Pressespiegel

20.10.1995

Befuerchtungen von Internet-Freaks alter Schule schildert das "Wall Street Journal Europe": Die "Web Review", ein ueber das World Wide Web verbreiteter Newsletter, berichtete unlaengst, dass die fuer die Zuteilung von Domain-Namen zustaendige Network Solutions Inc. letztes Fruehjahr von dem Ruestungsunternehmen Science Applications International Corp. uebernommen worden ist. SAIC hat viele ehemalige US-amerikanische Geheimdienst- und Militaeroffiziere in seinen Reihen. Das "Web Review" warf die Frage auf, ob SAIC als Tarnfirma der Regierung agiert, und zitierte einen anonymen Internet-Insider, nach dessen Auffassung das militaerische Establishment "versucht, Kontrolle ueber das Internet zu erlangen". Benutzer des Netzes, das urspruenglich als Kommunikationsmedium fuer Wissenschaftler im US-Verteidigungsministerium aufgebaut worden war, reagierten auf die Nachricht mit starker Ablehnung. "Ich moechte nicht, dass ein Tarnunternehmen, und schon gar nicht ein privates, das weltweit oeffentlich zugaengliche Internet kontrollieren kann", sagte James Warren, Gruender des Magazins "Infoworld" und buergerrechtlich orientierter Computeraktivist.

Die "Sueddeutsche Zeitung" berichtet von der Telecom '95: Fuer Pekka Tarjanne, den Generalsekretaer der Internationalen Telekommunikations-Union (ITU), einer Unterorganisation der Vereinten Nationen, war die Antwort klar: "Das Recht auf Kommunikation muss als fundamentales Menschenrecht anerkannt werden." Und der Praesident Suedafrikas, Nelson Mandela, hieb im Namen der Entwicklungslaender in dieselbe Kerbe. Die Informationstechnik wird im 21. Jahrhundert von solcher Bedeutung sein, dass derjenige, der keinen Zugang dazu hat, auch von vielen anderen Menschenrechten, wie beispielsweise dem Recht auf Bildung oder Arbeit, ausgeschlossen sein wird, betonte Tarjanne. Auch Mandela vertrat diese Ansicht. Er wies zugleich darauf hin, dass bereits heute mehr als die Haelfte der Menschheit keinen Zugang zur Telekommunikation (sprich Telefon) hat.

Die "FAZ" ueber die Zukunft des Buches: Der Buchhandel, meinen die Optimisten, sei nun doch auf dem Weg zum Medienhandel. Ueber das Tempo der Bewegung sind sich die Fachleute aber keinesfalls einig. Der Boersenverein des Deutschen Buchhandels zum Beispiel rechnet damit, dass die elektronischen Produkte bis zum Jahr 2000 allenfalls einen Marktanteil von achtzehn Prozent erreichen werden. Das Buch werde seine ueberragende Bedeutung auch in den kommenden Jahren verteidigen. Verkaufsmanager von Microsoft dagegen schaetzen, dass schon in zehn Jahren mehr als vierzig Prozent des Umsatzes einer Buchhandlung mit elektronischen Medien erwirtschaftet werden. Nur noch jedes zweite Produkt, das der Haendler ueber den Ladentisch reiche, werde ein Buch sein.