Microsoft hinten, Maxess vorn

Ranking der ERP-Anbieter

11.04.2012 von Werner Kurzlechner
Maxess und Software4Production erzielen bei Benchpark die besten Bewertungen. Doch es gibt große Defizite bei Dokumentation und Support.
Microsoft findet man erst beim Blick auf die unteren Ränge: ein Ausschnitt des Benchpark-Rankings, der die Budgetklasse zwischen 100.000 und 499.999 Euro zeigt.
Foto: Benchpark

Die Anwender sind so zufrieden wie nie mit ihrem Enterprise Resource Planning (ERP). Gut, mag man unken – angesichts der chronischen Probleme mit den Lösungen in diesem Feld mag das keine Zauberei der Anbieter sein. Und doch ist es zunächst eine gute Nachricht: Seit zehn Jahren fragt das Hamburger Empfehlungsportal der Benchpark GmbH Bewertungen zu den einzelnen Lösungen auf einer Skala von 0 bis 10 in verschiedenen Kategorien ab. Noch nie war das Ergebnis im Mittel so gut wie aktuell.

Für 6,24 Punkte reichte es dieses Mal im Durchschnitt. Das scheint in jedem Fall noch ausbaufähig. Benchpark merkt allerdings an, dass der Wert der Schulnote „gut“ entspreche. „Dass es nicht für ein ‚sehr gut‘ reicht, liegt an Defiziten bei der Dokumentation der Produkte“, berichtet das Unternehmen. In dieser Kategorie habe es im Durchschnitt nur zu einer zufriedenstellenden Wertung gereicht. Zudem seien viele Kunden unzufrieden mit dem Produktsupport.

1700 Anwender befragt Benchpark jedes Jahr. Diese vergeben Punkte in sechs Kategorien: Funktionalität, Flexibilität, Technologie, Dokumentation, Support und Preis-Leistungs-Verhältnis. Aus den Ergebnissen erstellen die Marktforscher auch ein Lösungsranking. Voraussetzung für die Aufnahme ist, dass mindestens drei Bewertungen von Anwendern vorliegen. Unterteilt ist die Rangliste nach Budgetklassen. Dafür maßgeblich ist der von den Anwendern angegebene Gesamtaufwand für Lizenz und Implementierung. Anzumerken ist indes, dass Benchpark nur die Ergebnisse jener Firmen öffentlich macht, die sich damit explizit einverstanden erklärten.

„In der Klasse mit ERP-Lösungen für Budgets von 1 bis 4,9 Mio. Euro belegt die Psipenta Software Systems GmbH mit 7,21 Punkten, also einem ‚sehr gut‘ den Spitzenplatz“, so Benchpark. Auch in den unteren Budgetklassen könne Psipenta Anwender überzeugen und Top-Positionen einnehmen.

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Allerdings gibt es in der höchsten Preisklasse bisher auch nur einen Mitbewerber: die ProAlpha Software AG, der mit einem Durchschnittswert von 6,70 ebenfalls gut abschneidet. Bei beiden Anbietern bestätigt sich der Gesamtbefund, dass die Dokumentation noch die Achillesferse ist. 4,81 Punkte für den Primus und 5,96 für den Verfolger drücken in beiden Fällen das Gesamtergebnis signifikant nach unten.

Defizite bei der Dokumentation

Die weiteren Sieger: die Infor Global Solutions GmbH mit der Lösung Infor AS (7,04 Punkte) in der Kategorie bis unter 1 Million Euro, die SOG Business-Software GmbH (7,41) und die Ordat GmbH (7,23, knapp vor Psipenta) bis 500.000 Euro, wiederum Psipenta (7,21) bis 100.000 Euro.

Bis 50.000 Euro sind mit die besten Resultate überhaupt zu finden: 8,67 Punkte der Software4Production und 8,62 der Geovision GmbH werden nur noch außerhalb der Wertung getoppt – von der noch nicht in eine Budgetklasse eingeordneten Maxess Systemhaus GmbH mit herausragenden 9,45 Punkten im Durchschnitt. Software4Production und Geovision erreichen mit 9,01 und 7,60 Punkten auch die besten Ergebnisse in der Einzelkategorie Dokumentation.

Während in der günstigsten Klasse bis 5000 Euro die iScope GmbH mit 8,22 Punkten einziger, wenngleich sehr gut bewerteter Anbieter ist, reichen in der Klasse mit 10.000 Euro die 6,71 Punkte der Sage Software GmbH für den Teilerfolg. Eine Reihe von Lösungen kommt insgesamt auf Durchschnittswert von unter 5 Punkten. Diese Verlierer sind allerdings nur für Anwender namentlich einsehbar, die selbst eine Bewertung ihrer ERP-Lösung bei Benchpark abgeben. Ein prominenter Name hat aber definitiv Nachholbedarf: Dynamics NAV von Microsoft schneidet mit 5,66 Punkten im Mittel durchschnittlich bis bescheiden ab. Im Bereich Dokumentation vergaben die Anwender dafür nicht einmal 3 Punkte im Schnitt.

„Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass die meisten Produkte eine hohe Reife erlangt haben und in punkto Funktionen und Flexibilität die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen“, kommentiert Benchpark abschließend. „Zum vollkommenen Anwenderglück müssen die ERP-Anbieter noch bei Dokumentation und Produktsupport einige Hausaufgaben erledigen.“

Wie schneiden ERP-Produkte der bekannten Hersteller in anderen Vergleichen ab? In unserer Bilderstrecke finden Sie die Ergebnisse des ERP Contest 2011 der Ulmer GPS Gesellschaft zur Prüfung von Software.

7 ERP-Produkte im Vergleich
Sieben ERP-Produkte im Vergleich
Der Contest, in dem alle Produkte einen Parcour mit acht Testszenarien durchlaufen musste, hat die Stärken und Schwächen der jeweiligen Produkte offenbart. Hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung.
APplus von der Asseco Germany AG
Der ERP-Anbieter Asseco hat seine Software-Suite APplus ins Rennen geschickt. Sie richtet sich an Anwender aus den Branchen Produktion, Dienstleistung, Service und Großhandel.
APplus
Stärken <br> + praxisnah<br> + gute Benutzerführung<br><br> Schwächen<br> - Definition des Kalkulationsschemas mit Skripten ist umständlich<br> - Rechnungswesen nur funktional integriert
Canias ERP von der Industrial Application Software GmbH
Das betriebswirtschaftliche Standardpaket Canias ERP von Industrial Application Software ist für mittelständische Anwender vorgesehen.
Canias ERP
Stärken<br> + moderne Architektur<br> + kompakt konstruiert<br><br> Schwächen<br> - Web Shop fehlt<br> - in manchen Abläufen eher etwas konventionell
Epicor 9 von der Epicor Software Deutschland GmbH
Epicor wirbt für seine gleichnamige Softwarelösung mit einer flexiblen und kollaborativen Architektur.
Epicor 9
Stärken<br> + SOA-basierend<br> + Multi-Site-System<br><br> Schwächen<br> - manche Abläufe müssen erst individuell eingerichtet werden
M3 von der Lawson Software Deutschland GmbH
Lawson Software war mit dem ERP-Produkt M3 vertreten. Die Lösung lässt sich um viele Branchenlösungen ergänzen.
M3
Stärken<br> + „echtes“ Multi Site-System<br> + Navigation und Benutzerführung<br><br> Schwächen <br> - in manchen Abläufen eher konventionell<br> - PLM wurde nicht vorgestellt
Microsoft Dynamics AX von der Inway Systems GmbH
Microsoft mischt seit geraumer Zeit mit Dynamics AX den ERP-Markt auf. Im Contest wurde die Lösung vom IT-Partner Inway Systems vorgestellt.
Microsoft Dynamics AX
Stärken<br> + Flexibilität bei der Individualisierung<br> + international einsetzbar<br><br> Schwächen<br> - manche Funktionen sind nur im Prinzip vorhanden
SAP ERP von der T.CON GmbH & Co. KG
SAP stellt den Klassiker im ERP-Geschäft. Beim Contest trat der SAP-Partner T.CON an und präsentierte die ERP-Lösung.
SAP ERP
Stärken<br> + vollständige, umfassende, integrierte Lösung<br> + übersichtliche Benutzeroberfläche<br><br> Schwächen<br> - wirkt in manchen Abläufen etwas aufwändig<br> - Projekt-Management operiert etwas isoliert
Semiramis Comarch ERP Enterprise von der SteinhilberSchwehr AG
Semiramis ist eine etablierte ERP-Lösung von Comarch. Präsentiert und installiert wurde sie vom IT-Dienstleister SteinhilberSchwehr.
Semiramis Comarch ERP Enterprise
Stärken<br> + gute Navigation über Vorgangsketten<br> + unmittelbare Einbindung der Geschäftspartner<br><br> Schwächen<br> - Rechnungswesen wurde nicht vollständig präsentiert<br> - teilweise sehr konventionelle Prozessabläufe

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation CIO. (ph)