur des Bestandes.

Resultat: Die durch die RFID Konsortium GmbH für das Lager-Management der Wizard GmbH entwickelte Lösung bildet den kompletten Warenfluss vom Hersteller der Textilien über den Wareneingang beim Unternehmen in Hamburg, der abschließenden Veredlung der Textilprodukte, der Lagerung und Kommissionierung bis zum Versand ab.

Statt zeitraubendem Abzählen und Zuordnen der Lieferware durch die Mitarbeiter kommt es nun erstens zu einer automatischen Erfassung und Kontrolle durch RFID in Echtzeit. Zweitens müssen die Excel-Tabellen zur Verwaltung der Lagerbestände nicht mehr mühsam händisch gepflegt werden, sondern führt die permanente Datenerfassung durch RFID automatisch zu einer stets aktuellen Datenbasis. Bei der Wizard GmbH hat die RFID-Einführung neben einer optimal funktionierenden Waren- und Lagerplanung auch zu einer großen Zeit- und Kostenersparnis sowie einer gegen null gehenden Fehlerquote geführt. Die Kosten waren bereits nach einem Jahr eingespielt.

2. Inventarisierung mit RFID

Foto: Harald Dittmar

Ausgangssituation: Die Geschäftsinventar der Scholz Ingenieurvermessungs GmbH war bis dato nur teilweise mit Nummerncodes versehen. Alle Gegenstände wurden in einer Excel-Tabelle so genau wie möglich beschrieben, um sie bei der Inventur optisch wiederzuerkennen und händisch abzuhaken. Daher war es schwierig, sich einen Überblick über das gesamte Inventar zu verschaffen. Zur Grundausstattung des Ingenieurbüros gehört neben Büromöbeln die Vermessungstechnik, die es regelmäßig zu pflegen und zu verwalten gilt. Besonders das Equipment, das für millimetergenaue Messungen unverzichtbar ist, wird täglich beansprucht und ständig zwischen den Messtrupps getauscht.

Foto: Harald Dittmar

Lösung: Im ersten Projektabschnitt wurden alle Objekte in den Geschäftsräumen der Scholz Ingenieurvermessung mit einem Etikett versehen, hinter dem sich ein RFID-Transponder, eine Kombination aus Mikrochip und Antenne, verbirgt. Dieser Transponder trägt die Inventarnummer, die den Gegenstand eindeutig identifiziert. Dank der integrierten Antenne kann diese Nummer nun kontaktlos aus mehreren Metern Entfernung ausgelesen werden. Dieses Prozedere ermöglicht, mit einem RFID-Handlesegerät alle Gegenstände eines Raumes im Pulk und ohne Sichtkontakt zu erfassen. Das Erfassungsgerät zeigt die Inventarnummer und die genaue Bezeichnung des Objekts an, welche bei der Ersterfassung zugeordnet wurde. Neben den Objektbezeichnungen lassen sich auch Angaben zu zugehörigen Fotos, Rechnungen und weiteren objektspezifischen Informationen beiordnen.

Resultat: Für eine Inventur können nun alle Objekte in den Geschäftsräumen effizient erfasst und gezählt werden. Eine intelligente Software auf dem Erfassungsgerät stellt automatisch fest, welche Objekte seit der letzten Inventur fehlen oder dazugekommen sind. Dabei können die Objekte einem Raum, einer Abteilung oder einer Niederlassung zugeordnet werden.

Die auf RFID basierende Inventur bei Scholz Ingenieurvermessung ist ein Pilotprojekt der Firma B&M - Erfassen mit System. Die RFID-gestützte Lösung ermöglicht es, durch eine Inventur auf Knopfdruck die komplette Geschäftsausstattung schnell, zuverlässig und jederzeitig auf Vollständigkeit zu überprüfen und ihren Zustand im Blick zu behalten.

Im zweiten Projektabschnitt ist jetzt die Inventarisierung der Vermessungstechnik mittels RFID-Etiketten geplant.

3. RFID-Chip als Diebstahlschutz

Foto: Harald Dittmar

Ausgangssituation: Das Steigenberger Hotel Treudelberg verzeichnete pro Monat einen Schwund von rund 150 bis 200 Saunatüchern aus dem "Country Club", dem Fitness-und Wellnessbereich des Hauses. Ein Großteil des Verlustes war auf Diebstahl zurückzuführen. Da die Kosten für die Ersatzbeschaffung aufgrund des Einkaufspreises von zehn Euro pro Handtuch zu hoch gerieten, entschied das Hotel-Management, Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Die Mehrzahl der Country-Club-Gäste sind Mitglieder und regelmäßige Besucher, während nur wenige Tagesgäste den Wellness-Bereich besuchen. Es gilt die Regel, dass die Saunatücher grundsätzlich im Country Club verbleiben und nicht von Gästen in andere Hotelbereiche oder gar aus dem Hotel gebracht werden. Sie verlassen den Bereich lediglich zur hauseigenen Wäscherei.

Lösung: Eine neue Charge Saunatücher wurde nun direkt ab Produktion mit textilen UHF-RFID-Transpondern versehen, die unsichtbar im Saum der Ware eingenäht sind. Am Ausgang des Country Club wurde außerdem ein UHF-Reader mit zwei Antennen sowie eine Kamera installiert. Dazu wurde eine Softwareapplikation entwickelt, die bei jedem Impuls eines den Bereich verlassenden Saunatuch-Transponders ein Signal an die Kamera sendet. Diese nimmt dann im Abstand von jeweils einer Sekunde mehrere Bilder auf und sendet sie per E-Mail mit entsprechender Information an eine vordefinierte Adresse. Dadurch ist es dem Hotel-Management möglich, gezielt und diskret - teilweise im Nachgang beziehungsweise telefonisch - Personen anzusprechen, die Saunatücher unerlaubt entfernt haben.

Das gesamte Projekt wurde von der Firma PS4B ausgeführt. Die Betreuung reichte von der Auswahl der Hardware, der Suche nach einem Textilhersteller, der die Tags schon während der Produktion einarbeitet, über die Installation der Lesegeräte bis hin zur Entwicklung und Einbindung der Applikation in die bestehende IT Landschaft sowie Vorort-Tests.

Resultat: Die Lösung ist seit Anfang März 2012 implementiert und der Diebstahl wurde auf unter 20 Saunatücher pro Monat reduziert. Dieser Restwert ist erstens damit zu erklären, dass die Saunatücher vom Personal von der Wäscherei aus in andere Hotelbereiche transportiert wurden. Zweitens ist die Ware über andere, nicht RFID-überwachte Ausgänge verschwunden. Und drittens brachten Gäste Saunatücher offen in andere Bereiche und wurden darauf nicht angesprochen, weil auf den Bildern klar erkennbar war, dass es sich nicht um einen (versuchten) Diebstahl handelte. Durch diesen ersten Erfolg finden nun Überlegungen seitens der Hotelführung statt, RFID in weiteren Bereichen des Hotels einzusetzen.

4. Adler Modemärkte optimieren Prozesse mit RFID

Ein weiteres, aktuelles Beispiel für den Einsatz von RFID ist die im April 2012 getroffene Entscheidung der Adler Modemärkte AG, einen Rollout-Piloten über mehrere Modemärkte zu initiieren.

Vorgesehen ist zur Prozessoptimierung über die gesamten Lieferkette hinweg die Einführung von Funketiketten, die über die Zulieferer direkt an die Lieferanten und Auftragsfertiger verschickt und gleich nach dem Verkauf in der Filiale entfernt werden. Integriert im Adler-RFID-System ist eine elektronische Warensicherungsfunktion (EAS = Elektronische Artikel Sicherung) zur Verringerung des Warenschwunds.

Hauptziel ist laut Projektleiter Roland Leitz, eine bessere Bestandsgenauigkeit sowie mehr Umsatz durch die höhere Verfügbarkeit der Artikel zu erreichen. Mit der Entwicklung der RFID-Software für dieses Projekt und der Realisierung der Systemintegration wurde die sys-pro GmbH aus Berlin beauftragt.

RFID, Barcode und GPS sind marktreif

Es gibt viele weitere Beispiele für Unternehmen, die ihre logistischen Abläufe oder Verwaltungstätigkeiten durch den Einsatz automatischer Identifizierungssysteme verschlanken und sich damit mehr Wettbewerbsfähigkeit schaffen. Techniken wie RFID oder auch Barcodes und GPS werden Normalität und sind aus dem Alltag funktionierender Unternehmensprozesse nicht mehr wegzudenken.

Der Bundesverband IT-Mittelstand e.V. sieht in der Erschließung automatischer Identifizierungssysteme einen enormen Handlungsbedarf. Die Organisation bietet deshalb eine Beratung unter hdittmar@bitmi.de oder www.bitmi.de an. (pg)