Freiberufler

Projekt-Management: Die sieben Schlüssel zum Erfolg

10.06.2008 von Tulca Ertüzün
IT-Projekte müssen nicht scheitern. Freiberufler können dazu beitragen, wenn sie offen über ihre Arbeit und den Nutzen reden und auch mal Nein sagen, wenn der Kunde immer mehr fordert.

Wenn Freiberufler in Projekten arbeiten, konzentrieren sie sich oft auf die technische Konzeption und die Umsetzung der Lösung. Dabei ist es genauso wichtig, Interessenvertreter wie die Sponsoren, die Geschäftsführung oder allen möglichen Akteure kontinuierlich über den Projektstatus zu informieren und bei ihnen für das Projekt zu werben. Dann können auch Risiken früh erkannt, ihnen gegengesteuert und das Scheitern des Projekts verhindert werden.

Tulca Ertüzün, freiberuflicher Projekt-Manager: "Der externe Berater übernimmt mehr und mehr die Rolle eines Moderators, eines Kommunikators und eines Schlichters. "
Foto: Tulca Ertüzün

Freiberufliche Projekt-Manager müssen hier umdenken und sich fragen, wie sie diese Akteure in ihre tägliche Arbeit einbinden können. Dies fängt damit an, dass sie ihre Tätigkeiten in bestimmten Zeitabständen verständlich und detailliert dokumentieren und damit ihren Arbeitsfortschritt offen legen. Projekt-Management-Methoden helfen hier weiter. Ein Beispiel ist das von IBM entwickelte Denkgerüst "Seven Keys to Success" , das heute in vielen Projekten eingesetzt wird. Für so manchen mögen Begriffe wie " Work and schedule predicted" oder "delivery organisation benefits realized? theoretisch oder abschreckend klingen. Dennoch können Freiberufler diese Schlüssel in ihrer Projektarbeit anwenden und dadurch zum Projekterfolg beitragen.

Projekt-Management: Transparenz durch Standards

Einer der bekanntesten Organisationen, die sich mit dem Thema beschäftigt, ist das Project Management Institute (PMI) mit Hauptsitz in den USA. Ziel der Organisation ist es, die Art, wie Projekte geplant, durchgeführt, analysiert und abgeschlossen werden, weitestgehend zu standardisieren. Die Methodik ist in einem Buch namens "Project Management Book of Knowledge" zusammengefasst. Das Institut bietet auch die Möglichkeit, eine entsprechende Prüfung abzulegen und die erworbenen Kenntnisse durch den Titel "Project Management Professional (PMP)" zu zertifizieren.

Die PMI-Methode ist branchenunabhängig und lässt sich in jedem Umfeld anwenden. Den Vorteil dieser generischen Methodik haben auch Blue-Chip-Firmen erkannt und auf deren Grundlage ihre eigenen Projekt-Management-Vorgehensweisen entwickelt. Oft fließen sogar bewährte Methoden aus der Praxis wieder in die PMI-Methode zurück.

1. Schlüssel: Stakeholders committed

Sind alle Interessenvertreter, die vom Erfolg oder Misserfolg des Projektes betroffen sind, im nötigen Umfang engagiert? Dies kann die direkte Führungsebene sein, die wichtige Entscheidungen trifft, aber auch ein Projektleiter auf der Kundenseite, der einen kritischen Beitrag zum Endprodukt leistet, indem er an einer Schnittstelle mitentwickelt.

Wenn Sie Bedenken haben, dass wichtige Parteien ihren Verpflichtungen nicht nachgehen, dann setzen die Spielregeln voraus, dieses Problem früh zu eskalieren ist. Die Farben einer Ampel werden dazu genutzt, das Ausmaß zu klassifizieren:

Finden Sie heraus, ob alle Interessenvertreter engagiert sind. Wenn nicht, suchen Sie nach der Ursache. Erhalten alle die Statusberichte? Sind vielleicht die falschen Personen vertreten? Oder sitzen böswillige Interessenvertreter mit im Boot, die das Projekt kippen wollen? Sie haben es in der Hand, früh zu reagieren oder die nächst höhere Ebene über das Problem zu informieren.

2.Schlüssel: Business benefits realized

Ist der Wert, den Sie durch das Projekt zu erbringen hoffen, mit Zahlen zu belegen? Akzeptieren die Interessenvertreter diese Berechnung?

In der Wirtschaft ist der Nutzen vieler Projekte nicht genau bekannt oder im schlimmsten Fall nicht zu belegen. IT-Freiberufler müssen dafür sorgen, dass ihre Arbeit in das Gesamtgefüge passt und durch ihre Dienstleistung ein stets nachweisbarer Wert zu erkennen ist. Wenn der Nutzen der Tätigkeit in Frage gestellt wird, müssen sie etwas dagegen unternehmen: zum Beispiel den Funktions- oder Leistungsumfang anpassen, um so den Nutzen zu erhöhen. Voraussetzung ist aber, dass die Projektleitung zustimmt. Manchmal reicht es aber schon, den Nutzen Ihrer Tätigkeit und des Projekts nochmals zu präsentieren.

3. Schlüssel: Work and schedule predicted

Kann die Arbeit im geplanten Budget- und Zeitrahmen sowie gemäß den Qualitätsvorgaben erledigt werden? Lässt sich das nicht umsetzen, sollte man früh Bescheid geben. In Absprache mit den Auftraggebern lassen sich dann entweder der Leistungsumfang kürzen, das Budget und die Ressourcen zu erhöhen oder die Stichtage nach hinten verlegen.

4. Schlüssel: Scope is realistic and managed

Ein verbreiteter Fallstrick ist es, immer mehr Kundenanforderungen unkontrolliert zu übernehmen und zu realisieren, ohne die Auswirkungen auf das Gesamtprojekt zu begreifen. Externe Projekt-Manager dürfen auch mal "Nein" sagen. Wenn tatsächlich kritische Bedürfnisse übersehen worden sind, sollte man dies durch den (hoffentlich existierenden) "change request"-Prozess als eine Änderung zum Leistungsumfang anfragen. Das Phänomen "scope creep" , also das "Hereinkriechen neuer Anforderungen" ist eine Fehlerquelle, die gern übersehen wird.

5. Schlüssel: Team is high performing

In vielen Teams beginnt nach der ersten Euphorie die Stimmung zu kippen. Projektleiter übersehen, dass das Team überarbeitet ist oder gar nicht zusammenpasst. Zwar kann man sich die Teammitglieder nicht immer aussuchen, aber bestimmte Maßnahmen ergreifen, um die Stimmung auf einem vertretbaren Level zu halten. In solchen Situationen sind Teambuilding-Aktivitäten willkommen. Viele internationale Projekte haben auch bewiesen, dass die Einbeziehung von Personen aus unterschiedlichen Altersgruppen, Nationalitäten oder Kulturen die Bindung und den Respekt innerhalb der Gruppe stärkt. IT-Freiberufler sollten Stimmungsschwankungen erkennen, sie entsprechend melden oder selbst gegenzusteuern, falls es in ihrer macht liegt.

6. Schlüssel: Risks are mitigated

Sind potenzielle Risiken im Projekt früh erkannt und nach ihren Auswirkungen eingestuft worden (niedrig, mittel hoch)? Wenn Sie alle bisher aufgezählten Schlüssel in kürzen Zeitabständen hinterfragen, werden Sie feststellen, dass gewisse Probleme auftauchen, die unterschiedliche Art von Gefährdung mit sich bringen. Durch Gegenmaßnahmen können Sie diese Risiken "entschärfen".

7. Schlüssel: Delivery organisation benefits realized

Projekte, in denen interne IT-Mitarbeiter, externe Berater und/oder Freiberufler eingesetzt werden, müssen sich ständig beweisen, um den hohen Anforderungen der Auftraggeber gerecht zu werden. Meist sprechen sich Misserfolge schnell herum, während Erfolge als selbstverständlich angesehen werden.

Einige der sieben Schlüssel kennzeichnen eher weiche Faktoren, die als IT-Berater nicht unbedingt als vorrangige Aufgabe einstufen. Doch Projekt-Management wandelt sich: Der externe Berater übernimmt mehr und mehr die Rolle eines Moderators, eines Kommunikators, eines Schlichters und einer neutralen Partei und lebt diese bewusst im Projekt vor. Dies heißt nicht, dass technisches Fachwissen an Bedeutung verliert. Im Gegenteil: Gefragt sind Berater, die Ihre Moderatorfähigkeiten auf Grundlage ihres Fachwissens einsetzen, zudem über Industrie- und Prozess-Wissen verfügen und so zu den "Seven keys to success" beitragen.

Mehr zum Thema Freiberufler erfahren Sie in der Zeitschrift "IT Freelancer". (am)