Rainer Erlat, EMC: "Wir wachsen schneller als Asien"

15.02.2006
Mit Rainer Erlat, Executive Vice-President EMEA und kommissarischer Deutschlandchef bei EMC, sprach CW-Redakteurin Kriemhilde Klippstätter

CW: Was erwarten Sie von der diesjährigen CeBIT?

ERLAT: Für mich ist die CeBIT eine wichtige Messe, speziell für den deutschen Markt. Ich sehe die Messe in Hannover als eine gute Veranstaltung, auf der wir unsere neuen Produkte und Lösungen in ihrer Bandbreite vorstellen können.

CW: Wie beurteilen Sie den rasanten Trend der Messe hin zur Consumer Electronic?

EMCs Europachef Rainer Erlat betreut kommissarisch die deutsche Niederlassung.

ERLAT: Wir planen, auch zukünftig in Hannover zu sein. Aber wir werden genau verfolgen, wie sich die Messe weiterentwickelt.

CW: Glauben Sie, dass es früher wichtiger war, auf der CeBIT präsent zu sein?

ERLAT: Die Messe tendiert in Richtung Consumer Electronic und das ist nicht unser Zielmarkt. Sollte sich der Trend verstärken, müssen wir uns überlegen, dort weiter zu investieren.

CW: Werden Sie selbst dort sein?

ERLAT: Ja.

CW: Wie wird das Jahr 2006 für die IT-Branche in Deutschland?

ERLAT: Ich glaube, dass wir in Deutschland die schwierigsten Zeiten hinter uns haben. Ich bin sehr optimistisch, dass es wirtschaftlich wieder stärker nach oben gehen wird. Das zeigen auch die Wirtschaftsindikatoren. Rund 70 Prozent der IT-Verantwortlichen sagen, dass das Geschäft sich positiv entwickeln wird, speziell in den Bereichen Dienstleistung und Software. Wir gehen davon aus, dass jetzt wieder größere Projekte und Investitionen in Angriff genommen werden.

CW: Merken Sie bei EMC von dem Aufschwung schon etwas?

ERLAT: Auf jeden Fall - das vierte Quartal 2005 war für EMC Deutschland ein Rekordquartal und hat alle Vorhersagen übertroffen. Für die ersten drei Monate dieses Jahres stelle ich fest, dass die Kunden neuen Projekten sehr offen gegenüberstehen. Die Planungen für 2006 sind viel positiver als noch vor einem Jahr.

CW: Gilt das für alle Bereiche von EMC?

ERLAT: Ja.

CW: EMC hat kürzlich die Palette an Services erweitert. In den vergangenen Jahren lag der Anteil der Dienstleistungen am Gesamtumsatz von EMC immer bei 15 Prozent, obwohl man ja mal das Doppelte angepeilt hatte.

ERLAT: Wir wollten damals den Software-Bereich auf 30 Prozent anheben und sind jetzt bei 37 Prozent, also überproportional gewachsen. Für den deutschen Markt kann ich mir für die Services einen Anteil von 20 Prozent des Umsatzes vorstellen - übrigens entspricht das auch unserem ursprünglichen Ziel.

CW: Mit EMC Insignia wollen Sie jetzt den Markt für kleinere Unternehmen angehen. Welche Chancen rechnen Sie sich da aus?

ERLAT: Wir haben vor drei Jahren begonnen, den Markt neu zu segmentieren. Ich glaube, im Großkundensegment und für den gehobenen Mittelstand sind wir gut aufgestellt. Jetzt geht es darum, auch die kleinern Unternehmen zu bedienen.

CW: Konkurrieren Sie in diesem Markt mit Dell?

ERLAT: Nein. Den unteren Mittelstand, speziell in Deutschland, beliefern wir ja zusammen mit Dell. Wir haben in diesem Bereich weder die Kundennähe, noch das Netzwerk oder die passenden Vertriebsstrukturen. Deshalb brauchen wir starke Partner wie Dell.

CW: Wie hoch ist der Anteil des Partnergeschäfts in Deutschland?

ERLAT: Knapp 60 Prozent des europäischen Umsatzes machen wir mit Partnern.

CW: EMC hat kürzlich die Business-Intelligence-Software von Acxiom gekauft. Warum?

ERLAT: Der Schwerpunkt des Kaufs liegt nicht auf Business Intelligence, sondern auf Grid-basierende Infrastrukturen, für die wir unser Portfolio abrunden wollen. Information Lifecycle Management umfasst zukünftig auch diesen Bereich und da hatten wir noch Lücken.

CW: Soll die Grid-Software auf den Symmetrix-Speichern liegen?

ERLAT: Nein, das ist nicht vorgesehen.

CW: Können Sie mit ein paar Worten erklären, welches Ziel EMC mit der Übernahme der ganzen Softwarehäuser wie Dokumentum, VMware, Legato oder jetzt dem Acxiom-Programm verfolgt? Ist EMC auf dem Weg, ein neuer IT-Allroundanbieter zu werden?

ERLAT: Uns geht es nicht darum, ein paar Firmen und Produkte zusammenzukaufen. Unsere Strategie heißt ILM: unsere Kunden sollen mehr mit weniger erledigen können. Informationsbedarf und -verarbeitung steigt jährlich um rund 70 Prozent, während die IT-Budgets nur um vier oder fünf Prozent wachsen. Dazu kommt, dass die CIOs mit immer neuen Herausforderungen, etwa den vielen Regularien, konfrontiert werden. Deren Arbeit wird immer komplexer und wir wollen helfen, die Menge an unterschiedlichsten Informationen zu verwalten. Und Elemente dazu sind, neben der Hardware und den Services, eben die Softwarelösungen von Dokumentum, Legato, Smart und den anderen. Acxiom soll uns für Grid-Computing rüsten, das wir als wichtigen Zukunftsmarkt sehen.

CW: Wie klappt es mit der Integration?

ERLAT: Bei Dokumentum und Legato ist die Integration am weitesten fortgeschritten. Es läuft sehr rund.

CW: Für die Grid-Lösung von Acxiom werden Sie mit den Rechnerherstellern kooperieren müssen. Gibt es schon Pläne oder Ergebnisse?

ERLAT: Zunächst geht es darum, Grid-Strukturen in das ILM-Konzept einzubinden, um sie managen zu können. Ich kann Ihnen, Stand heute, keine Roadmap für das weitere Vorgehen liefern.

CW: Also erledigen sie zuerst die Hausaufgaben und binden die Grid-Software in das eigene Portfolio ein?

ERLAT: Ja, es geht darum, die Infrastruktur eines Anwenders von einer zentralen Stelle aus zu überwachen und zu verwalten, unabhängig davon, wie die Ressourcen vernetzt sind.

CW: Ihr Mitbewerber Netapp bezeichnet EMC als größten Konkurrenten, da beide Firmen als einzige die ganze Speicherpalette selbst entwickeln. Wie steht's um die Konkurrenz?

ERLAT: Wettbewerb belebt das Geschäft. Für mich ist wichtig, dass wir in allen Bereichen schneller als der Markt wachsen und Anteile gewinnen. In Europa wachsen wir beispielsweise dreimal schneller als der Markt insgesamt.

CW: Für die Speichersoftware scheint das nicht zu stimmen, da soll laut Analysten EMCs Wachstum unter dem des Marktes liegen.

ERLAT: Das wundert mich, denn wir haben im vergangenen Quartal die Ein-Milliarden-Dollar-Hürde bei der Software genommen. Allerdings sind für uns nicht alle Märkte relevant. Bei Replication- und Storage-Ressource-Mangement-Software sind wir in jedem Fall unangefochten die Nummer eins. Am schnellsten wachsen wir bei Backup/Archive/Content Management.

CW: Laut IDC steigerte EMC 2005 den Umsatz mit Speichersoftware nur um sechs Prozent und damit weniger als der Markt.

ERLAT: Das ist oft eine Definitionsfrage, wie man die Bereiche segmentiert. Insgesamt ist aber wohl unbestritten, dass wir mit einem Anteil von über 29 Prozent im Geschäft mit Speichersoftware die Topposition halten.

CW: Wie wichtig ist der deutsche Standort, im Vergleich zum asiatischen Raum, für den Konzern EMC?

ERLAT: Als ich vor drei Jahren bei EMC angefangen habe, lag der Anteil von Europa, dem mittleren Osten und Afrika im Konzern bei 22 Prozent, jetzt sind wir bei 30 Prozent. Wir in Europa wachsen innerhalb der Corporation am rasantesten, schneller als Asien.

CW: Das überrascht mich. Welches Ziel streben Sie an?

ERLAT: Wir wollen 35 Prozent des weltweiten Umsatzes abliefern.

CW: Sie sind EMC Europachef und betreuen Deutschland nach dem Weggang von Wolfgang Kroh im dritten Quartal nur kommissarisch. Gibt es schon einen neuen deutschen Chef?

ERLAT: Wir werden in der nächsten Zeit den Namen nennen können.