ERP-Abläufe im Business-Process-Management

Projekt Galaxy: SAP baut Netweaver zur SOA-Middleware aus

20.02.2008 von Frank Niemann
Ende des Jahres will SAP mit der Version 7.1 von Netweaver erweiterte Funktionen für das Business-Process-Management freigeben. Sie sind Teil längerfristigen Projekts "Galaxy", das ein einheitliches Business-Process-Management zum Ziel hat.

Anwender von SAP-Software verwenden Netweaver zunehmend dazu, Drittsysteme einzubinden. So zumindest stellt es SAP dar. Laut Firmenangaben koppeln derzeit etwa 2.400 Unternehmen Nicht-SAP-Systeme über die Infrastrukturplattform an. Insgesamt hat der Hersteller etwa 43.000 Softwarekunden, die Nutzer des übernommenen Business-Intelligence-Anbieters Business Objects nicht mitgezählt. Integriert werden nach Darstellung der SAP sowohl interne Applikationen als auch externe Systeme von Kunden, Lieferanten und Partnern. SAP will mit solchen Zahlen verdeutlichen, dass die Softwarekunden Netweaver nicht nur als Betriebsumgebung ihrer ERP-Applikationen verwenden, sondern auch als Integrationswerkzeug.

Einheitliches Prozessmodell für BPM

Auf den "Technologietagen" der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) in Dresden skizzierte SAP die Weiterentwicklung von Netweaver in Richtung SOA-Middleware. Im Rahmen des Entwicklungsprojekts "Galaxy" will der Konzern Netweaver zu einer SOA-Middleware ausbauen, die es gestattet, mit Business-Process-Management-Werkzeugen Geschäftsprozesse auf der Grundlage von Enterprise-Services zu modellieren, auszuführen, zu verwalten und zu überwachen. Galaxy hat ein einheitliches Prozessmodell zum Ziel, in dem sich menschliche Interaktion, Kommunikation zwischen Anwendungen sowie Mischformen aus beiden abbilden lassen. Bisher ist das noch nicht möglich.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist Netweaver 7.1, das zum Jahresende auf das aktuelle Netweaver-Release 7.0 (vormals Netweaver 2004s) folgt. Es soll Firmen zusätzliche Möglichkeiten liefern, Geschäftsapplikationen zu integrieren und eigene Prozesse zu gestalten. Die Netweaver-Komponente Process Integration (vormals Exchange Infrastructure) wird über eine Java-gestützte "Advanced Adapter Engine" verfügen, die Systemkopplungen mit deutlich höherem Durchsatz erlaubt. SAP spricht von einem Faktor zehn. Erreicht wird dies vor allem dann, wenn Applikationen über Punkt-zu-Punkt-Verbindungen gekoppelt werden, da dann nicht jede ausgetauschte XML-Nachricht den gesamten Integrationsserver durchlaufen muss. Neben der Java-basierenden Advanced Adapter Engine verfügt Process Integration über die Abap-Komponente "Integration Engine". Künftig will SAP zusätzlich dazu eine reine Java-Komponente zur Verfügung stellen.

In einer Demonstration zeigte SAP ein Integrationsszenario, bei dem eine Auftragsverwaltung mit einem anderen System über einen Web-Service gekoppelt wurde. Der Web-Service kommunizierte über SOAP mit der Advanced Adapter Engine, die Geschäftsanwendung über JDBC.

Netweaver 7.1 stellt darüber hinaus ein Entwicklungswerkzeug bereit, mit denen Anwender eigene Geschäftsprozesse gestalten können: Aus Enterprise Services lassen sich mit dem "Composition Environment" (CE) Abläufe und Benutzeroberflächen kreieren und Endbenutzern zur Verfügung stellen. Enterprise Services sind gekapselte Funktionen von SAP-Software, die in einem Enterprise Services Repository gespeichert sind. CE 7.1 hat SAP bereits vor der Freigabe des nächsten Netweaver-Releases zur Verfügung gestellt.

Erweitern will SAP die Netweaver-Plattform darüber hinaus in Sachen Identity-Management und Monitoring. Lesen Sie dazu mehr in einem weiteren Beitrag.

Geschäftsregeln und BPMN

Die erweiterte Netweaver-Version soll Anwender in die Lage versetzen, Prozesse zu komponieren, die auch die Interaktion von Endanwendern einbeziehen. Dazu zählen beispielsweise Workflows, in die mehrere Personen eingebunden sein können. Mittels eines "Process Composers" entwirft der Entwickler künftig Prozesse, die der standardisierten Business Process Management Notation (BPMN) folgen. In die Plattform einbinden will der Hersteller außerdem die Geschäftsregeltechnik des im vergangenen Herbst übernommenen indischen Unternehmens Yasu. Damit soll es möglich sein, definierte Prozesse mit Geschäftsregeln zu hinterlegen.

Nach Darstellung von SAP sind Anwender jedoch nicht gezwungen, Software künftig nur noch über Prozessmodellierung einzurichten. Firmen können ihre ERP-Lösungen und die SAP Business Suite so verwenden wie bisher. Wer Prozesserweiterungen wünscht oder neue Prozesse bauen will, könne die neuen Methoden dazu verwenden. Firmen sollen eigene Prozesse entwickeln oder bestehende verändern können, ohne, wie noch in der R/3-Welt üblich, Programme zu schreiben und diese als User-Exits in die Standardsoftware einzufügen. Solche Erweiterungen bedeuten Mehrarbeit bei Release-Wechseln. Mit den Verfahren zur Prozessdefinition über Netweaver lässt sich das vermeiden. Noch sind jedoch bei weitem nicht alle SAP-Softwarefunktionen bereits als Enterprise Service im Enterprise Services Repository hinterlegt. Außerdem sind viele Unternehmen zunächst damit beschäftigt, ihre R/3-Systeme auf das aktuelle Produkt "SAP ERP 6.0" umzustellen. Somit dürfte es noch eine Weile dauern, bis Anwender in großem Stil mit Netweaver Prozesse modellieren. (fn)

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