Die digitale Steuerprüfung vorbereiten

Revisionssicher archivieren

01.03.2004 von von Heide
Während viele Unternehmen noch gar nicht für die digitale Steuerprüfung gerüstet sind, haben andere bereits erste Erfahrungen gesammelt. Dabei zeigt sich: Die Technik spielt eine untergeordnete Rolle.

TROTZ LANGER Diskussionen über die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) herrscht in den meisten Unternehmen noch Unklarkeit, wie die seit 2002 gültigen gesetzlichen Anforderungen der AO und GDPdU zu erfüllen sind. Jetzt, da es höchste Zeit zum Handeln ist, stellt sich die Frage: Was konkret hat sich eigentlich durch die neuen Vorschriften geändert, und wie gehen mittelständische Firmen damit um? Die neue Verordnung schreibt nicht vor, dass alle Dokumente und Belege, die bislang auf Papier archiviert werden durften, nun elektronisch aufzubewahren sind. Vielmehr sollen der Datenzugriff und die Aufbewahrung und Prüfung von Unterlagen, die ausschließlich digital übermittelt werden, verbindlich geregelt werden.

Mit Datenzugriff ist der Zugriff auf echte Rohdaten gemeint. Anhand dieser Daten soll der Prüfer des Finanzamts die Daten einsehen, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht. Er soll entsprechende Auswertungen vornehmen können, um eventuelle steuerlich relevante Fehler in der Buchhaltung schneller zu finden. Das Zugriffsrecht erstreckt sich auf alle steuerlich relevanten Stamm- und Bewegungsdaten und kann nach Wahl des Prüfers

- durch ihn selbst direkt am Buchhaltungssystem des Unternehmens,

- nach seinen Anweisungen am Buchhaltungssystem durch einen kundigen Mitarbeiter des Unternehmens oder

- durch Überlassen der Daten und Auswertung auf dem Notebook des Prüfers erfolgen.

Alle drei Möglichkeiten muss das Unternehmen während der gesamten Aufbewahrungsfrist von in der Regel zehn Jahren sicherstellen.

Beschreibungsstandard kommt

Bei der Überlassung der Daten ist darauf zu achten, dass das Format maschinell auswertbar ist, beispielsweise ASCII/ANSI, dBase oder Excel. Das heißt, die Buchhaltungssoftware muss über geeignete Funktionen zum Export aller Stamm- und Bewegungsdaten verfügen, die zu steuerlich relevanten Vorgängen gehören. Das schließt Informationen über die Verknüpfung der Daten, also zum Beispiel eine Journaltabelle mit den Kontenstammdaten, ein.

Mit der Software „Idea“ verfügen die Steuerpüfer über ein Tool zum Einlesen, Verknüpfen und Auswerten der Daten, sofern diese einem eigens entwickelten Beschreibungsstandard entsprechen. Vielen Buchhaltungsprogrammen mangelt es indes noch an einer Unterstützung dieses Beschreibungsstandards. Die Hersteller versprechen allerdings entsprechende Anpassungen.

Die meisten Unternehmen entscheiden sich für den Export aller steuerlich relevanten Daten nach Abschluss eines Geschäftsjahrs, unter anderem auch als Vorsorge gegen künftige technische Probleme, die beim Zugriff auf ältere Daten auftreten können. Die größte Herausforderung ist dabei die Identifikation dieser steuerlich relevanten Daten. Da jedes System seine Daten in unterschiedlichen Strukturen ablegt, können die Datentypen nicht allgemeingültig definiert werden. Vorgegeben ist aber, welche kaufmännischen Unterlagen aufbewahrungspflichtig sind. Dementsprechend müssen alle Daten, die zur Erzeugung dieser Unterlagen erforderlich sind, exportiert werden. Für das praktische Vorgehen heißt das: Der Steuerberater sagt, welche Unterlagen aufbewahrungspflichtig sind - wie bisher. Der Systembetreuer muss dann, gegebenenfalls gemeinsam mit dem betreuenden Systemhaus, herausfinden, anhand welcher Daten diese Unterlagen erzeugt werden, und die

entsprechenden Exportfunktionen konfigurieren.

Sind die Daten erst einmal exportiert, müssen sie „revisionssicher“ archiviert werden. Dies bedeutet entweder die dauerhafte Speicherung auf einem nicht veränderbaren Medium wie CD-R, DVD-R, WORM oder die Ablage in einem geeigneten Archivierungssystem.

Die Heinrich Hugendubel GmbH & Co. entschied sich für die elektronische Archivierung. Die Buchhandlung mit Hauptsitz in München beschäftigt mehr als 1000 Mitarbeiter an 16 Standorten bundesweit. Langwieriges Suchen in Kellerarchiven und teure Aktenauslagerung gehörten bei Hugendubel bis zur Einführung einer Dokumenten-Management- Lösung von Ixos zum Alltag. Heute werden die Belege elektronisch archiviert, was komfortables Recherchieren am Bildschirm erlaubt und die Finanzbuchhaltung von den zahllosen Originalbelegen auf Papier befreit.

In Kombination mit SAP-DART für die Datenüberlassung werden heute außerdem die Anforderungen der neuen Abgabenordnung (AO) erfüllt. Seit 1999 setzt Hugendubel für die elektronische Buchführung die R/3-Datenarchivierung von Ixos ein. Die Lösung wurde zwischenzeitlich um weitere Module, beispielsweise für die Fakturierung, ergänzt. Mehr als 130 000 Dokumente unterschiedlichster Typen, meist mit mehreren Seiten, fallen jährlich im Rechnungswesen an und werden in der Ixos- Lösung archiviert. „Neben den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen war bislang die Regelung zum Vorsteuerabzug das Haupthindernis für eine konsequente, also ,papierlose‘ Lösung“, erklärt Rosemarie Buchauer, Leiterin Rechnungswesen bei Hugendubel. Heute werden jährlich rund 120 000 Eingangsrechnungen auf Papier eingescannt und danach komplett vernichtet. Denn dank der Zertifizierung der Ablauforganisation sei der Vorsteuerabzug aus diesen elektronischen

Dokumenten möglich und damit der Aktenberg aus Eingangsrechnungen entbehrlich.

 An einem Scan-Arbeitsplatz werden alle Eingangsrechnungen erfasst und auf dem Ixos-Econ-Server abgelegt. Ausgehende Dokumente werden parallel zum Druck sicher auf einer Jukebox archiviert. Nach der Bearbeitung sind diese Dokumente mit dem jeweiligen R/3-Beleg beziehungsweise den Stammdaten verknüpft und sofort einsehbar. „Wir entlasten unsere Abteilung durch beschränkte Zugriffsrechte für Mitarbeiter aus anderen Abteilungen und Unternehmensbereichen, vereinfachen die Abläufe, vernichten die Eingangsrechnungen auf Papier und sparen so mittelfristig Kosten für Aktenauslagerung und Kellerarchive. Außerdem haben wir eine zukunftssichere Lösung auch im Hinblick auf künftige Steuerprüfungen“, so Buchauer.

Neben schnellem und effizientem Arbeiten erlaube die realisierte Lösung auch das unkomplizierte Erfüllen der gesetzlichen Vorschriften der neuen Abgabenordnung (AO). „Abgesehen vom direkten Systemzugriff können steuerlich relevante Daten in mit SAP-Dart erstellten Extrakten dem Steuerprüfer überlassen oder bei der Betriebsprüfung am Bildschirm aufgerufen werden“, so Buchauer. Zu den im Vorfeld definierten Sichten auf R/3-Daten können auch die verknüpften Dokumente aus der Ixos-Lösung bereitgestellt werden - unabhängig davon, ob die Belege (Daten) bereits archiviert wurden oder noch online verfügbar sind.

Auch der Fachdistributor Holz- Elektronik mit Hauptsitz in Kirchheim bei München und sieben Niederlassungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz wird eigenen Angaben zufolge den Anforderungen der revisionssicheren Archivierung gerecht. Das Unternehmen vertreibt mit 140 Mitarbeitern Produkte von Vertragspartnern wie Infineon, Epcos, Osram, Samsung oder Fischer Elektronik.

Täglich werden rund 1200 eingehende und 500 ausgehende Belege elektronisch abgelegt. Alle eingehenden Belege, zum Beispiel Aufträge oder Eingangsrechnungen, werden in den Abteilungen gesammelt und anschließend von einer Mitarbeiterin gescannt sowie automatisch verschlagwortet.

 Sämtliche ausgehenden Belege erstellt ein Warenwirtschaftssystem auf Unix-Basis. Dokumente wie Ausgangsrechnungen, Bestellungen oder Auftragsbestätigungen fließen bei Holz automatisch in den zentralen Dokumenten- Pool ein. Dabei werden die Spool- Daten, die beim Drucken der Belege entstehen, importiert und Suchbegriffe wie Auftrags- oder Rechnungsnummer automatisch herausgefiltert und an das Dokumenten-Management-System Docuware des gleichnamigen Herstellers weitergegeben. Die Übernahme der Daten aus dem Unix-System läuft für den Mitarbeiter im Hintergrund, er muss dafür lediglich einen Button in der Warenwirtschaft-Software anklicken.

„Eine digitale Prüfung unserer Finanzdaten ist schon mehrfach vorgenommen worden“, so DV-Leiter Roland Hübner. Das Prozedere hänge vom Prüfer ab: „Ein technisch versierter Prüfer macht das ganz selbstständig. Auf Wunsch erhält er auch Unterstützung, beispielsweise von einem Mitarbeiter der Buchhaltung.“ Weitere Informationen zur GDPdU unter www.cwmittelstand.de/go/85688.