Praxistest: Nokia 7380

02.04.2007

Lieferumfang / Verarbeitung

Das 7380 ist das außergewöhnlichste der drei Neuzugänge von Nokias L'Amour-Reihe und zeigt seinen Anspruch schon beim Entkleiden der anthrazitfarbigen Metallbox, die eine gehörige Portion Nobelesse signalisiert. Das extravagante Kommunikationsgerät (als Handy mag man das 7380 seinem Aussehen nach zu urteilen kaum bezeichnen) kommt mit optisch aufeinander abgestimmtem Zubehör zum Kunden. Dazu gehören eine silberne Metallschlaufe, eine anthrazitfarbige Stofftasche mit dezentem Blumendekor sowie ein hochwertiges kabelgebundenes Stereo-Headset in "iPod-Weiß". Das 100-Seiten starke Handbuch lässt wenig Fragen offen, eine CD-ROM oder ein Datenkabel gehören nicht zum Lieferumfang, Nokias PC Suite muss bei Bedarf vom Kunden aus dem Netz geladen werden.

Seine außergewöhnliche Form erbt das 7380 vom Vorgängermodell 7280 und wirkt mit seinem Lippenstiftimage betont feminin. 11x3x2cm Größe sind für Handys alles andere als gewöhnlich und eine erholsame Abwechslung vom Ultraslim-Wahn der Konkurrenz. Kleinere Spielereien unterstreichen das extravagante Image des Geräts: die Ringe um den JogDial leuchten in fröhlichem Orange auf und ab. Als Farbmix entschieden sich Nokias Designerinnen für eine Komposition aus Olivgrün, Gold, Kupfer und Eierschalengelb, die in der Region ums Mikrofon mit einem aufwändigen Blumendekor umrahmt werden. Die Front- und Rückseite wurden aus Hartplastik gefertigt und sind durch einen goldglänzenden Kunststoffstreifen an der Geräteseite getrennt, der gleichzeitig auch als Halterung für die Trageschlaufe fungiert. Die Rückseite des 7380 besteht aus hartem und widerstandsfähigem Kunstleder. Die SIM-Karte findet ihren Platz unter einer Klappe an der Seite des Geräts und lässt sich diesmal auch ohne spezielles Werkzeug entnehmen.

Eine klassische Tastatur gibt es nicht am 7380. Zwei unbeschriftete Telefontasten und Softkeys umranden das zentrale Steuerelement: einen leichtgängigen Jogdial mit griffiger Gummibeschichtung und zentraler Bestätigungstaste. Will man rasch eine Telefonnummer wählen, führt ein längerer Druck aufs Zentrum in den Zahleneingabemodus, in dem man mit Hilfe des Drehrädchens überraschend flott Ziffern auswählen kann. Das TFT-Display kommt erst zum Vorschein, wenn man das 7380 durch Betätigung eines beliebigen Buttons aktiviert und versteckt sich sonst unter der komplett verspiegelten Oberseite des Gehäuses. Auf 104 x 208 Pixeln Auflösung stellt das Display 65.536 Farben dar, leider schluckt die Spiegeloberfläche das Gros an Brillianz und Kontrasten.

Ausstattung

Die finnischen Tüftler zwängen eine Kamerakomponente mit stattlichen 2 Megapixeln Auflösung unter die enge Haube und garnieren das Ganze noch mit einer Fotoleuchte, die allerdings nur bei nahen Portraitaufnahmen für ausreichende Aufhellung des Motivs sorgt. Die Fotoqualität ist bei optimalen Lichtverhältnissen für Kleinformate abzugsfähig, ansonsten bedient Nokia den untersten Standard dieser Kameraklasse: neben einem 4-fachen Digitalzoom gibt?s einen Nachtmodus und eine Videofunktion mit 176 x 144 Pixeln Auflösung.

Den Platz für die Kamera hätten die Finnen besser für einen Speicherkartenslot vorsehen sollen: wie beim Vorgänger findet man lediglich 51,3 Megabytes flexibel nutzbaren Speicher im 7380, was es als MP3-Playerersatz heutzutage reichlich unattraktiv macht. Immerhin ist genügend Speicher für 1000 Adresseinträge und 400 SMS-Nachrichten reserviert - einen Email-Client hat sich Nokia aber gespart. Bei der Adressverwaltung sollte man eng mit dem heimischen PC kooperieren, was mit der bewährten Nokia PC Suite auch ziemlich gut gelingt. Das Adressbuch merkt sich neben Namen und Rufnummer auch Details wie E-Mail-Adressen und die Postanschrift eines Kontakts. Nutzt man eine Freisprecheinrichtung, lassen sich Kontakte auch via Sprachkommando anrufen: um die fehlende Tastatur zu kompensieren, wurde eine sprecherunabhängige Sprachwahl & -steuerung implementiert. Während sich die sonstige PIM-Funktionalität auf den Series40-typischen Standardkalender samt Aufgabenliste und Notizzettel beschränkt, lässt das 7380 liebgewonnene Features wie einen Taschenrechner, Währungsumrechner, Timer oder die Weltzeituhr vermissen. Als Entschädigung lässt sich das Handy als Diktiergerät für Aufnahmen bis zu 60 Minuten Länge zweckentfremden.

Im 7380 werkelt ein Soundchip, der mit bis zu 64 Stimmen gleichzeitig musiziert. Der Chipsatz unterstützt darüber hinaus bis auf WMA alle gängigen Soundformate, alternativ steht ein UKW-Radio mit 20 Senderspeichern zur Verfügung. Die Wiedergabequalität über die kleinen Lautsprecher ist ausreichend klar, Sounds klingen voluminös und überraschend laut, werden aber auch übers Headset nur in Mono-Qualität wiedergegeben.

Hartgesottene Lipstick-Fans können mit dem 7380 sogar im mobilen Internet surfen. Nokia hat die wichtigsten deutschen WAP-Einstellungen bereits vorinstalliert und so lassen sich in der Regel schon nach dem Einschalten dank GPRS Class 10 WAP2.0/XHTML-Seiten in ISDN-Geschwindigkeit betrachten. Allerdings muss man wegen des kleinen Displays ziemlich lange am Scrollwheel drehen, um an die interessanten Stellen vieler Webseiten zu gelangen. Datenübertragungen sind per Bluetooth oder über ein separat erhältliches USB-Kabel möglich. Auf Java und damit auch auf kurzweilige Spiele wurde komplett verzichtet.

Praxistest: Nokia 7380
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Praxistest: Nokia 7380
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Eingaben mit dem Drehrad sind mühselig, geraten aber nicht zur Zumutung. Menüfunktionen lassen durch Zusammenspiel aus Navi-Wheel und den beiden Steuertasten schnell und präzise aufrufen ? leider fehlt dem 7380 ein übersichtliches Gittermenü.

Telefonfunktionen / Ausdauer

Praxistest: Nokia 7380
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Die Antenne wurde effizient integriert. Vor allem im E-Netz funkt das 7380 so souverän, dass es sogar mit gestandenen Referenzgeräten wie dem Nokia 6230i mithalten kann. Im D-Frequenzband wird Oberklasse-Niveau erreicht. Beim Telefonieren entwickelt das 7380 einen recht angenehmen Klang, Nebengeräusche treten meist nur unterschwellig auf. Das Handy muss bereits nach 3,5 Tagen und bei einem durchschnittlichen Telefonieraufkommen nach rund 48 Stunden wieder auftanken.

Fazit

Das 7380 ist ein spezielles Handy für eine spezielle Zielgruppe - zu einem speziell hohen Preis. Wer nach einem prestigeträchtigen Kommunikationstool sucht, mit dem er vor seinen Freunden die Show abziehen kann, dürfte mit diesem Lifestyle-Objekt richtig liegen. Allerdings sollte die- oder derjenige bedenken, dass das 7380 durch die klaren Handhabungsmängel nur bedingt alltagstauglich ist, denn allein das Simsen kommt einer Geduldsprobe gleich. Davon abgesehen ist das 7380 aber ein durchaus faszinierendes Stück finnischer Handwerkskunst mit dem gewissen Etwas.

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