Interoperabilität und Standards

Ratschläge für Open Source

31.01.2013 von Johannes Klostermeier
Anzeige  Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestags hat drei Zwischenberichte beraten und Handlungsempfehlungen abgegeben.

In den Zwischenberichten, die in der Enquete-Kommission am 14. Januar 2012 beschlossen wurden, ging es um die Themen „Interoperabilität, Standards, Freie Software", „Zugang, Struktur und Sicherheit im Netz" und eine Bestandsaufnahme zum Thema „Internationales und Internet Governance".

Ohne freie Software und offene Standards ist das Internet von heute nicht denkbar. In dieser Einschätzung herrschte unter den Mitgliedern der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft" parteiübergreifende Einigkeit, vermeldete der Deutsche Bundestag. Die öffentliche Verwaltung könne gegenüber einzelnen Marktteilnehmern unabhängiger werden, daher sollten „ebenen übergreifend gemeinsam offene Standards definiert und entsprechende Empfehlungen für den Einsatz ausgesprochen werden".

Bei der Verabschiedung des 144-seitigen Zwischenberichts (PDF) der 16-köpfigen Projektgruppe nannte der von der SPD-Fraktion in die Enquete-Kommission berufene Sachverständige Alvar Freude offene Standards das „Lebenselixier des Internets". Sie seien die Voraussetzung für Interoperabilität. Nur so sei Partizipation und Kommunikation möglich, sagte er.

Im nun beschlossenen Bericht werden einige Projekte der öffentlichen Verwaltung zum Einsatz Freier Software in einzelnen Städten besonders hervorgehoben, darunter das Münchener Projekt LiMux, und der Einsatz von Linux im Auswärtigen Amt, außerdem der Migrationsleitfaden der Beauftragten der Bundesregierung für die Informationstechnik.

Jimmy Schulz, Vorsitzender der Projektgruppe sowie Obmann der FDP-Bundestagsfraktion in der Enquete-Kommission und im Unterausschuss „Neue Medien", sagte, die Gruppe habe sich besonders für zwei Schwerpunktthemen interessiert. So habe man sich im Kapitel Interoperabilität und Standards vor allem dem Thema De-facto-Standards durch die private Wirtschaft beziehungsweise durch die öffentlichen, von Gremien geschaffenen Standards gewidmet.

In der Enquete-Kommission beschäftigt sich Jimmy Schulz, zusammen mit 16 anderen Abgeordneten und 17 Sachverständigen, mit langfristigen Internet-Themen.
Foto: FDP

Im zweiten Hauptkapitel zur Freien Software habe der Schwerpunkt auf dem Vergaberecht beziehungsweise der Vergabepraxis gelegen. Dabei habe man die Problematiken bei öffentlichen Ausschreibungen für die Softwareerstellung besprochen, sagte Schulz.

Für Einsatz offener Standards in der Verwaltung

Auf die „Hürden im Vergaberecht" ging auch der von den Grünen in die Kommission berufene Experte Markus Beckedahl ein. Seiner Ansicht nach sollten Behörden „explizit freie Software ausschreiben", um von deren Weiterentwicklung innerhalb der Community zu profitieren und die Software individuell anpassen zu können. Er sei froh, dass man sich innerhalb der Projektgruppe auf die Empfehlung habe einigen können, dass jeder Mensch mit seinem gekauften Computer „machen kann, was er will, ohne dass dies durch einzelne Anbieter verhindert werden kann".

Bei den Handlungsempfehlungen stimmten die Abgeordneten den von der Projektgruppe vorgelegten 14 Punkten zu. Dazu zählt unter anderem die Empfehlung an Bund und Länder, neue Software möglichst plattformunabhängig zu erstellen. Bei der Software zur Interaktion mit den Bürgern sollte nach Ansicht der Projektgruppe eine Plattformneutralität gewahrt bleiben, um eine möglichst hohe Teilhabemöglichkeit zu gewährleisten.

Einig waren sich die Mitglieder der Projektgruppe, dass in der öffentlichen Verwaltung durch einen Einsatz offener Standards die Unabhängigkeit gegenüber einzelnen Systemen erhalten werden kann. Es sollten daher offene Standards definiert und entsprechende Empfehlungen für den Einsatz ausgesprochen werden. Außerdem setzt sich die Projektgruppe dafür ein, den Zugang zur Softwareentwicklung insbesondere für Kinder und Jugendliche stärker zu öffnen.

Die Handlungsempfehlungen

In den Handlungsempfehlungen heißt es unter anderem:

Die von der SPD-Fraktion und ihren Sachverständigen sowie den Sachverständigen Markus Beckedahl und Netzaktivist Padeluun (von der FDP benannt) vorgelegten Ergänzungen, wozu auch die Forderung gehört, beim Einsatz Freier Software durch öffentliche Stellen zu prüfen, inwieweit Teile eingesparter Lizenzkosten in die Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit der verwendeten Software investiert werden können, fanden keine Mehrheit und gingen als Sondervotum in den Bericht ein.

Große Beteiligung der Öffentlichkeit an der Kommissionarbeit

Jimmy Schulz kommentierte die Verabschiedung des Berichts folgendermaßen: „Die Projektgruppe Interoperabilität, Standards und Freie Software, die ich leiten durfte, zeichnete sich besonders durch ihre große Beteiligung der Öffentlichkeit aus. Dies zeigt sich unter anderem auf der Online-Beteiligungsplattform demokratie.de, auf der zahlreiche Textvorschläge eingereicht wurden und anhand der zahlreichen Gäste, welche die Sitzungen besucht oder den Stream verfolgt haben."

Besonders freue er sich, dass die Projektgruppe über eine mögliche Änderung der Bundeshaushaltsordnung diskutiert hat. Freie Software, die von der öffentlichen Verwaltung geschaffen wurde, kann zurzeit nicht zur Weiterentwicklung an die Online-Community gegeben werden Schulz: „Wir werden deshalb an den Bundestag die Empfehlung richten, eine Änderung der Bundeshaushaltsordnung zu prüfen, um dies zukünftig möglich zu machen", sagte er.

Die Empfehlungen der Kommission werden voraussichtlich im März oder April auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages stehen, dort diskutiert und abgestimmt werden. Hier gibt es ein Video der 19. Sitzung der Sitzung der Enquete-Kommission.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.