Projekte folgen verbindlichen Regeln

20.08.2002 von Karin Quack
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - In Zeiten schrumpfender Budgets heißt es: die richtigen Projekte machen, und das auch noch richtig. Indem sie die Vorgehensweisen für das Projekt-Management standardisiert und einen „Konzern-Projekt-Portfolio-Service“ eingerichtet hat, nähert sich die Frankfurter Deka Bank diesen Zielen an.

Zum Höhepunkt des Börsenbooms, etwa zur Jahrtausendwende, starteten die mit dem Investment-Geschäft befassten Finanzdienstleister Projekte in großer Zahl. Auch bei der Deka Bank war es üblich, die Vorhaben schnell zu genehmigen und auf den Weg zu bringen. Reibungen mit den Linienfunktionen sowie projektimmanente Risiken wurden dabei bewusst in Kauf genommen. Um Fehlinvestitionen zu vermeiden und die Effizienz zu erhöhen, hat der Finanzdienstleister diese Vorgehensweise mittlerweile überdacht und optimiert: Er betreibt ein vernünftiges Projektportfolio-Management und folgt definierten Prozessen für die Handhabung der einzelnen Projekte. Den Versuch, Auswahl und Abwicklung ihrer Projekte zu standardisieren, unternahm die Deka Bank im Frühjahr 2000 gemeinsam mit dem Beratungshaus Accenture. Das Ergebnis liegt seit einem Jahr vor und wird seither „gelebt“, was eine ständige Anpassung

nach Ende der Einführung einschließt.

Die BankAls ein Zentralinstitut der deutschen Sparkassen-organisation gehört die Deka Bank je zur Hälfte den Landesbanken und den Sparkassen. Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit liegt auf dem Investmentfonds-Geschäft; hier verwaltet der Finanzdienstleister ein Volumen von über 123 Milliarden Euro und beansprucht einen Inlandsmarktanteil von knapp 20 Prozent bei den Publikumsfonds. Daneben ist die Deka Bank aber auch im Bankgeschäft mit institutionellen Kunden aktiv. Der Konzern, der 3200 Mitarbeiter beschäftigt, erreichte im vergangenen Jahr eine Bilanzsumme von rund 81 Milliarden Euro, das Eigenkapital beträgt etwa 2,1 Milliarden Euro.

Kosten beinahe schon amortisiert

Gestartet wurde das Projekt „Prom“, eine Abkürzung für den Begriff Projekt-Management-Standards, von Ute Kotthaus, Gruppenleiterin der Konzernorganisation und gleichzeitig Chefin des mit sechs Mitarbeitern besetzten Konzern-Projekt-Portfolio-Service (KPPS), der sich im Laufe des Prom-Projekts als sinnvoll und notwendig herausgestellt hat. Die Ziele lauteten: mehr Transparenz und Effizienz in den Projektabläufen, Fokussierung auf steuerungsrelevante Key-Performance-Indikatoren (KPIs), eine strenge Kosten-Nutzen-Orientierung bei Auswahl und Priorisierung der Projekte sowie ein verkürztes Antragsverfahren.

Um es vorweg zu nehmen - das letztgenannte Ziel wurde nicht erreicht. Der Aufwand für einen Realisierungsantrag ist nur minimal gesunken. Aber der Einsatz lohnt sich, denn die exakte und normierte Beschreibung des Projekts, seines geschäftlichen Nutzens und der Kostenverteilung helfen der Vorstandsebene bei der Beurteilung. Wie Kotthaus erläutert, haben sich die für Prom aufgewendeten externen Kosten von 2,4 Millionen Euro beinahe schon durch die nicht realisierten Vorschläge amortisiert.

Im August 2000 machte sich das Team auf die Suche nach einem Softwarewerkzeug, mit dem sich der standardisierte Projekt-Workflow unterstützen ließ. Zusammen mit Accenture entschied es sich für den Werkzeugkasten „Niku 5.2“ des Anbieters Niku Corp., der hierzulande in Ismaning bei München ansässig ist. Ein Wechsel auf die Version 6 kommt derzeit nicht in Frage. „Ich wage es nicht, in der jetzigen Börsensituation nur für mehr Anwenderkomfort einen neuen Server für 200.000 Euro zu beantragen“, räumt Kotthaus ein.

Dass sie sich nicht durch große Herstellernamen beeindrucken lässt, beweist die Projektleiterin durch ihre Einschätzung des Microsoft -Angebots: „MS Project hat mich in der Tool-Auswahlphase nicht überzeugt“, urteilt sie. „Dort wird mir zu schnell ein Arbeitsplan angepasst; als Projektleiterin will ich lieber selbst entscheiden, was ich mache, wenn eine rote Lampe aufleuchtet.“ Zudem unterstützte das Microsoft-Tool weder das Multiprojekt-Management noch die Abbildung und Verfolgung der Projektkosten ausreichend.

Auch Niku musste die Eignung seines Tools erst einmal detailliert nachweisen. Dabei stellte sich heraus, dass Kostenverfolgung und Reporting nicht ausreichten. Doch immerhin ließen sich die gewünschten Funktionen integrieren: die Kostenverfolgung durch eine selbst entwickelte Tool-Erweiterung, das Reporting durch Integration einer „Access“-Datenbank, die sich via Intranet abfragen und füllen lässt.

Keine Polizei, sondern ein Service

800 Niku-Lizenzen hat die Deka Bank im Einsatz. Das Konzept sieht vor, dass die Projektmitarbeiter ihre tatsächlich aufgewendete Zeit und den geschätzten Restaufwand selbst eintragen. Die Projektleitungen prüfen diese Daten, arbeiten sie auf und kommentieren sie. Aus diesen Angaben werden automatisiert die Statusberichte erstellt. Projektleiter und Vorstandsmitglieder sehen auf den ersten Blick, welche Projekte von der Basislinie abweichen. Angezeigt wird aber auch die Entwicklung in der Vergangenheit, also der „Trend“. Die in Niku erfassten Kosten wandern direkt in das Buchhaltungs- und Controlling-System SAP R/3 FI beziehungsweise CO.

Im Juli 2001 wurde das Prom-System abgenommen. Die gesamte Entwicklungszeit erstreckte sich über 14 Monate; unmittelbar damit beschäftigt waren fünf interne Mitarbeiter, zwölf Berater und Programmierer von Accenture sowie zwei Spezialisten von Niku. Die Tatsache, dass ein Vorstandsmitglied die Konzeption aktiv begleitete, belegt die Unterstützung des Topmanagements - laut Kotthaus eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg eines solchen Projekts.

Um die Datenflut aus den Projekten in Bahnen zu fassen und für das Management aufzubereiten, hat die Deka Bank den von Kotthaus geleiteten KPPS eingerichtet. Er kümmert sich um das Berichtswesen und trägt die Verantwortung für die Methoden. „Wir sind keine Projektpolizei, sondern ein Service“, stellt die Chefin klar. „Eine Nachbudgetierung ist ja nicht schlimm, aber sie muss anhand eines standardisierten Vorgangs erfolgen.“

Zu den Aufgaben des KPPS gehört es auch, das alljährliche Projekt-Assessment vorzubereiten. Befinden sich die Projekte in Übereinstimmung mit der Unternehmensstrategie? Rechnen sie sich? Welchen Nutzen bringen sie dem Konzern? Anhand dieser Kriterien stellen die betroffenen Geschäftsführungen und Fachbereichsleitungen das Portfolio zusammen. Die in der Realisierung befindlichen Projekte müssen sich alle sechs bis zwölf Monate einem Review unterwerfen, wobei die Priorisierung der jeweiligen Dringlichkeit und Bedeutung angepasst wird. Darüber hinaus findet alle drei Monate eine Projekt-Controlling-Sitzung des Vorstandes statt. Last, but not least wird der Nutzen der Projekte etwa ein Jahr nach ihrer Beendigung weiterverfolgt.

Die Ergebnisse

Ein qualifiziertes Antragsformular ermöglicht dem Management die Einschätzung der Projekte.

Es wurden Business-Case-bezogene Key-Performance-Indikatoren entwickelt.

Der Vorstand verfügt über eine Grundlage für die strategische Investment- und Projektportfolio-Steuerung.

Die Multiprojektsicht ermöglicht konzernweite integrierte Entscheidungen und gegenseitige Transparenz bis auf die Mitarbeiterebene.

Die Projekte lassen sich leichter auf die strategischen Ziele des Konzerns ausrichten.

Es gibt konzernweite, projektübergreifende Standards für das Projekt-Management.

Die Verfahren stehen im Intranet abrufbar zur Verfügung.

Während der Laufzeit können die Projekte konsequent und zeitnah an veränderte Bedingungen angepasst werden.

Übersichtliche Rollen- und Kompetenzregeln sowie die Bestimmung eines durchgängig Verantwortlichen mindern Reibungsverluste.

Verspätungen, Überziehungen und Abbrüche treten immer noch auf, aber ihre Anzeichen lassen sich so frühzeitig erkennen, dass ein aktives Steuern rechtzeitig möglich ist.