Perlen Packaging

Produktion plus ERP

26.10.2011 von Andreas Schaffry
Perlen Packaging verbindet seit Kurzem mit einer in das SAP-ERP-System integrierten MES-Anwendung Informationen aus den produktionsnahen Systemen mit Warenwirtschaftsdaten.

Plötzliche Gliederschmerzen, Kopfweh und hohes Fieber. Die Grippe hatte Markus H. über Nacht erwischt. Zum Glück hatte er Grippetabletten im Haus. Er zog aus der Schachtel eine Blisterpackung heraus, drückte aus der Vertiefung eine Tablette durch die Deckelfolie und nahm diese mit einem Schluck Wasser ein. Fast jeder kennt und benutzt solche Tabletten- und Medikamentenverpackungen.

Perlen Packaging: Blister-Folien für den globalen Pharmamarkt

Die Perlen Packaging besteht aus drei Unternehmen. Die ac-Folien GmbH, Center of Excellence für PVC-Monofolien in Müllheim (Deutschland), stellt Monofolien an hochmodernen Kalandern her und schneidet diese zu Schmalrollen oder belässt sie in Mutterrollen. Die Perlen Converting AG, Center of Excellence für Barrierefolien in Perlen (Schweiz), veredelt die Monofolien unter anderem auch neu mit einer antimikrobiellen Spezialbeschichtung und rüstet diese in einer vollautomatischen und robotergestützten Verpackungsstraße aus. Für die Logistik, Lagerung und Vertrieb in den Nafta-Staaten ist die amerikanische Niederlassung, Perlen Converting LLC in Whippany zuständig. Dies ermöglicht der Perlen Packaging eine marktnahe Kundenbetreuung, ein breites Service-Paket und flexible Lieferzeiten.

Perlen Packaging setzt auf Innovationen und Entwicklungen, um mit einem qualitativ hochwertigen Produktsortiment die Marktbedürfnisse abdecken und ein nachhaltiges Wachstum erzielen zu können. Die Prozesse, Anlagen und Produkte und das Umfeld sind auf die Bedürfnisse der Pharmaindustrie ausgerichtet und GMP-zertifiziert (Good Manufacturing Practice).

Was die meisten nicht wissen: Die für die Kunststoff-Formteile mit den Kavitäten benötigten Blister-Folien kommen in vielen Fällen von Perlen Packaging. Die international tätige Firmengruppe, eine Tochter der Chemie + Papier Holding AG (CPH), ist spezialisiert auf die Herstellung und den Vertrieb von PVC-Monofolien sowie von spezialbeschichteten PVdC-Barriere- und Hochbarriere-Folien. Beliefert werden damit vor allem Pharmakonzerne, aber auch Lebensmittelhersteller, etwa von Dentalkaugummis, die die Folien dann zu Blister-Verpackungen weiterverarbeiten.

MES und ERP: Geschlossener Regelkreis

René Kuhn, Head of IT Perlen Packaging: "die in SAP integrierte MES-Anwendung von T.CON liefert uns in Echtzeit aussagekräftige Kennzahlen aus der Produktion. Dadurch können wir Fertigungsprozesse weiter optimieren und Produktbestandteile lückenlos zurück verfolgen."
Foto: Perlen Packaging

"Um die Produktivität nachhaltig zu erhöhen, ist eine IT-Unterstützung in allen Bereichen für uns unverzichtbar", erklärt René Kuhn, Head of IT bei Perlen Packaging. Daher bündelt Perlen Packaging betriebswirtschaftliche Prozesse standortübergreifend in einer zentralen SAP-ERP-Installation. Seit Kurzem bindet der Folien-Hersteller auch die Daten aus den produktionsnahen Systemen nahtlos in die übergeordneten betriebswirtschaftlichen Informationsflüsse ein. Dafür setzt das Unternehmen die MES CAT Suite des SAP-Partners T.CON aus Plattling ein.

Das Manufacturing Execution System (MES) basiert auf SAP NetWeaver-Technologie, ist somit vollständig in SAP ERP integriert und beide Anwendungen arbeiten im Echtzeitverbund. Über Schnittstellen ist das MES direkt mit den Steuerungen der Kalander, den Schneidmaschinen, der automatischen Packstraße und den Inspektionsanlagen zur Kontrolle der Folienherstellung verbunden.

Das schafft einen geschlossenen Regelkreis zwischen der Produktions- und der ERP-Ebene - und somit eine aktuelle, vollständige und zentrale Sicht auf alle in den Herstellungsprozessen anfallenden Daten. Im Gegenzug sind freigegebene SAP-Fertigungsaufträge unverzüglich in der MES-Lösung und damit auch in der Produktion verfügbar, deren Reihenfolge sich dort bedarfsgerecht anpassen lässt.

Schlüssel zu noch mehr Markterfolg

Durch die Integration von SAP ERP und der MES-Anwendung stehen Daten aus der Produktion, etwa zu Gut- und Ausschussmengen, Rüstzeiten oder Maschinenlaufzeiten sofort im SAP-System zur Verfügung.
Foto: Perlen Packaging

Die Vorzüge dieser vertikalen Integration machten sich rasch bemerkbar. Daten zu Gut- und Ausschussmengen, Rüstzeiten, Maschinenlaufzeiten und -ausfällen, zur Qualitätssicherheit wie auch die Fehlermeldungen werden mit Hilfe der MES-Lösung nun automatisch erfasst.

Diese Informationen übergibt die das MES sofort an das SAP-System, das sie verarbeitet, verbucht und für Auswertungen in der Business-Warehouse-Lösung von SAP bereitstellt. Mit dem Business Explorer Analyzer (BEx Analyzer) können Werksleiter und das Management Gut- und Ausschussmengen, Nacharbeitsmengen oder Produktionszeiten jederzeit abfragen und weiter analysieren.

Zum einen liefern die Analysen wertvolle Ansatzpunkte, um die Abläufe in der Fertigung wie auch die Qualität der Produkte kontinuierlich zu verbessern. Zum anderen kann die Produktion flexibler auf Marktschwankungen reagieren und dadurch Kundenanforderungen besser erfüllen. "Alles zusammen ist ein wichtiger Schlüssel für den künftigen Markterfolg", so René Kuhn.

Dank der hohen Granularität der rückgemeldeten Daten ist zugleich die geforderte lückenlose Rückverfolgbarkeit aller Produktions- und Verarbeitungsschritte gewährleistet.

Tausende von Einzelbuchungen bewältigen

Das reicht von den Rohstoffen bis hin zu den fertigen Produkten. Allein beim Kalandrieren und Zuschneiden von Monofolien fallen rund 1.000 Einzelverbuchungen an. Die vollautomatisierte Verpackungsstraße bei Perlen Converting und MES CAT kommunizieren sogar bis zu 10.000 Mal am Tag.

Alle im MES erfassten Qualitäts- und Prüfdaten sind vollständig im Qualitätsmanagement (QM-Modul) von SAP ERP dokumentiert und zugleich mit anderen SAP-Objekten wie Kundenaufträgen, Bestellungen und Lieferscheinen verknüpft. Damit kann Perlen Packaging diese Daten seinen Kunden wie auch den Gesundheits- und Zulassungsbehörden im Rahmen von Audits jederzeit problemlos bereitstellen.

Rund um die Uhr produzieren

Auch die Verfügbarkeit der Produktionssysteme hat sich seit der Einführung von MES CAT erhöht. Diese können nun ohne Unterbrechung rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche laufen, auch wenn das zentrale ERP-System wegen eines Release-Wechsels oder für Wartungsarbeiten heruntergefahren werden muss. Möglich ist dies, weil das MES jeweils lokal und auf eigenen Servern bei Perlen Converting und ac-Folien installiert ist. Den ersten Praxistest hat das intelligente Offline-Konzept schon erfolgreich bestanden.

"Obwohl wir SAP ERP aufgrund eines Wechsels der Hardware-Plattform über die Osterfeiertage für zwei Tage abgeschaltet hatten, liefen in der Produktion die Prozesse wie gewohnt weiter", freut sich René Kuhn. Technisch gesehen werden während der Offline-Phasen des ERP-Systems die in der MES-Suite erfassten Produktionsdaten durch geschickte Datenpufferung zwischengespeichert. Sind die SAP-Applikationen wieder verfügbar, übergibt MES CAT die Daten an diese. Der Datenabgleich zwischen den Anwendungen erfolgt automatisch und ohne manuelle Eingriffe.

Kennzahlen in Sekunden verbucht

Durch die lokalen Installationen bringt Perlen Packaging auch mehr Tempo in die Prozesse. Produktionskennzahlen sind jetzt sekundenschnell in der MES-Lösung verbucht. Vorher dauerte dies rund eine Minute. Dadurch bleibt den Maschinenbedienern mehr Zeit für ihre Kernaufgaben - wie der Optimierung von Maschinenlaufzeiten und der Überwachung der Folienqualität.

Ebenso können Maschinenführer aktuelle Kennzahlen aus den Maschinensteuerungen an den Bedien-Terminals "ihrer" Anlagen mit dem Analytic-Modul von MES CAT heute einfach per Knopfdruck abrufen. Die Daten werden in der gewünschten Detailtiefe grafisch übersichtlich aufbereitet und in Dashboards auf einer webbasierten einfach zu bedienenden Nutzeroberfläche visualisiert. Für den gleichen Vorgang brauchten die Maschinenbediener früher knapp eine Stunde, da Kennzahlen am Ende jeder Schicht manuell in Excel-Dateien erfasst und von Hand ausgewertet werden mussten.

MES in fünf Monaten eingeführt

Die Einführung des MES dauerte lediglich fünf Monate. Der Produktivstart für die rund 80 Endanwender erfolgte Ende März 2011 im Abstand von nur einer Woche nacheinander in den Werken in Müllheim und in Perlen. Im Rahmen des IT-Projekts hat der Blisterfolien-Hersteller zugleich seine Prozesse in der Produktion noch weiter verbessert..Die Installation des MES im US-Werk in Whippany ist inzwischen auch abgeschlossen. Im nächsten Schritt will man QM-Prüfungen realisieren und künftig auch die Effektivität der Maschinen (Overall Equipment Effectiveness = OEE) auswerten.