Home-Office

Recht auf mobiles Arbeiten rückt näher

13.01.2022 von Jens Dose
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will ein Recht auf Home-Office gesetzlich verankern. Arbeitgeber- und Branchenverbände kritisieren die Pläne.

Heil will das Arbeiten von zu Hause dauerhaft in der deutschen Arbeitswelt integrieren und einen Rechtsanspruch auf Home-Office auch nach der Pandemie schaffen. "Wenn der Arbeitgeber keine betrieblichen Gründe nennen kann, soll der Anspruch, im Home-Office zu arbeiten, gelten," sagte Heil gegenüber der Presseagentur DPA.

Hubertus Heil plant, ein Recht auf Home-Office für Mitarbeiter gesetzlich zu verankern. Kritiker befürchten eine Überregulierung.
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Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nur gelegentlich außerhalb des Firmenbüros arbeiten wollen, will der Minister "mehr Flexibilität schaffen". Dabei dürften aber die "Schattenseiten des Home-Office" nicht vernachlässigt werden. "Arbeit darf nicht krank machen," betonte der Minister. Auch im Heimbüro müsse mal Feierabend sein.

Kritik von Arbeitgebern

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) findet wenig Gefallen an den Regierungsplänen. "Home-Office ist Standard in vielen Unternehmen und wird auch nach der Pandemie bleiben. Dazu bedarf es keines Rechtsanspruchs, sondern eines vertrauensvollen Miteinanders im Betrieb," kommentierte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter.

Der Staat schaffe mit solchen Vorschriften kein Vertrauen, so Kampeter. Stattdessen setze er die Sicht der Ministerialbürokratie über die sich fortentwickelte betriebliche Praxis. Der Koalitionsvertrag der Ampelparteien sehe nicht die Schaffung eines Rechtsanspruchs, sondern eines Erörterungsanspruchs bei Home-Office vor. Diesen gibt es seit Anfang 2019, er verpflichtet den Arbeitgeber die Wünsche der Mitarbeitenden nach veränderten Arbeitszeiten und -orten zu "erörtern".

Aus Arbeitgebersicht ist es dem BDA-Sprecher zufolge wichtiger, Telearbeit und Home-Office als Formen mobiler Arbeit klarer voneinander abzugrenzen. Zudem müssten der Breitbandausbau sowie flexiblere Arbeitszeiten und die Möglichkeit des Arbeitgebers, Arbeitszeitaufzeichnungspflichten an die Beschäftigten zu delegieren, vorangetrieben werden.

Anreize statt Regulierung

Auch der Digitalverband Bitkom kritisiert den Vorstoß des Arbeitsministers. Verbandspräsident Achim Berg sagte, ein Rechtsanspruch auf Home-Office sei der falsche Weg. Die Entscheidung darüber, wie gearbeitet wird, müsse grundsätzlich bei den Unternehmen liegen.

"Moderne flexible Arbeitsformen sind kein Selbstzweck. Sie müssen zu den innerbetrieblichen Prozessen passen," argumentiert Berg. Die Unternehmen sollten im gemeinsamen Dialog zwischen Führungskräften und Belegschaft Vereinbarungen treffen, die sowohl die Anforderungen des Betriebs als auch die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigen.

Aufgabe des Staats sei es, Anreize für zeit- und ortsflexibles Arbeiten zu setzen, ohne übermäßig zu regulieren. Berg schlägt vor: "Wer mindestens einen Tag pro Woche zu Hause oder mobil arbeitet und damit auch einen Beitrag leistet, Staus zu vermeiden und Umwelt und Klima zu schonen, sollte dafür belohnt werden und alle dadurch entstehenden Kosten steuerlich absetzen können."

Ausgaben für die Ausstattung eines häuslichen Arbeitsplatzes sollten laut Berg grundsätzlich - unabhängig davon, ob ein Arbeitszimmer vorhanden ist oder nicht - pauschal als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Zudem müsse beim Arbeitszeitgesetz nachgebessert werden. Die gesetzlich vorgeschriebene elfstündige Ruhepause sei nicht mehr zeitgemäß. Statt einer täglichen solle auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgestellt werden, was auch mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie vereinbar wäre.

Arbeitsrecht im Home-Office
Rechte und Pflichten im Home-Office
Auch im Home-Office gilt das Arbeitsrecht. Welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben, erklärt Claudia Knuth, Fachanwältin für Arbeitsrecht im Hamburger Büro der Kanzlei Lutz Abel.
Der Arbeitgeber entscheidet
Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf einen mobilen oder häuslichen Arbeitsplatz. Letztlich entscheidet der Arbeitgeber, dem die Gestaltungsfreiheit der betrieblichen Organisation zusteht.
Rechtslage beachten
Wer Ausdrucke, Dateien oder weitergeleitete E-Mails mit nach Hause nimmt, riskiert arbeitsrechtliche Sanktionen, je nach Sensibilität der Informationen sogar bis hin zur Kündigung. Mitarbeiter sollten sich daher vorher mit dem Arbeitgeber genau abstimmen, ob und welche Firmenunterlagen sie mit nach Hause nehmen dürfen.
Voraussetzungen prüfen
Grundsätzlich muss die Tätigkeit des Mitarbeiters dafür überhaupt geeignet sein. Betriebliche Termine, Kundentermine und Besprechungen sollten Vorrang haben. Wenn die Mobilarbeit ohne Störung in die betrieblichen Abläufe eingefügt werden kann, sollte außerdem die gleiche Effizienz der Arbeitsleistung wie bei Präsenzarbeit sichergestellt werden.
Arbeitszeiterfassung klären
Anstatt zum Arbeitsbeginn und -ende ein- und auszustempeln, sollte im Home-Office notiert werden, wie lange der Arbeitnehmer am Tag in der Woche gearbeitet hat. Voraussetzung dafür ist eine vertrauens- und ergebnisorientierte Arbeitskultur, da die Zeiterfassung schwerer kontrolliert werden kann. Das Arbeitszeitgesetz gilt auch außerhalb des Büros: Die Höchstarbeitszeit pro Tag (maximal zehn Stunden), die Ruhezeiten (mindestens elf Stunden) sowie das Sonn- und Feiertagsverbot müssen eingehalten werden.
Datenschutz sicherstellen
Der Arbeitgeber muss die nötigen Schutzvorkehrungen treffen. Zum Beispiel kann über die Nutzung von VPN-Verbindungen ein sicherer Datentransfer garantiert werden. Wichtig ist, dass nur vom Arbeitgeber freigegebene Software und Dateien verwendet werden. Der Mitarbeiter muss sicherstellen, dass außer ihm niemand, auch keine Familienangehörigen, Zugang zu den verwendeten mobilen Endgeräten erhält. Außerdem dürfen Passwörter nicht an Dritte weitergegeben werden oder fahrlässig leicht zugänglich aufbewahrt werden.
Mitspracherechte des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat bei der Entscheidung für oder gegen mobiles Arbeiten kein Mitspracherecht. Bei manchen Änderungen allerdings schon, zum Beispiel bei Änderung der Arbeitszeiten, der Nutzung von noch nicht mitbestimmten technischen Einrichtungen, der Verhütung von Arbeitsunfällen oder bei Versetzungen. Durch den neu eingeführten Paragrafen 87, Absatz 1, Nummer 14 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) wurden die Mitbestimmungsrechte ergänzt, sodass der Betriebsrart auch in den Planungsprozess einbezogen werden sollte.
Kostenübernahme
Wenn der Arbeitgeber Home-Office gewährt, muss er auch die erforderlichen Kosten übernehmen. Das schließt die Büroausstattung, die technische Ausstattung und die Telekommunikationskosten mit ein. Entweder wird der Arbeitnehmer mit allem Notwendigen ausgestattet oder er nutzt seine eigenen Endgeräte ("Bring your own Devices"). Für welche Variante oder Mischkonstellation man sich auch entscheidet, eine vertragliche Grundlage ist unverzichtbar.