Praxistest: Nokia 6280

10.10.2006

Design / Verarbeitung und Display

Mit den Maßen von 10x4,6 cm liegt Nokias UMTS-Slider 6280 zwar leidlich gut in der Hand, in die Hosentasche dürfte er bei den meisten Menschen allerdings nicht passen. Danke der hohen Bautiefe von 2,1 cm und kantiger Formgebung beult das Gerät Textilien ziegelsteinförmig aus. Immerhin macht das 6280 durch die großzügige Verwendung von metallisch glänzendem Kunststoff einen eleganten Eindruck. Der verschwindet allerdings schnell wieder, wenn man sich der Verarbeitung zuwendet. Ein schleifender Slideröffnungsmechanismus und staubfreundliche Spaltmaße lassen das 6280 in dieser Kategorie hinter die Konkurrenz von Samsungs D800 oder E900 zurückfallen.

Doch solche Gedanken treten schnell in den Hintergrund, wenn man den Slider einschaltet und vom riesigen 2,2 Zoll Display angestrahlt wird. Das 6280 verfügt in Verbindung mit der Farbvielfalt (262.144 Farben) und der brillianten Darstellung über eines der besten Displays, die derzeit für Handys verfügbar sind. Auch die Tastatur kann sich Lorbeeren verdienen: vom Navkey bis zu den Zifferntasten sind alle Drücker übersichtlich angeordnet und gut erreichbar. Das Tüpfelchen auf dem i setzen die sauberen Druckpunkte, an denen auch Schnelltipper ihre helle Freude haben werden.

Ausstattung

Die beeindruckende Qualität der 2 Megapixel-Kamera reicht fast an Sony Ericssons Spitzenreiter K750i heran und die Bilder taugen damit durchaus für Fotoabzüge. Als echtes Highlight stellten sich jedoch die Videofunktionen des Sliders heraus. Filme werden in VGA-Qualität aufgenommen und können damit auf mittelgroßen Fernsehern noch pixelfrei betrachtet werden ? nur die wenigsten aktuellen Handys können da mithalten. Trotzdem sollte der Leser keine Camcorder-Qualitäten erwarten, denn starke Helligkeitssprünge und ein fehlender Bildstabilisator trüben das Bildergebnis und machen dem Betracher schnell klar, dass hier ein Handy am Werk war. Besonders lange Filmaufnahmen sind ab Werk nicht möglich, da der interne Speicher lediglich 10 Megabyte fasst. Um die vielfältigen multimedialen Funktionen zu genießen, muss der Nutzer mit kleinen miniSD-Karten (bis zu 2 GB Kapazität) nachrüsten. Dabei kann gerade der Musikplayer des des 6280 nicht vollständig überzeugen. Zwar wurde er optisch an die hohe Displayauflösung angepasst, enttäuscht aber im funktionalen Bereich: so kann der Nutzer nur MP3- und AAC-Dateien abspielen, Microsofts WMA-Format wird jedoch nicht unterstützt. Ärgerlich ist auch, dass sich Playlists nicht direkt auf dem Handy erstellen lassen.

Das 6280 funkt nicht nur Quadband-GSM, sondern auch UMTS ? der entscheidende Unterschied zum 6270. So kann der Nutzer nicht nur Videotelefonate führen, sondern auch mobiles Fernsehen empfangen, das via UMTS als Datenstrom aufs Handy gestreamt wird. Im Gegensatz zu DVB-H oder DMB birgt diese Übertragungstechnik allerdings gravierende Nachteile, die ein "echtes" Fernsehfeeling nicht aufkommen lassen: so vergehen bis zu 30 Sekunden bis zum Verbindungsaufbau mit einem Fernsehkanal ? schnelles Zappen wird damit unmöglich. Wenn viele Personen gleichzeitig auf Streaming-Inhalte zugreifen, gelangt das UMTS-Netz schnell an seine Kapazitätsgrenze, die Folge ist eine zusammenbrechende, bzw. gar nicht erst zustande kommende Verbindung. Live-Inhalte, wie etwa Sportereignisse, erreichen das Handy nur mit Verzögerung - mit der Folge, dass andere Personen bereits ein Tor bejubeln, das der mobile TV-Nutzer erst 30 Sekunden später auf seinem Handy sehen kann.

UMTS ermöglicht natürlich nicht nur eingeschränkte Fernsehunterhaltung: dank T-Mobiles web'n'walk-Strategie und dem schnellen Datenport kann man mit dem 6280 auch mit hoher Geschwindigkeit im Web surfen. Doch auch hier macht die UMTS-Latenz dem echten Vergnügen einen gehörigen Strich durch die Rechnung: bis zum Verbindungsaufbau können locker 10-20 Sekunden vergehen. Steht die Verbindung einmal, fließen Daten mit über 250 kBit/s über den Äther. Wer sich beim Marktführer T-Mobile fürs 6280 entscheidet, bekommt darüber hinaus den leistungsfähigen Opera Mini-Browser in Version 1.1 vorinstalliert, der im Hauptmenü unter dem Punkt "web'n'walk" getarnt ist. Der Opera-Browser ist auch dringend zu empfehlen, denn der Series40-Standardbrowser, den man ebenfalls auf dem Gerät findet, stellt zwar alle gängigen Website-Formate von WAP1.0 bis HTML 4 dar, nutzt zur Anzeige aber nicht die gesamte Fläche des Displays, sondern nur einen quadratischen Ausschnitt.

Neben UMTS und Quadband-GSM gehören Infrarot- und Bluetooth-Port zur Connectivity-Ausstattung. Walkie-Talkie-Freunde freuen sich über die im Handy integrierte Push-To-Talk-Funktion - die derzeit aber nur T-Mobile-Kunden offen steht. Nützlich für Autofahrer ist das Bluetooth SIM Access Profile, mit dem sich die Kontaktdaten des Geräts von einem anderen Bluetooth-Gerät auslesen lassen. Via Bluetooth lässt sich auch die mitgelieferte PC Suite von Nokia anbinden, mit deren Hilfe man z.B. Musik und Daten sowie alle PIM-Informationen des Handys mit einem PC abgleichen kann. Am einfachsten und schnellsten lässt sich das 6280 allerdings über das mitgelieferte USB-Kabel mit einem PC verbinden.

Der Kalender und die Kontaktverwaltung des 6280 wurden an die Funktionsvielfalt der Series60-Geräte angepasst und genügen nun auch Business-Ansprüchen. Wer den harten Geschäftsalltag gerne mit einem Spielchen auflockert, wird vom 6280 ebenfalls nicht enttäuscht. Zwar verfügt es nur über eine mittelmäßige 3D-Engine, die im JBenchmark-Test nur halb so schnell abschneidet wie etwa das N70, doch das mitgelieferte Game 3D Rallye beweist mit eindrucksvoller Geschwindigkeit und nett gestalteten Texturen, dass sich auch damit noch erstklassige 3D-Games realisieren lassen.

Praxistest: Nokia 6280
Praxistest: Nokia 6280
Praxistest: Nokia 6280

Ein Nokia-Handy zu bedienen bedurfte noch nie eines Doktortitels und auch bei Series40 ist die mitgelieferte Bedienungsanleitung für durchschnittsschlaue Köpfe nur schmückendes Beiwerk. Dank des hochauflösenden Displays und den fein gerenderten Icons ist die Bedienung des 6280 nicht nur einfach sondern auch visuell ansprechend. Die Menüs sind dabei vielfältig individualisierbar. Via Theme-Daten, von denen man eine ganze Reihe auf dem 6280 findet, lassen sich alle Hintergrundbilder und auch die Farbgebung der Steuerelemente und Menürahmen beeinflussen.

Menüführung / Telefonfunktionen / Ausdauer

Die Sprachqualität des 6280 überzeugt durch klaren Klang, der allerdings bei höchster Lautstärke etwas schnarrig und metallisch wirkt. Telefonisch ist man auch in weniger gut abgedeckten Gebieten stets erreichbar, lediglich beim 3G-Datenversand wird die eine oder andere Versorgungslücke spürbar. Ortswechsel bei laufendem MobileTV-Programm führten in einigen Fällen zu kurzen Unterbrechungen oder langen Wartezeiten beim Aufbau einer Webseite.

Praxistest: Nokia 6280

Nokia gibt die Bereitschaftszeit des 6280 mit 10 Tagen an ? ein völlig illusorischer Wert. Wenn das Gerät überwiegend im Standby-Modus schlummert, dürften 6 Tage möglich sein, bei durchschnittlicher multimedialer Nutzung muss der Slider nach ca. 3 Tagen an die Steckdose. Ganz schlimm trifft es allerdings die Vieltelefonierer. Wer das Handy im UMTS-Netz betreibt, muss in der Regel bereits nach 2 Gesprächsstunden nachladen.

Fazit

Zwar beherrschen viele Handys einzelne Funktionen (Musikwiedergabe, Kamera, etc.) besser, aber es existiert derzeit kaum ein Handy auf dem Markt, das eine derartig ausgewogene Funktionsvielfalt bieten kann. Besonders die UMTS-Komponente und die 2-Megapixel-Foto-/VGA-Videokamera machen den klotzigen Slider zu einem Ausstattungswunder, das kaum jemanden enttäuschen dürfte. Wer sich nicht vom eher langweiligen Design und den Verarbeitungsschwächen abschrecken lässt, kann beim 6280 bedenkenlos zugreifen.

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