Laborautomation bei der Physikalischen Bundesanstalt, Berlin

Rechnerverbund aus Minisystemen

25.07.1975

BERLIN - Bei der Physikalischen Bundesanstalt, Berlin, wird für den Anwendungsfall "Laborautomation" die zentrale Computerleistung auf Satellitenrechner verteilt und so an den eigentlichen Ort des Geschehens gebracht, nämlich ins Labor. Das Institut setzt ein Verbundsystem 9700 A von Hewlett Packard ein, in dem insgesamt sechs Minicomputer über DFÜ-Schnittstellen miteinander verknüpft sind. (Grafik)

Seit 1972 befassen sich die Berliner Bundes-Physiker mit dem Problem, die Auswertung der Meßvorgange zu beschleunigen, um schneller auf die Ergebnisse laufender Versuche reagieren zu können.

Die Hauptaufgabe bestand darin, in vier getrennten Gebäuden Computerleistung bereitzustellen, mit der Möglichkeit, Daten zentral zu speichern und auf verarbeitete Daten zurückgreifen zu können. Dabei kam es darauf an, mit möglichst einfach konfigurierten Dialogstationen über das Netz alle Hilfsmittel des Hauptrechners zu nutzen, - das macht den Preisvorteil von Verbundsystemen gegenüber zentralisierten Großsystemen aus. Neben der Bewältigung der anstehenden Projekte des Institutes, wie Steuerung eines Beschleunigers in der Festkörper-Physik, Meßwerterfassung an einem Vakuum-Spektographen und Steuerung eines Lasergerätes wurde der mobile Einsatz von Satellitenrechnern in den Labors gefordert, um mit der Hardware möglichst nah an den Meßort heranzugehen. Außerdem sollte - das war die Vorgabe der Institutsleitung - beim Hersteller die zum Betrieb der Terminals erforderlichen Software verfügbar sein.

Austauschbare Prozessoren

Kernstück der Gesamtinstallation ist ein Minicomputer vom Typ HP-2100 mit einem 32 K (16-Bit-Worte) Prozessor. Das gleiche Rechnermodell wird dezentral als Satellit eingesetzt und ist je nach Größe der Aufgabenstellung mit 4 bis 32 K Hauptspeicher ausgerüstet. Die einzelnen Anlagen lassen sich universell einsetzen, - die modulare Bauweise erlaubt es dem Benutzer, den Austausch von System-Komponenten selbst vorzunehmen. Spezialisten der Physikalischen Bundesanstalt haben die Kabelverbindungen und Leitungen zum Anschluß der Dialogstationen selbst installiert. In jedes der vier Institutsgebäude wurde ein Kabel für maximal 16 Anschlüsse verlegt, - insgesamt können heute schon 40 Endstellen miteinander kommunizieren.

Die Bedienung der Terminals durch die Mitarbeiter des Institutes erfordert keine Systemkenntnis oder Programmiererfahrung: Mit wenigen Fortran- oder Basic-Befehlen kann von jeder Datenstation aus auf die zentralen Dateien zugegriffen und die gesamte Peripherie aktiviert werden. Ein vom Anwender geschriebenes Programm erlaubt die Übertragung der Daten aus dem Minicomputer-Verbundsystem heraus zum Großrechner AEG-Telefunken TR 440/86, der im Rechenzentrum installiert ist. Der Zugriff auf diese Anlage wurde durch die Simulation eines Telefunken T 200-Terminals auf den Minis bereits ausgetestet. Ein HP-Satellit steuert, mit einem interaktiven Monitor ausgerüstet, ein Multiplexer-System, das die Erfassung von Daten (Spektren, Kurven etc.) über Sichtgeräte an den Endstellen ermöglicht. Bei der Erstellung des Monitors wurden die Möglichkeiten des implementierten Betriebssystems SCE-3 von Hewlett Packard, das den File-Zugriff und die Benutzung der Zentralperipherie unterstützt, von den Programmierern der Bundesanstalt voll ausgeschöpft.

Bei allen vom Institut bereits realisierten Programmkomplexen konnten, wie die Berliner Wissenschaftler berichten, die HP-Standard-Betriebssysteme fast ohne Modifikationen eingesetzt werden: RTE (Realtime Executive) auf dem Netzknotenrechner und SCE 3, 4 und 5 Betriebssysteme für die Terminals.

Durch ihre Echtzeiteigenschaften sind Minicomputer besonders für den Einsatz in Kommunikationssystemen geeignet. Zentralrechner und intelligente Terminals in Verbundnetzen werden deshalb in zunehmendem Maße Minis sein: dafür spricht auch die modulare Bauweise und nicht zuletzt das Preis/Leistungsverhältnis.